Flohsamen: kleine Samen, große Wirkung

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Winzige Samen schaffen, was beinahe unmöglich klingt: die Darmtätigkeit in beide Richtungen zu regulieren. Denn sie wirken einerseits als natürliches Abführmittel. Andererseits lindern sie aber auch Durchfälle. Dank ihrer Schleimstoffe erzeugen Flohsamen viel Volumen, haben selbst aber nur wenig Kalorien. Das macht sie auch geeignet zum Abnehmen. Alles ohne Gewöhnungseffekt sowie nahezu ohne Nebenwirkungen.

Die einjährigen, bis zu einem halben Meter großen, krautigen Pflanzenarten der Gattung Plantago (Plantago ovata, Plantago afra, Plantago psyllium, Plantago arenaria, Plantago indica), die die sogenannten Flohsamen produzieren, gehören zur Familie der Wegerich-Gewächse (Plantaginaceae). Sie bilden schmale, längliche Blätter aus, die in den oberen Blattachseln Blütenzweige aufweisen und eine Ähre als Blütenstand tragen. Ihre zwei bis drei Millimeter langen, dunkelbraunen Samen sitzen in einer zweikammerigen Fruchtkapsel.

Beheimatet sind die Pflanzen in Westasien und im Mittelmeerraum, doch werden sie inzwischen auch in Spanien, Kuba, Brasilien und anderen Ländern angebaut. Verwendung in der Pflanzenheilkunde finden heute hauptsächlich indische Flohsamen (Plantago ovata, Indischer Wegerich), die eine deutlich stärkere Quellfähigkeit als europäische Flohsamen aufweisen.

Warum die Flohsamen so heißen? Weil, wenn die Pflanzen reif sind, ihre kleinen Samen aus den Fruchtkapseln in die Höhe springen, was an hüpfende Flöhe erinnert. Der Volksmund nennt Flohsamen auch Flohkraut, Heusamen, Psyllium, Sandwegerich oder Strauchwegerich.

Wogegen Flohsamen helfen

Schleimstoffe (Arabinoxylane), Öl, Zellulose, Iridoidglykoside und das leberschützende Aucubin sind die Inhaltsstoffe der Heilpflanze. Sie sollen blutzuckersenkend, entzündungshemmend, abführend und verdauungsfördernd wirken. Deshalb setzt man die im Sommer bis Herbst gesammelten, dann getrockneten Samen der Pflanzen bzw. deren an Ballaststoffen (Flosine-Schleimpolysaccharide) besonders reichen Schalen vor allem gegen Verstopfung ein, weil sie eine hohe Quellkraft besitzen. Aber auch bei

  • Durchfall, Divertikulose und Reizdarm, Colitis ulcerosa und Morbus Crohn.
  • Übergewicht, weil sie dank ihrer Quellkraft den Magen füllen und das Hungergefühl dämpfen.
  • Analfissuren und Hämorrhoiden.
  • erhöhten Blutfettwerten, weil Gallensäuren, die zu einer Aufnahme des LDL-Cholesterins im Darm notwendig sind, vermehrt ausgeschieden werden.
  • Diabetes mellitus, weil sie den Blutzuckeranstieg nach Mahlzeiten bremsen.
  • Gicht, weil sie – regelmäßig angewendet – die Harnsäurewerte im Blut verringern.
  • Hautausschlägen, Ekzemen, Insektenstichen, Furunkeln, Geschwüren und Ödemen.
  • Angina oder Blasenentzündungen.
  • Verrenkungen und Verstauchungen.

Effektives Darm-Regulans

Der hohe Gehalt an Schleimstoffen macht Flohsamen zu gut verträglichen Quellmitteln, die in ihrer Wirksamkeit den heimischen Leinsamen übertreffen. Diese hohe Quellungsfähigkeit führt zu einer deutlichen Volumenzunahme des Darminhalts. Das vermehrte Volumen erzeugt einen stärkeren Dehnungsreiz und erhöhten Füllungsdruck, somit eine verbesserte Darmperistaltik und einen zügigen Weitertransport des Darminhalts.

Zudem fördert der Schleim die Gleitfähigkeit des Darminhalts. Das nützt die Medizin außer zur Beseitigung einer chronischen Darmträgheit auch zum Herbeiführen einer leichteren Darmentleerung bei Gegebenheiten wie z.B. bei Hämorrhoiden, Analfissuren, nach Operationen und in Schwangerschaften. Denn Flohsamen machen die Konsistenz des Stuhls weicher, was die Stuhlentleerung erleichtert. Und all das – im Gegensatz zu manch anderen Abführmitteln – ohne Gewöhnungseffekte.

