Schwangerschaft (Gynäkologie, Geburtshilfe)

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Zusammenfassung
Schwangerschaft ist das Ergebnis einer vollzogenen Vereinigung von männlicher Samen- und weiblicher Eizelle mit anschließender Einnistung der befruchteten Eizelle in der Gebärmutterschleimhaut.

Beschreibung:

Das Ergebnis der vollzogenen Vereinigung von männlicher Samen- und weiblicher Eizelle ist das Heranwachsen der menschlichen Frucht, die mit der Geburt endet. Insgesamt beträgt die reguläre Dauer der Schwangerschaft durchschnittlich 266 Tage oder 38 Wochen. Gerechnet wird allerdings vom ersten Tag der letzten Regel, weshalb sich eine Schwangerschaftsdauer von 40 Wochen ergibt. Rund 90 Prozent aller Kinder kommen zwischen vollendeter 37. Woche und vollendeter 42. Woche zur Welt.

 

Wie verläuft eine Schwangerschaft?

Das Ausbleiben der Monatsblutung, morgendliches Erbrechen und Übelkeit sind unsichere Schwangerschaftszeichen. Ein Schwangerschaftstest über die Messung der Konzentration des „Schwangerschaftshormons“ (hCG-Hormon) im Blut oder im Urin gilt als wahrscheinliches, jedoch nicht sicheres Schwangerschaftszeichen. Als sicher gilt der Nachweis einer Fruchtblase oder eines Embryos im Ultraschall, das Hören von Herztönen oder Fühlen von Kindesbewegungen.

Als Eisprung bezeichnet man den Zeitpunkt, an dem die Eizelle in einem der Eierstöcke der Gebärmutter zur Reifung gelangt ist. Zu diesem Moment, meist in der Mitte des Zyklus, d.h. am 14. Tag bei einem Zyklus von 28 Tagen, platzt die Eiblase (der Follikel). Damit wird die Eizelle auf ihre Reise durch die Eileiter in die Gebärmutter geschickt, auf der es dann zu einer Befruchtung durch eine Samenzelle kommen kann. Im Eileiter angekommen, befindet sich die Eizelle in einem Milieu, in dem die Befruchtung begünstigt wird. Eine befruchtete Eizelle nistet sich in der Gebärmutter ein, ein neuer Organismus wächst heran.

Zur Grundlage für den Geburtsterminrechner wird im Ultraschall die Scheitel-Steiß-Länge ermittelt. So erhält man den Tag des wahrscheinlichen Geburtstermins.

Die Schwangerschaft wird in Drittel unterteilt. Im ersten Schwangerschaftsdrittel erfolgt die grundsätzliche Ausbildung der inneren Organsysteme wie des Neuralrohres, aus dem sich Gehirn und Nervensystem entwickeln. Das Herz schlägt schon ab der 7. Schwangerschaftswoche (SSW) und kann im Ultraschall gesehen werden. Am Ende des ersten Schwangerschaftsdrittels misst der Embryo sechs Zentimeter.

Ab dem zweiten Drittel der Schwangerschaft spricht man nicht mehr vom Embryo, sondern vom Fötus. Das Gesicht zeigt schon eigene, individuelle Züge. Per Ultraschall kann nun auch das Geschlecht bestimmt werden. Am Ende des zweiten Schwangerschaftsdrittels kann der Fötus seine Augen öffnen. Die Mutter spürt über das Strampeln der Beine erste Lebenszeichen zwischen der 18. und 20. SSW.

Im letzten Drittel dreht sich das Kind nun in die richtige Geburtslage. Erste Vorwehen können auftreten. Werden die Wehen in der warmen Badewanne eher stärker und treten regelmäßig alle zehn Minuten auf, könnte die baldige Geburt bevorstehen.

 

Was ist eine Risikoschwangerschaft?

Darunter versteht man Rahmenbedingungen, die zu einem erhöhten Komplikationsrisiko während der Schwangerschaft führen:

