Schizophrenie

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Zusammenfassung
Die Schizophrenie ist eine beeinträchtigende psychische Erkrankung (Psychose), die ca. 1 von 100 Menschen weltweit betrifft. Die tatsächliche Ursache ist nicht bekannt.

Beschreibung:

Die Schizophrenie tritt unabhängig von Alter, sozialer Schicht, ethnischer Gruppe oder Geschlecht, typischerweise bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, erstmals auf. Sie besteht bei der überwiegenden Mehrzahl der Patienten lebenslang, kann  bei geeigneter frühzeitiger und intensiver Therapie allerdings auch zum Erliegen gebracht werden. Die tatsächliche Ursachen sind nicht bekannt. Es handelt sich dabei eigentlich weniger um eine gut definierbare Einzelkrankheit als vielmehr um eine Erkrankungsgruppe mit sehr vielfältigen Ausprägungsformen und Verläufen.

 

Was ist Schizophrenie?

Schizophrenie ist eine Erkrankung, die zu Störungen der Informationsverarbeitung, zu Trugwahrnehmungen (Halluzinationen), Ängsten und Wahnideen führen kann. Der Begriff „Schizophrenie“ geht auf den Schweizer Psychiater Eugen Bleuler zurück, der erstmals die „Gruppe der Schizophrenien“ beschrieb. Daher spricht man auch vom schizophrenen Formenkreis. Nichts zu tun hat diese Erkrankungsgruppe mit „Bewusstseins- oder Persönlichkeitsspaltung“ wie fälschlich oft geglaubt wird.

In der Internationalen Klassifikation der Krankheiten der Weltgesundheitsorganisation (ICD-10) werden sehr viele unterschiedliche Erscheinungsformen beschrieben, die sich im jeweiligen Zustandsbild oder auch im langfristigen Verlauf unterscheiden. Die Art der Symptome kann von Krankheitsepisode zu Krankheitsepisode wechseln. In der Bevölkerung werden die Begriffe „Schizophrenie“ und „schizophren“, manchmal fälschlicherweise auch „gespaltene Persönlichkeit“ (tatsächlich multiple Persönlichkeitsstörung) oder Widersprüchlichkeit, verwendet. Wegen der vielen Missverständnisse um den Begriff „Schizophrenie“ wird manchmal auch der allgemeinere Begriff „Psychose“ verwendet, worunter man Krankheitsbilder versteht, die mit Wahnideen, Halluzinationen oder Denkstörungen (Zwangsgedanken, Gedankenschleifen) einhergehen. Allerdings gibt es Formen der Schizophrenie, die völlig ohne typische Symptome auftreten und im Gegenteil durch Hemmungen des Denkens, der Konzentration, der Sprechens, des Sozialverhaltens oder des Handelns geprägt sind.

Ein weiteres grobes Missverständnis besteht allerdings in diesem Zusammenhang – durch sensationshungrige Literatur und gewissenlose Medienberichte gefördert – darin, zu glauben, betroffene Personen wären besonders gefährlich oder gewalttätig (dies gilt nur für eine verschwindende Minderheit). Insbesondere beschränken sich etwaige Übergriffe im Wesentlichen auf Personen der unmittelbaren Lebensumgebung, wie etwa der eigenen Familie. Das zugrunde liegenden Fehlverständnis verwechselt die Begriffe Psychose und Psychopath.

 

Wie entsteht Schizophrenie?

Grundsätzlich muss hier gesagt werden, dass die Schizophrenie weniger eine definierte Erkrankung als vielmehr das Konzept eines recht uneinheitlichen Krankheitsbildes ist.