Die hohe Aufnahmefähigkeit von Flohsamen für Wasser (> 50fache) lässt sie aber auch gegen Durchfall wirken, weil sie überschüssige Flüssigkeit binden und so die Passage des Darminhalts verlangsamen, was eine Verfestigung des Stuhls ermöglicht. Dabei werden – ähnlich wie bei der Tierkohle – auch gleich Bakteriengifte mitaufgesaugt und unwirksam gemacht.

Die sanfte Wirkungsweise erlaubt eine Anwendung von Flohsamen selbst bei gereiztem Darm. Etwa während der Remissionsphase entzündlicher Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa, weil sie den Krankheitsverlauf stabilisieren.

Sogar eine antikarzinogene Schutzwirkung wird Flohsamen nachgesagt. Weil der Schleim eine Art Schutzfilm über die Darmschleimhaut legt, der vor aggressiven Substanzen schützt. Das beugt Entzündungen vor und senkt somit die Krebsgefahr. Und vermutlich auch, weil Flohsamen Flavonoide enthalten, die als sogenannte Antioxidantien wirken. Indem sie freie Radikale im Körper unschädlich machen. Bei regelmäßiger Einnahme, versteht sich.

Mit Flohsamen abnehmen

Bauchbetonte Fettsucht (abdominelle Adipositas), Insulinresistenz (verminderte Ansprechbarkeit der Gewebe auf das Hormon, dadurch bedingte verminderte Aufnahme von Glukose in die Zellen, Folge: erhöhter Blutzuckerspiegel), Fettstoffwechselstörungen und Bluthochdruck sind typische Bestandteile des sogenannten metabolischen Syndroms (“tödliches Quartett“). Diese Kombination von Symptomen stellt einen entscheidenden Risikofaktor für die Entstehung potenziell lebensbedrohlicher Erkrankungen der Arterien – v.a. der koronaren Herzkrankheit – dar.

Übergewicht und seinen oben genannten Konsequenzen wirken die kalorienarmen (21 kcal/100g) Flohsamen in mehrfacher Hinsicht entgegen:

  • Der Stoffwechsel verwandelt sie im Gegensatz zu kalorienreichen Kohlenhydraten nicht in Fett.
  • Sie quellen bereits im Magen auf und erzeugen so ein Sättigungsgefühl.
  • Sie fördern die Verdauung, was zu einer Gewichtsreduktion beitragen kann.
  • Indem sie dafür sorgen, dass die Glukose (Zucker) vom Körper langsamer aufgenommen wird, sorgen sie dafür, dass es nach Mahlzeiten zu keinem überschießenden Blutzuckeranstieg kommt. Der auf konstantem Niveau gehaltene Blutzuckerspiegel verhindert Heißhungerattacken.
  • Ihre Ballast- und Schleimstoffe binden Cholesterin an sich und scheiden es mit dem Stuhl aus. Somit gelangt weniger davon in die Blutbahn.

Anwendungsformen

Da in Flohsamen enthaltene Fette ranzig werden können, sollten sie in zerkleinertem Zustand nicht lange aufbewahrt werden. Auch sind sie vor Feuchtigkeit zu schützen. Und: Sie sollten nicht vorquellen, sondern erst im Darm ihr Volumen vervielfachen.

Die Einnahme von Flohsamen (übliche Tagesdosis: 10 bis 40 Gramm) zur Bekämpfung einer Darmträgheit erfolgt mit reichlich Flüssigkeit (am besten Wasser), damit es zu keinem Darmverschluss kommt. Milch eignet sich hier nicht, denn sie verhindert die Quellung der Samen.

Da Flohsamenschalen besonders viel Ballaststoffe enthalten, genügt eine geringere Menge, um dieselbe Quellfähigkeit wie ganze Flohsamen zu erreichen. Daher gilt folgende Umrechnungsregel: 1 Teelöffel Flohsamenschalen entspricht 2 Teelöffel Flohsamen. Demnach wird empfohlen, bei