  • Alter: Ab einem mütterlichen Alter jenseits des 35. Lebensjahres nimmt zwar die statistische Wahrscheinlichkeit einer kindlichen Chromosomenstörung stark zu, aber immer mehr Frauen bekommen problemlos auch im fortgeschrittenen Alter Kinder. Die Schwangerschaft im „fortgeschrittenen Alter“ wird heute nur mehr als gering problematisch betrachtet.
  • Komplikation: Hat es schon einmal eine Fehlgeburt, Eileiterschwangerschaft oder andere Komplikationen während der Schwangerschaft gegeben, dann gilt das ebenfalls als Risikofaktor. Dennoch „müssen“ sich Komplikationen nicht wiederholen. In den meisten Fällen ist das statistisch sogar eher unwahrscheinlich.
  • Krankheiten: Hier ist gemeint, dass die Schwangere unter chronischen Krankheiten leidet, wie etwa einer Herz-Kreislauf-Erkrankung oder Diabetes. In solchen Fällen ist es wesentlich, ein entsprechend ausgestattetes Kompetenzzentrum aufzusuchen (wie z.B. die Universitätsfrauenklinik in Wien, spezialisierte Frauenkliniken). Direkt in der Schwangerschaft kann sich ebenfalls ein Diabetes entwickeln. Man spricht dann vom Schwangerschafts- oder Gestationsdiabetes. Insgesamt zählt diese Form der Zuckerkrankheit zu den häufigsten schwangerschaftsbegleitenden Erkrankungen. Sie lässt sich bei etwa vier Prozent aller Schwangeren nachweisen. In der Regel macht sich ein Schwangerschaftsdiabetes nicht durch Beschwerden bemerkbar. Das ist ebenfalls eine Aufgabe für spezielle Kompetenzzentren, um eine komplikationsarme Schwangerschaft zu gewährleisten. Von Schwangerschaftsdiabetes spricht man, wenn während der Schwangerschaft erstmalig eine „Glukosetoleranzstörung“ diagnostiziert wird. Es kommt dabei zu erhöhten Blutzuckerwerten, die ursächlich auf die Schwangerschaft und die damit verbundenen Belastungen zurückzuführen sind. Die Diagnose erfolgt durch einen so genannten Glukosetoleranztest, bei der eine bestimmte Menge Zucker in Wasser aufgelöst getrunken wird und danach im Abstand von ein bzw. zwei Stunden der Blutzuckerspiegel kontrolliert wird. In der Behandlung reichen forcierte Bewegung und diätetische Maßnahmen meist aus.
  • Vorhergegangene Konisation: Im Fall eines Gebärmutterhals-Karzinomes oder dessen Vorläufern wird am Gebärmuttermund eine so genannte „Konisation“, eine kegelförmige Gewebeentfernung, durchgeführt. In Abhängigkeit von der Tiefe dieses Eingriffs kann es zu einer Verkürzung des Gebärmutterhalses und damit zu einer verminderten Verschlusskraft im Falle der Schwangerschaft kommen. Wenngleich diese Komplikation nur selten auftritt, ist sie ernst zu nehmen und in einem geeigneten Schwerpunktkrankenhaus abzuklären. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, eine sogenannte Cerclage (Tabaksbeutelnaht) anzulegen oder im Extremfall den Gebärmuttermund zu vernähen, um eine frühzeitigen Blasensprung zu verhindern.
  • Mehrlinge: Der begrenzte Platz im Bauch erhöht das Risiko für eine Frühgeburt bei Zwillingen/Mehrlingen generell. Eine engmaschige ärztliche Überwachung behält die Situation unter Kontrolle. Bei künstlicher Befruchtung (IVF) kommt es häufig zu Mehrlingsschwangerschaften.
  • Blutgruppe: Hier ist die sogenannte Rhesus-Unverträglichkeit gemeint. Ist die Mutter Rhesus-negativ und der Fötus Rhesus-positiv, ist es möglich, dass sich Antikörper gegen die roten Blutkörperchen des Kindes bilden. Beim ersten Kind reagiert das Immunsystem aber noch nicht. Erst bei nachfolgenden Schwangerschaften kann es zu ernsten Schäden kommen. Wichtig ist es, eine Unverträglichkeit rechtzeitig festzustellen und eine Anti-D-Prophylaxe einzuleiten.
  • Steißlage: Eine spontane Geburt ist in diesem Fall schwieriger, meistens ist ein Kaiserschnitt notwendig.
  • Kaiserschnitt: Sofern einmal mittels Kaiserschnitt entbunden wurde, gilt das als Risiko in Bezug auf eine Spontangeburt. Der neuerlichen gesunden Geburt mittels Kaiserschnitt steht aber nichts im Wege.
  • Stoffwechsel: Bei manchen Frauen kommt es zu einer Stoffwechselentgleisung, die Gestose genannt wird und vor allem als „Frühgestose“ ein relativ hohes Frühgeburtsrisiko darstellt. Warnzeichen einer Gestose sind:
    • Blutdruck über 140/90 mmHg (Werte bis 135/85 mmHg gelten als normal).
    • Wassereinlagerungen im Bindegewebe von Beinen, Händen und im Gesicht mit entsprechenden Schwellungen; sie sind vor allem dann ein Warnzeichen, wenn sie in Verbindung mit Bluthochdruck und weiteren Symptomen auftreten.
    • Ungewöhnlich viel Eiweiß im Urin.
    • Plötzliche starke Gewichtszunahme.
    • Übelkeit, Erbrechen und Kopfschmerzen.
  • Vaginalinfektion: Ein hohes Risiko für eine Frühgeburt entsteht durch bakterielle Infektion der Scheide. Hier führen aufsteigende Keime zu einer Störung bei der Versorgung der Frucht durch die Plazenta und damit zu deren Abgang. Diese bakteriellen Infektionen sollten keinesfalls unterschätzt werden. Ihre Behandlung ist einfach und unbelastend.