Man geht davon aus, dass es sich ursächlich um ein Ungleichgewicht verschiedener Botenstoffe im Gehirn handelt, die in der Folge zu Veränderung von Sinneswahrnehmung und Verhalten führen. Dem zugrunde liegt die Annahme, dass dem eine Art besonderer Verletzlichkeit zugrunde liegt, die unter bestimmten Umständen den Ausbruch der Erkrankung begünstigt. Dennoch treten etwa Halluzinationen nicht völlig entkoppelt von der Realität auf, sondern haben eine Verankerung in der Wirklichkeit des individuellen Patientenlebens.

Als weitere Faktoren – wobei hier die Grenze zwischen Ursache und Auslöser verschwimmt – werden diskutiert:

  • Somatische Ursachen wie Veränderungen der Gehirnsubstanz.
  • Genetische Faktoren: Ein Kind hat ein Erkrankungsrisiko von 10 bis 15 Prozent, wenn schon ein Elternteil von einer schizophrenen Psychose betroffen ist.
  • Psychosoziale Einflüsse: weniger als Ursache, sondern für den weiteren Verlauf der Erkrankung bedeutsam. Denkbar ist, dass sich eine schwere Störung der Beziehung zwischen Eltern und Kind auf die Vulnerabilität (Verletzbarkeit) auswirkt. Hierher gehört auch der energische Hinweis, dass frühe Diagnose und nicht-medikamentöse Behandlung (Therapie) die entschiedenen Prognosefaktoren darstellen.
  • Stress: Chronischer Stress kann gemeinsam mit einer gewissen Verletzbarkeit Einfluss auf die Erkrankung nehmen, ebenso aber auch unerwartete Schicksalsschläge.
  • Drogen, Alkohol, Kaffee und Tabak können eine neue Episode auslösen, wenn jemand schon an einer schizophrenen Erkrankung leidet. Nimmt der Patient Medikamente, sollte der Genuss von Alkohol, Kaffee und Tabak (auch in geringen Mengen) mit dem Arzt besprochen werden. So können beispielsweise bestimmte Breitband-Antibiotika aus der Gruppe der Fluorchinolone negativen Einfluss haben.

 

Wie erkenne ich Schizophrenie?

Wie schon erwähnt, handelt es sich um kein einheitliches Krankheitsbild. Entsprechend unterschiedlich und schwer zu erkennen sind auch mögliche Verdachtsmomente:

  • Veränderungen der Stimmung, wie Launenhaftigkeit, depressionsähnliche Symptome, Unfähigkeit zu weinen, Wahnideen, Zwangsgedanken, Gedankenschleifen.
  • Veränderungen von Sinneswahrnehmungen, wie Stimmen hören, ungewöhnliche Geräusch- oder Lichtempfindlichkeit.
  • Veränderung der Aktivität, wie z.B. Entwicklung extremer Aktivität oder Inaktivität.
  • Veränderung des Verhaltens und/oder Sozialverhaltens.
  • Veränderung der Beziehungen zu Familienangehörigen – hier vor allem Rückzug.
  • Veränderungen in der Schule oder am Arbeitsplatz.

 

Wie erfolgt die Diagnose der Schizophrenie?

Bevor die Diagnose offiziell gestellt werden kann, muss eine organische Ursache ausgeschlossen werden.

Je früher die Diagnose gestellt und mit der geeigneten Behandlung im Sinne einer nicht-medikamentösen Therapie begonnen wird, umso besser ist die Langzeitprognose für einen günstigen Krankheitsverlauf. Mit Hilfe verschiedener Untersuchungsmethoden kann festgestellt werden, ob jemand an einer schizophrenen Psychose leidet. Der möglichst frühe Therapiebeginn ist wesentlich bedeutsamer als pharmakologische Intervention, da sich diese auf die chemische Korrektur der belastenden Akutsymptomatik beschränkt. Also solche natürlich zu keinen Verhaltensänderungen führt, die die Sozialisierung der Patienten verbessern. Theoretisch würde sehr frühe Therapie – etwa im Sinne einer Verhaltenstherapie oder einer soziokognitiven Beziehungsarbeit wie bei der mTGT (medizinorientierte tiergestützte Therapie) – das Maß an pharmakologischer Intervention entscheidend reduzieren.