  • Reizdarmsyndrom anfänglich ein- bis zweimal täglich einen in einen Viertelliter Flüssigkeit eingerührten Teelöffel Flohsamen zu konsumieren, gefolgt von einem Viertelliter stilles Wasser. Später die Einnahme auf 3-mal täglich erhöhen.
  • Durchfall oder Verstopfung, Hämorrhoiden oder Analfissuren pro Tag 3 Teelöffel Flohsamenschalen in einem Viertelliter Flüssigkeit zu verzehren und danach einen halben Liter Wasser zu trinken.
  • Diabetes oder Hypercholesterinämie bis zu 4-mal täglich einen Teelöffel Flohsamen in einen Viertelliter Flüssigkeit einzurühren und über den Tag verteilt zu trinken.
  • Abnehmversuchen 3 bis 12 Teelöffel Flohsamen über den Tag verteilt anzuwenden, z.B. eingerührt in Tee, Saft oder Smoothies.
  • einer kurmäßig über sechs Wochen durchgeführten Darmreinigung zur Linderung von Entzündungen und nachhaltigen Sanierung der Darmflora 40 g Flohsamen über den Tag verteilt einnehmen. Dabei jeden Teelöffel Flohsamenschalen in 100 ml Wasser aufquellen lassen und dann trinken. Anschließend ein bis zwei weitere Gläser Wasser trinken. Und auf weitere Quellstoffe verzichten.

In Apotheken, Kräuterläden oder gut sortierten Drogerien gibt es außer den neutral schmeckenden und glutenfreien Flohsamen auch Flohsamen-Fertigpräparate (z.B. Kapseln), die laut Gebrauchsanweisung einzusetzen sind.

Für äußerliche Anwendungen kann man einen Breiumschlag aus in warmem oder kaltem Wasser eingeweichten Flohsamen zubereiten. Den streichfähigen Brei trägt man auf die zu behandelnde Stelle auf, bedeckt sie mit einem Tuch und belässt den Breiumschlag eine bis mehrere Stunden dort. Nach seiner Entfernung die Stelle mit klarem Wasser abwaschen. Bei der Behandlung von Furunkeln oder oberflächlichen Abszessen sollte der Umschlag möglichst warm sein, um den entzündeten Bereich zu erweichen, damit die Samen die entzündliche Gewebsflüssigkeit aus dem Gewebe saugen können. Bei stumpfen Verletzungen des Bewegungsapparates wie Verrenkungen oder Verstauchungen ist meist ein kalter Umschlag besser, um die Hitze aus dem verletzten Körperteil abzuleiten und Schwellungen zu verringern, weil der Flohsamenbrei Gewebsflüssigkeit aufnimmt.

Risiken und Nebenwirkungen

In der Regel werden Flohsamen gut vertragen und erzeugen keinen Gewöhnungseffekt, sodass sie – auch von Schwangeren und Senioren – bedenkenlos eingenommen werden können, sofern dabei eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr stattfindet. Da sie nicht von Darmbakterien zersetzt werden, entstehen durch sie auch keine Darmgase bzw. Blähungen.

Wenn sich Nebenwirkungen entwickeln, dann meist aufgrund einer zu geringen Flüssigkeitszufuhr. Unterschreitet diese 1,5 Liter, können die Samen nicht ausreichend aufquellen und entziehen dem Darminhalt Wasser, sodass der Stuhl eine harte Konsistenz annimmt. Das kann Bauchschmerzen, Blähungen und Verstopfungen auslösen. Schlimmstenfalls auch einen Darmverschluss.

Flohsamen verursachen nur sehr selten – und wenn dann vor allem in pulverisierter Form – Allergien (vermeidbar durch die Verwendung von Eiweißstoffen befreiter, also gereinigter Flohsamenschalen). Doch gibt es Bedingungen, die ihre Anwendung einschränken oder verbieten. Von ihrem Gebrauch nimmt man besser Abstand bei

  • einem Darmverschluss
  • krankhaften Verengungen der Speiseröhre, des Magens oder Darms
  • akuten Entzündungen der Speiseröhre, des Magens oder Darms
  • Schluckbeschwerden
  • einem schwer einstellbaren Diabetes

Flohsamen nimmt man am besten nicht gleichzeitig mit anderen Medikamenten ein, da sie sonst die Resorption der Arzneien im Darm und damit ihre Wirkung herabsetzen können. Der Mindestabstand sollte etwa eine Stunde betragen. Flohsamen sollten auch nicht im Liegen oder vor dem Zubettgehen konsumiert werden.

Bei Diabetes kann die Gabe von Flohsamen infolge der verzögerten Aufnahme von Kohlenhydraten zu Fehldosierungen bei der Insulingabe führen. Daher ist zu überprüfen, ob in diesem Fall die Insulindosis reduziert werden muss. Und eine engmaschige Kontrolle des Blutzuckerspiegels vorzunehmen.
WICHTIG! Anhaltende Verstopfungen oder Stuhlunregelmäßigkeiten sowie unklare Beschwerden im Magen- Darm-Trakt gehören ärztlich abgeklärt und sind kein Fall für eigenmächtige Behandlungsversuche!

 

Weiterführende Links:
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Durchfall (Diarrhoe) 
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Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
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