Tierversuchsfreie Kosmetik: Schönheit ohne Tierleid

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Nach wie vor opfern im Namen der Schönheit jedes Jahr unfreiwillig Millionen von Mäusen, Kaninchen, Meerschweinchen, Ratten und anderen Tieren mehr ihre Gesundheit, oft sogar ihr Leben in fragwürdigen und grausamen Tierversuchen. Angeblich um die gesundheitliche Unbedenklichkeit von Kosmetikprodukten bzw. ihren Inhaltsstoffen nachzuweisen. Diese Tierquälerei stößt immer mehr Konsumenten sauer auf. Sie wollen sich mit gutem Gewissen pflegen und schminken. Das ist manchmal aufwändiger als gedacht, aber tatsächlich möglich.

Immer noch werden für Kosmetik- und Pflegeprodukte grausame Tierversuche an meist in kleinen Käfigen gehaltenen Kaninchen, Meerschweinchen, Mäuse, Ratten usw. durchgeführt. Sie bekommen – und das ohne Schmerzlinderung – chemische Substanzen verabreicht, in die Augen getropft oder auf geschädigte Hautpartien aufgebracht. Für meine Schönheit sollen keine Tiere leiden müssen, lautet deshalb bereits seit Jahrzehnten der Wunsch vieler Konsumenten.

Dieser Forderung trug die EU 2013 endlich Rechnung und hat den Verkauf von mit Hilfe von Tierversuchen hergestellten Kosmetikprodukten verboten. Schönheit soll also ohne Tierleid auskommen. Doch wie so oft klafft zwischen Theorie und Praxis eine (gewaltige) Lücke. So können sich tierfreundliche Konsumenten trotz der Regelung nicht darauf verlassen, nur noch tierversuchsfreie Produkte zu erhalten und sollten deshalb besser selbst entsprechende Nachforschungen anstellen.

Keine Tierversuche mehr: Segen oder Fluch?

Nun müssten also laut EU heutzutage eigentlich Mäusen, Ratten, Kaninchen und Co. keine schmerzhaften Hautgeschwüre, Augenentzündungen und anderes mehr zugefügt werden, nur um zu beweisen, dass Substanzen Ekzeme auslösen können, ein allergenes Potenzial besitzen oder die Fortpflanzung beeinträchtigen. Schon bis zu dieser Errungenschaft in der Gesetzgebung war es ein weiter Weg. So durften zwar bereits 2004 in der Europäischen Union keine fertigen Kosmetikprodukte mehr an Tieren getestet werden, aber erst 2009 trat ein Verbot in Kraft, einzelne Inhaltsstoffe von Kosmetika in Tierversuchen zu prüfen. Allerdings mit dem Schlupfloch, dass Tests hinsichtlich der Gefahr einer Auslösung von Allergien oder Krebs sowie einer Beeinträchtigung der Fortpflanzungsfähigkeit mittels Ausnahmeregelung sehr wohl noch gestattet waren, sofern sie außerhalb der EU stattfanden.

Lösen nun Experimente am Menschen die Tierversuche ab, fragen sich daraufhin manch besorgte Forscher und Verbraucher. Und: Wie kann man ohne Tests an Tieren herausfinden, dass z.B. ein Shampoo Allergien auslöst oder eine Creme der Leibesfrucht schadet? Besteht etwa gar die Gefahr, dass ohne Prüfung an Tieren als bedenklich einzustufende Stoffe verwendet werden? Dann würde es kaum auffallen, wenn mangelhaft geprüfte Produkte die Ursache für einen Anstieg von Allergien oder Krebsfällen wären. Da bleibt nur zu hoffen, dass alle Hersteller verantwortungsbewusst genug sind, nicht auf für unzureichend geeignet befundene Alternativprüfmethoden zu vertrauen und im Zweifelsfall auf die Entwicklung neuer Substanzen zu verzichten. Aber dann riskiert man, dass, falls es an einem anerkannten alternativen Testverfahren zu Tierversuchen fehlt, harmlose neue Substanzen mit erwünschten Wirkungen gar nicht erst zum Einsatz kommen.

Tierschützer wiederum kritisieren: Ersatzmethoden zum Tierversuch werden danach bewertet, wie sehr ihre Ergebnisse denen von Tierversuchen entsprechen, selbst wenn letztere Fehler aufweisen. Sie müssen zudem in mehreren Labors vergleichbare Resultate liefern. Deshalb kann es passieren, dass eigentlich geeignete Alternativmethoden aufgrund mangelnder Übereinstimmung mit Tiermodellen nicht zugelassen werden. Die Tierversuchsgegner weisen zudem auf folgende Gegebenheiten hin:

  1. Tierversuche sind keineswegs so zuverlässig wie gern postuliert wird, denn sie bieten keine hundertprozentige Sicherheit hinsichtlich Schädlichkeit oder Verträglichkeit einer Substanz, weil sich die Ergebnisse sehr oft nicht eins zu eins auf den Menschen übertragen lassen. Selbst wenn ein Stoff an Tieren keine Schäden verursacht, heißt das daher noch lange nicht, dass er das am Menschen nicht doch vermag. Bestes Beispiel dafür ist die sogenannte Contergan-Affäre (Schlaf- und Beruhigungsmittel Thalidomid, das in den 1950er-Jahren Fehlbildungen an zahlreichen Ungeborenen hervorrief). Dennoch halten Firmen an Tierversuchen fest – schon allein zwecks besserer juristischer Sicherheit, etwa zum Schutz vor Schadenersatzforderungen.
  2. Es gibt bzw. gäbe in vielen Fällen anerkannte Alternativen zu Tierversuchen, um Stoffe hinsichtlich gesundheitlicher Auswirkungen auszutesten wie z.B. die Verwendung spezieller Gewebe- oder Zellkulturen. Ihr Einsatz scheitere aber häufig an langwierigen bürokratischen Hürden bei der Beantragung ihrer Anerkennung.
  3. Schon seit Jahren befinden sich bereits (Natur-) Kosmetika auf dem Markt, die ohne Tierversuche hergestellt werden.
  4. Derzeit kennt und nutzt man bereits mehr als 8000 Rohstoffe zur Herstellung von Kosmetika. Aus dieser Vielfalt ließen sich doch immer wieder neue Produkte kreieren. Somit wäre es unnötig, ständig neue Duft-, Farb-, Konservierungsstoffe oder Lösungsmittel etc. zu erschaffen. Und gescheiter, sich – wenn schon – auf die Entwicklung von Wirkstoffen zu konzentrieren.

Die gelebte Praxis sieht so aus:

  • Es dürfen Stoffe, die auch in anderen Produkten als nur in Kosmetika vorkommen, weiterhin an Tieren getestet werden. Grundlage dafür ist die sogenannte Reach-Verordnung (europäische Chemikalienverordnung), die Toxizitätstests an Tieren vorschreibt. Diese standardmäßige Prüfung aller industriell verwendeten Chemikalien dient dem Zweck, all diese Substanzen bis 2018 zu registrieren, wobei auch seit langem schon genutzte Stoffe darunterfallen.
  • Im außereuropäischen Ausland werden Tierversuche weiterhin fortgesetzt.

So bleibt Verbrauchern nur, sich gründlich zu informieren und manches zu hinterfragen, wenn sie Wert auf einerseits Schönheit und andererseits auf Tierschutz legen.

Kosmetik ohne Tierversuche erkennen

Eigentlich finden sich auf beinahe allen Erzeugnissen Aufschriften. Und die meisten Hersteller präsentieren inzwischen ihre Produkte im Internet, wobei sie auf ihrer Homepage oft auch ihre Firmenphilosophie preisgeben. Doch der Dschungel an solchen Angaben ist groß, der Wahrheitsgehalt derselben nicht immer leicht zu durchschauen. Auf die Aussage „dieses Produkt wurde nicht an Tieren getestet“ darf man sich jedenfalls nicht verlassen, denn dass der fertige Artikel nicht in Tierversuchen geprüft wurde heißt noch nicht, dass es seine Inhaltsstoffe nicht doch wurden. „Dieses Unternehmen testet nicht an Tieren“ bedeutet ebenfalls keine Garantie für tierversuchsfreie Herstellung. Es könnte ja sein, dass jemand anders, z.B. ein Betrieb im Ausland, diese leidige Aufgabe übernommen hat.

Misstrauen ist auch angesagt, wenn Hersteller damit werben, dass ihr fertiges Produkt tierversuchsfrei entwickelt wurde. Das suggeriert, andere Firmen täten das nicht, obwohl es eine Selbstverständlichkeit sein sollte, da ja inzwischen gesetzlich festgelegt. Übrigens sind Slogans wie “ohne Tierversuche“, “nicht im Tierversuch getestet“ oder “Dieses Produkt wurde nicht im Tierversuch getestet“ nicht gesetzlich geschützt, sodass jeder damit werben kann. Und auch Begriffe wie Bio- oder Naturkosmetik bürgen nicht für Tierversuchsfreiheit.

Vertrauenswürdiger erweisen sich da Gütesiegel wie etwa dasjenige vom Internationalen Herstellerverband gegen Tierversuche in der Kosmetik (IHTK), das eine schützende Hand über einem Kaninchen zeigt. Doch auch so manches Prüfsiegel ermöglicht Schlupflöcher für an Tieren getestete Stoffe. Vor allem dann, wenn Stichtagsregelungen ins Spiel kommen, ab denen garantiert wird, dass tierversuchsfrei getestete Inhaltsstoffe verwendet werden müssen. Denn das bedeutet nichts Anderes als dass vor dem Stichtag auf dem Markt befindliche, d.h. auch in Tierversuchen erprobte Substanzen enthalten sein dürfen.

Lichtblick: Der Verein PETA (People for the Ethical Treatment of Animals) bietet eine Liste von Herstellern, die klar Stellung gegen Tierversuche beziehen und so dazu beitragen, Tierversuche völlig abzuschaffen. Indem sie sich verpflichtet haben

  • weltweit auf Tierversuche zu verzichten.
  • keine Inhaltsstoffe zu verwenden, für die Tierversuche vorgeschrieben sind.
  • sicherzustellen, dass auch ihre Zulieferer nicht an Tieren testen.

Ähnliches offerieren auch andere Organisationen wie z.B. der deutsche Tierschutzbund. Apropos: Wiederholtes Nachfragen nach tierversuchsfreien (inklusive Rohstoffen!) Produkten bei Händlern, in Kaufhäusern, Drogerien usw. trägt bei diesen zur Bewusstseinsbildung und kann – konsequent betrieben – dort zur Erweiterung des Sortiments um entsprechende Artikel führen.

 

Weiterführende Links:
Europäische Kommission: Vollständiges EU-Verbot von Tierversuchen für Kosmetika tritt in Kraft 
Prüfsiegel und ihre Bedeutung
Internationaler Herstellerverband gegen Tierversuche in der Kosmetik
zet (Zentrum für Ersatz- und Ergänzungsmethoden zu Tierversuchen) 
Kosmetik ohne Tierversuche