Hier liegt das größte Problem, da entsprechende Verhaltensänderungen, wie etwa der Austausch sozialer Kontakte mit stundenlangem Sitzen am Computerspiel etwa als „pubertäres Verhalten“ verkannt und leichtfertig abgetan wird. Daher kann es passieren, dass Personen schon 10-15 Jahre erkrankt sind, ehe sie einer kompetenten Person vorgestellt werden. Das schmälert den potentiellen Behandlungserfolg entscheidend, während Frühdiagnose und Frühbehandlung die Möglichkeit eröffnen könnten, langfristig sogar ohne Dauermedikation auszukommen.

Im Arztgespräch wird zunächst die Situation des Betroffenen betrachtet. Zur Diagnosestellung gehört neben gezielten Fragen zur persönlichen Geschichte oftmals eine genauere Verhaltensbeobachtung. Hier können auch Eindrücke der Angehörigen und Freunde von großem Nutzen sein.

 

Was tun bei Schizophrenie?

Grundsätzlich ist beim Verdacht auf diese Erkrankung ein Facharzt für Psychiatrie oder eine entsprechende Klinik aufzusuchen. Es sollte darauf geachtet werden, dass es sich möglichst um einen Ansprechpartner handelt, der Erfahrung mit und hohes Verständnis für Schizophreniepatienten hat, denn lediglich die Verordnung von Psychopharmaka ist mit Sicherheit keinesfalls eine adäquate Behandlung.

Das kompetente Behandlungskonzept hat verschiedene Zugänge. Die Basis stellt häufig die Gabe entsprechender Medikamente dar. Die verordnete Hauptgruppe hierbei sind die sogenannten Antipsychotika, die je nach Symptomlage durch andere Medikamente ergänzt werden. Die Medikamente stellen eine Art chemischer Krücke dar, die helfen sollen, die Balancestörungen bei den Signalsubstanzen im Gehirn auszugleichen und damit die Akutsymptomatik in den Griff zu bekommen. Häufig ist das erst die Voraussetzung dafür, dass sich der Patient einer nicht medikamentösen Therapie öffnen kann. Das allerdings gilt nur für den verspäteten Behandlungsbeginn, während es sich rechtzeitiger Frühdiagnose exakt umgekehrt verhält.

Die zweite Säule ist die nicht medikamentöse Therapie. Hier stehen verschiedene Möglichkeiten wie Psychotherapie oder Verhaltenstherapie zur Verfügung – um nur einige Beispiele zu nennen. Allerdings sind alle Verfahren, die keine aktive Verhaltensmodulation beinhalten, völlig ineffektiv. Es gibt klare wissenschaftliche Nachweise und Publikationen dazu, dass besonders die „medizinorientierte tiergestützte Therapie“ (mTGT) einen günstigen Einfluss nehmen kann. Sie definiert sich als „soziokognitive Beziehungssarbeit“ und zeichnet sich durch besonders rasche Wirkung und einen nachhaltigen Einfluss auf das Verhalten, den Selbstwert sowie die Sozialkompetenz der Betroffenen aus. Erwähnenswert erscheint weiters ihre hohe Effizienz gegen halluzinatorische Belastungen.

Bei entsprechend früher Diagnose könnte man zunächst etwa ausschließlich nicht-pharmakologisch therapieren, worauf Erkenntnisse der Universität Innsbruck klar hinweisen. Wie immer, wenn das Gehirn noch in Entwicklung befindlich ist, sollte man mit der Gabe hochwirksamer Chemikalien extrem zurückhaltend sein.

Grundsätzlich bedarf es oft beider Behandlungszugänge, um zu einem positiven Ergebnis zu kommen, wobei die Medikation zur Bewältigung der akut belastenden Symptomatik dient, während die nicht pharmakologische Therapie auf eine positive Änderung des Verhaltens wie etwa eine Verbesserung der Sozialkompetenz darstellt.

