Lippenentzündungen & Lippenkrebs: Ursachen und Behandlung

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Als Teil der Außenhaut sind Lippen ständig verschiedenen Einflüssen ausgesetzt. Auch schädlichen. Deshalb sind sie – ebenso wie andere Organe – nicht vor Krankheiten wie einer Entzündung (Cheilitis) oder Krebs gefeit. Lebensstilfaktoren tragen dazu entscheidend bei.

Die Lippen sind ein Blickfang, deren Attraktivität viele Damen kosmetisch unterstreichen – durch die Verwendung von Lippenstift, Permanent Make-up oder gar Unterspritzung zur Volumenauffüllung, damit die Lippen voll und jugendlich wirken. Sonst fristen sie oft ein eher wenig beachtetes Dasein. Das ändert sich, wenn sie erkranken, z.B. sich entzünden oder Tumore ausbilden. Zudem stellen sie einen Spiegel des allgemeinen Gesundheitszustandes dar.

Lippenentzündungen: vielfältige Ursachen

Als Auslöser einer Lippenentzündung (Cheilitis) fungieren unterschiedliche Ursachen wie etwa Allergien auf Nahrungsmittel, Pflege- oder Kosmetikpräparate, Infektionen, Mangelerscheinungen, Medikamente, (Vorstufen von) Tumoren, intensives Lippenlecken, UV-Licht u.a.m. So vielfältig wie die Ursachen gestalten sich die Symptome einer Cheilitis. In der Regel macht sich die Entzündung durch eine Schwellung, Rötung und Erosionen (oberflächliche Gewebedefekte) der Lippen bemerkbar, oft begleitet von einer Schuppung oder Bildung von Rhagaden (Einrissen). Gelegentlich entstehen auch Blasen und Ulzerationen (bis in tiefe Schichten reichende Haut- und Schleimhautdefekte). Die häufigsten Formen sind die Cheilitis simplex und Cheilitis angularis. Hier die wichtigsten:

Cheilitis simplex: Sie kann durch physikalische Einwirkungen wie Nässe, Kälte, mechanische Irritationen (z.B. Schnullertragen) oder gewohnheitsmäßiges Lippenlecken sowie im Rahmen von Allergien auftreten, sich als Nebenwirkung bestimmter Arzneimittel (z.B. Isotretinoin) einstellen oder Zeichen einer Neurodermitis sein. Die rauen und geröteten Lippen spannen, entwickeln häufig Erosionen, Schuppen und Rhagaden, wobei sich auch an der perioralen (an den Mund angrenzenden) Haut ekzematöse Veränderungen finden können. Die Lippen spannen. Sie schmerzen und brennen bei der Aufnahme von säurehaltigen Speisen und Getränken. Dieses Beschwerdebild führt im Normalfall bereits zur richtigen Diagnose. Die Behandlung beinhaltet die Meidung von Auslösern der Cheilitis und dem Gebrauch von Pflegecremes und -emulsionen, bei Bedarf auch von kortisonhaltigen Präparaten. Nässende oder aufgesprungene Stellen bessern sich durch feuchte Auflagen mit antiseptischen (keimtötenden) und wundheilungsfördernden Zusätzen.

Cheilitis angularis (Mundwinkelrhagade, Perlèche, Angulus infectiosus, “Faulecke“, eingerissener Mundwinkel): Als Mundwinkelrhagaden bezeichnet man mehr oder minder symmetrisch auftretende, teils recht hartnäckige oder wiederkehrende (z.B. bei Diabetes, Immunschwäche), kleine Fissuren (Einrisse) in den Mundwinkeln, die oft von weißlichen Beläge oder gelblichen Krusten bedeckt werden und die ein entzündlich geröteter und schuppender Hof umgibt. Da sie meist sehr schmerzhaft sind, können sie eine Beeinträchtigung der Aufnahme fester Nahrung oder auch der Mimik zur Folge haben.

Sie beruhen entweder auf lokalen Ursachen wie z.B. einem ständigen Lippenlecken oder -kauen, einer sehr trockenen Haut, starken Faltenbildung der Mundregion durch Zahnverlust oder Zahnlosigkeit, Hypersalivation (übermäßiger Speichelfluss, z.B. bei M. Parkinson), Xerostomie (Mundtrockenheit), schlechtsitzenden Zahnprothesen, Kieferfehlstellungen, bakteriellen (Staphylokokken, Streptokokken), viralen (z.B. Herpes simplex = “Fieberblasen“) oder Pilzinfektionen (Soor = Candida albicans). Oder sie sind Ausdruck verschiedener Allgemeinerkrankungen wie z.B. einer Eisenmangelanämie (Plummer-Vinson-Syndrom), Zuckerkrankheit, Leberzirrhose, Schuppenflechte, eines Arzneimittelexanthems, Zinkdefizits, Vitaminmangels (z.B. Vitamin B12) oder -überschusses (Vitamin A), von Infektionen (z.B. Syphilis), Allergien (z.B. Kosmetika, Zahnprothesenmaterial, Nickel: Halten von nickelhaltigen Gegenständen wie z.B. Kugelschreibern zwischen den Lippen) oder Autoimmunerkrankungen (z.B. Lupus erythematodes). Eine Abwehrschwäche oder Störungen der normalen Hautbarriere leisten der Entwicklung von Mundwinkelrhagaden Vorschub.