 

Was sind Risiken während der Schwangerschaft?

Alkohol und Nikotin sollten während dieser Zeit unbedingt vermieden werden. Das gilt insbesondere auch für das Passivrauchen, das als ebenso gefährlich eingestuft werden muss wie der aktive Konsum von Zigaretten. Zusätzlich werden durch Rauchen fast 5.000 weitere – teilweise hoch brisante – Chemikalien inhaliert, darunter Teer, Arsen, Benzol, Cadmium, Blausäure, Blei und Kohlenmonoxid. Die Gefahr einer Früh-/Fehlgeburt steigt, ebenso das Risiko für Missbildungen und Untergewicht.

In der Folge steigt auch das Erkrankungsrisiko für das geborene Kind in folgenden Bereichen:

  • plötzlicher Kindstod (SIDS)
  • mangelhafte Lungenfunktion mit Infektionsneigung, Asthma und Allergien
  • Übergewicht und Diabetes Typ II
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • Verzögerung der geistigen Entwicklung und psychische Störungen wie ADHS u.a.
  • Vitaminmangel: Insbesondere der Mangel an Folsäure im ersten Schwangerschaftsdrittel erhöht das Risiko für die Ausbildung eines Neuralrohrdefektes und weiterer Fehlbildungen.
  • Medikamente: Die Einnahme von Medikamenten während der Schwangerschaft muss grundsätzlich mit dem Arzt besprochen werden. So ist etwa bei Infektionen ein für die Schwangerschaft geeignetes Antibiotikum, z.B. Penicillin, zu wählen. Alle Packungsbeilagen sollten diesbezüglich genau gelesen werden, um ein unnötiges Risiko zu vermeiden.
  • Übergewicht: Auf die Vermeidung einer ungewöhnlich hohen Gewichtszunahme sollte geachtet werden, da sie die Entstehung sowohl eines Gestationsdiabetes als auch einer Gestose fördert.
  • Infektionen: Zu den problematischen Infektionen, die man möglichst vermeiden sollte, gehören Toxoplasmose, Röteln, Feuchtblattern, Chlamydien, Herpes, (Scheideninfektionen), Listerien, Ringelröteln und Grippe.
  • Psyche: Zunehmend geht man davon aus, dass das „psychische Leben“ bereits während der Schwangerschaft im Mutterleib beginnt. Diese Erkenntnisse entspringen einer noch jungen wissenschaftlichen Disziplin – der sogenannten Epigenetik, die die Schwangerschaft als erste „Prägungsphase“ betrachtet. Dadurch können schon sehr früh Neigungen etwa für Angststörungen oder Depressionen angelegt werden, die dann unter psychischer Überlastung zum Ausbruch kommen. Eine weitgehend stressfreie, freudig erlebte Schwangerschaft ist somit ein wichtiger Beitrag für die spätere psychische Gesundheit und Belastbarkeit des Kindes. Die Freude an der Schwangerschaft sowie eine stressfreie Zeit sind daher von großer Bedeutung. Das gilt sowohl für die grundsätzliche Resistenz des Kindes gegen psychische Belastung als auch im Sinne einer Prävention gegenüber psychischen Störungen.

 

Was kann ich bei Komplikationen in der Schwangerschaft tun?

Die wichtigste Botschaft hier ist sicher: Ruhe bewahren. Ängste, Stress, Spannungen, depressive Verstimmungen – all das sind Dinge, die das Kind automatisch ebenfalls mit durchläuft – inklusive der damit verbundenen Abweichungen bei den Signalsubstanzen im Gehirn. Daher sollten entsprechende Situationen möglichst vermieden werden. Die Versorgung von Schwangeren bei Komplikationen ist durch entsprechende Kompetenzzentren in Österreich so gut abgesichert, dass grundsätzlich kein Grund für übermäßige Sorge besteht.

 

Weitere Informationen:

Schwägerl I., Jorda B., Nöllner A.: Schwangerschaft & Geburt angstfrei und natürlich erleben. Wien 2013

Cover400_SchwangerschaftUndGeburt zum Buch

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Redaktion: Dr. Wolfgang A. Schuhmayer

Fachliche Freigabe: Dr. Michael Elnekheli, Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe sowie Präsident des Berufsverbandes Österreichischer GynäkologInnen in Wien