In der Praxis kommen leider vorwiegend nur Psychopharmaka zur Anwendung. Das führt zu einer extrem schlechten Therapietreue der Betroffenen. Bereits sechs Monate nach Verordnungsbeginn, nehmen nur mehr ¾ ihre Medikamente, nach 2 Jahren gar nur mehr ¼ der Betroffenen. Eine ausgewählt gute Patientenführung – wie sie öffentliche Versorgungseinrichtungen häufig nicht bieten können – ist hier von höchster Bedeutung, da sonst der Abstieg in die soziale Verwahrlosung droht. Zahlreiche Fälle, die heute in diesem Zustand geendet sind, sind das Ergebnis später Diagnose in Kombination mit unzureichendem, stereotypem Erkrankungsmanagement. Leider werden sie völlig unkritisch als „typisch“ für die Schizophrenie betrachtet.

In der Pharmakotherapie gibt es aktuelle Fortschritte insofern, als nun lang wirksame Anti-Psychotika zur Verfügung stehen, die in mehrwöchigen Abständen mittels Injektion verabreicht werden können. Sicherlich ein großer Vorteil gegenüber dem täglichen Schlucken von Tabletten, das täglich an das Kranksein erinnert und enorme Disziplin erfordert.

Derzeit glaubt man, dass zumindest niedrig dosierte Medikamente lebenslang erforderlich sind, um die Entstehung von Krankheitsschüben zu verhindern. Identes gilt für die nicht-medikamentöse Therapie. Es gibt in der Praxis aber auch Beispiele, die dies insbesondere hinsichtlich der Medikation widerlegen.

 

Wie kann ich Schizophrenie vorbeugen?

Grundsätzlich sind keine präventiven Maßnahmen für noch Gesunde bekannt. Hinsichtlich der Vorbeugung gegen neue Krankheitsschübe kann allgemein gesagt werden, dass es aus heutiger Sicht sehr nachteilig scheint, in symptomfreien Intervallen Medikamente und Therapien ab- oder zu unterbrechen, da sich damit die Prognose beim Wiederauftreten der Erkrankung stark verschlechtert. Das gilt sowohl für die nicht-medikamentöse als auch die medikamentöse Behandlungsachse.

 

Wie verläuft Schizophrenie?

Die Erkrankung zeigt im Einzelfall eine durchaus individuelle Ausprägung, besteht aber grundsätzlich in einem schubhaften Verlauf (akute Phase). Dabei sind unterschiedliche Verlaufsmuster bekannt. Je später diagnostiziert wird, desto schlechter die Prognose. Ungünstig ist etwa auch die Beschränkung auf medikamentöse Maßnahmen. Nach einer oder mehreren akuten Phasen können 40 % geheilt werden. Weitere 40 % behalten eine leichte Restsymptomatik und nur 8 % der Betroffenen zeigen einen schweren chronischen Verlauf.

 

Wann sollte ich einen Arzt bei Schizophrenie aufsuchen?

Bereits beim geringsten Verdacht sollte ein Facharzt für Psychiatrie oder eine entsprechende Klinik aufgesucht werden. Schizophrenie ist eine chronische Erkrankung und bedarf einer kontinuierlichen ärztlichen Betreuung sowie unbedingt einer gezielten nicht-medikamentösen Behandlung durch einen entsprechend erfahrenen und verständigen Therapeuten.

 

Weitere Informationen:

www.neurologen-und-psychiater-im-netz.de

Finzen A.: Stigma psychische Krankheit, www.psychiatrie-verlag.de

 

Redaktion: Dr. Wolfgang A. Schuhmayer

Fachliche Freigabe: Univ.-Prof. Dr. Peter Hofmann, Medizinische Universität Graz, Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, 8036 Graz