Zur Feststellung von Faulecken genügt eine Blickdiagnose. Die Ursachenforschung kann sich ein wenig aufwändig gestalten und z.B. Abstriche zur Ermittlung auslösender Keime, Allergietests oder auch noch weitere Untersuchungen (z.B. Bluttests, zahnärztliche Begutachtung usw.) umfassen. Die Therapie richtet sich nach der Ursache (z.B. Meidung von Auslösern, Gebisssanierung, Antimykotika bei Pilzinfektion, Antibiotika bei bakterieller Infektion, Eisengabe bei Eisenmangel etc.). Fetthaltige Salben oder Pasten (z.B. Zinkpaste) lindern zudem die Symptome, weil sie die Faulecken trocken halten, was für deren Abheilung essenziell ist. Der Heilungsprozess lässt sich zudem fördern durch eine Vermeidung mechanischer (Kratzen, Reiben, zu weites Öffnen des Mundes), chemischer (Kosmetika, Zahnpasta) und anderer Irritationen (scharfe oder heiße Speisen). Eine ausgewogene Ernährung verhindert oder behebt Vitaminmangelzustände, die die Perlèche-Bildung in Gang setzen.

Cheilitis glandularis apostematosa (Volkmann-Cheilitis, Volkmann-Krankheit): Diese seltene Art von Lippenentzündung umfasst eine durch Staphylokokken bedingte, meist an den Berührungsflächen der Lippen auftretende Infektion, die mit Abszessen und Fistelgängen einhergeht, aus denen sich auf Druck ein eitrig-schleimiges Sekret entleert und die Ulzerationen und Verkrustungen der Lippen hinterlassen. Therapie der Wahl ist eine Verabreichung von Antibiotika. Bei ausgedehntem Gewebebefall können chirurgische Maßnahmen wie eine Nekrosektomie (Ausschneiden abgestorbener Gewebeteile) erforderlich werden. Eine mehr oberflächliche Variante der Cheilitis glandularis apostematosa ist die Cheilitis glandularis purulenta superficialis (Baelz-Krankheit, Myxadenitis labialis), die in der Regel unter Antibiotikagabe abheilt.

Cheilitis granulomatosa: Diese seltene granulomatöse Entzündung vor allem der Oberlippe unbekannter Ursache kann für sich allein oder als Begleiterscheinung bestimmter Krankheiten (z.B. M. Crohn, Sarkoidose) vorkommen. Sie macht sich als zunächst teigig weiche, später feste Lippenschwellung bemerkbar, die eine Vorwölbung der betroffenen Lippe bewirkt. Sie kann sich auf die Wangen- (Pareiitis granulomatosa) und Gaumenschleimhaut (Uranitis granulomatosa) sowie Zunge (Glossitis granulomatosa) ausbreiten. Die Behandlung erfolgt mit NSAR (nicht-steroidale Antirheumatika, Schmerzmittel), Clofamizin (bakteriostatisches Chemotherapeutikum), ev. auch mit Injektionen von Glukokortikoiden oder Dapson (entzündungshemmendes Antirheumatikum) in die Lippen.

Cheilitis actinica: Diese Entzündung der Lippenoberfläche wird durch UV-Licht provoziert. Sie betrifft meist die Unterlippe, ist häufiger bei Männern und Rauchern zu finden. Wird sie chronisch, gilt sie als Präkanzerose (Krebsvorstufe).

Lippenkrebs: eine Männerdomäne

Lippenkrebs (Lippenkarzinom) ist ein eher seltenes Ereignis, das meist ältere Männer betrifft und da vorwiegend solche, die rauchen, hochprozentigem Alkohol zusprechen oder häufig Sonnenbädern ausgesetzt sind. Auch scheinen eine zu einseitige Ernährung, die einen Vitamin- und Eisenmangel begünstigt, eine mangelhafte Mundhygiene oder schlecht angepasste Zahnprothesen, die ständig scheuern oder drücken, seine Entstehung zu fördern.

Erste Anzeichen der Erkrankung sind Veränderungen der Mundschleimhaut oder Lippenhaut wie nicht wegwischbare rote (Erythroplakie) oder weißliche (Leukoplakie, durch verstärkte Verhornung) fleckige Verfärbungen, die als Krebsvorstufen gelten. Sie sollten zum Arzt führen. Ebenso Alarmsignale wie Knoten, Verhärtungen, nicht heilen wollende offene Stellen sowie schmerzende oder auch blutende Geschwüre mit hartem Rand auf den Lippen. Diagnostiziert wird das Karzinom per optischer Begutachtung und Biopsie (Entnahme von Gewebeproben) mit anschließender histologischer (feinstofflicher) Untersuchung.

Lippenkrebs besitzt, wenn er vollständig entfernt wird, hohe Heilungschancen, da er häufig frühzeitig bemerkt wird und eher erst spät metastasiert (Bildung von Absiedelungen von Tumorzellen in anderen Organen über den Blut- bzw. Lymphweg). Je nach befallener Stelle entscheidet sich, ob eine Operation (z.B. Keilexzision, bei größerem Tumor mit nachfolgender plastischer Deckung) ausreicht oder auch eine Kombination von Strahlen- und Chemotherapie in Frage kommt. Da sich zum Teil (v.a. bei Oberlippenkrebs) – ein- oder beidseitig – Tumorzellen in naheliegenden (unter dem Kinn bzw. der Speicheldrüse) Lymphknoten finden können, kann auch deren Entfernung oder eine sogenannte neck dissection (Entfernung der Halsweichteile) notwendig werden.