Schielen

© panthermedia.net, Piotr Marcinski

Zusammenfassung
Eine Gleichgewichtsstörung des Augenmuskels wird als Schielen bezeichnet. Eine frühzeitige Diagnose und entsprechende Behandlung sind wichtig.

Was ist Schielen?

Beim Schielen handelt es sich um eine Gleichgewichtsstörung des Augenmuskels, die als Fehlstellung der Augen zueinander erkennbar ist. Jede Abweichung der Sehachse eines Auges von der Sollrichtung wird als Schielen bezeichnet. Beim Fernblick sind die Augen dann nicht mehr parallel ausgerichtet. Es gibt ein Lähmungsschielen (Strabismus paralyticus) und ein Begleitschielen (Strabismus concomitans, einwärts, auswärts, nach oben oder unten). Das Schielen kann einseitig, aber auch beidseitig auftreten. Die Ursachen können in unterschiedlichen Grunderkrankungen bzw. Defekten liegen.

 

Wie entsteht Schielen?

Beim Lähmungsschielen sind Hirn-Infarkte oder -Blutungen („Schlaganfall“) oder Entzündungen (Multiple Sklerose) im Bereich der Kerne der einzelnen für die Augenbeweglichkeit verantwortlichen Muskeln ursächlich.

Das sogenannte Begleitschielen kann angeboren sein, dann ist es zumeist vererbt, oder Trübungen im Auge führen zu einem schlechten Bilderkennen. Dieses schlechte und unscharfe Bild wird unterdrückt und das Auge nicht mehr für das beidäugige Sehen verwendet. Trübungen können in der Hornhaut (Narben nach Entzündungen), der Linse (Grauer Star; siehe dort) oder im Glaskörper (Reste von embryonalem Gewebe) liegen. Ist die Netzhautmitte (Makula, Gelber Fleck = Punkt des schärfsten Sehens) von einer Narbe betroffen, entsteht ebenso kein scharfes Bild, das Auge wird schielen. Hohe Brechungsfehler (Kurz-, Weit-, Stabsichtigkeit) und hohe Unterschiede der Brechungsfehler zwischen beiden Augen führen ebenfalls zu unscharfen oder verzerrten Bildern, die unterdrückt werden.

Selten verursachen Veränderungen in der Augenhöhle (Tumore, Schilddrüsenerkrankung, Verletzungen) ein Schielen.

 

Wie erkenne ich Schielen?

Die Augen stehen nicht mehr in allen Blickrichtungen parallel.

Beim Lähmungsschielen treten sofort Doppelbilder auf, wenn in die Richtung des gelähmten Muskels geschaut wird. Ist z.B. der 6. Hirnnerv (Nervus abducens) gelähmt, der für die Innervierung des Muskels verantwortlich ist, der das Auge nach außen zieht, wird eben beim Augenbewegen nach außen ein Doppelbild entstehen.

Beim Begleitschielen wird der schlechte Seheindruck unterdrückt, und es entsteht kein beidäugiges, räumliches Sehen. Das schielende Auge erlernt das Sehen nicht und wird in der Folge schwachsichtig (amblyop). Man hat dabei jedoch keine Doppelbilder.

 

Wie erfolgt beim Schielen die Diagnose?

Beim Lähmungsschielen bewegt sich der Augapfel nicht mehr in alle Richtungen, sondern ist in eine oder mehrere Richtungen in der Bewegung blockiert. Dadurch entstehen Doppelbilder. Die Diagnose erfolgt durch den Augenarzt und mittels Befragung des Patienten.

Beim Begleitschielen ist die Sehschärfe herabgesetzt, das räumliche Sehen ist nicht entwickelt.

 

Wie wird Schielen behandelt?

Das Lähmungsschielen wird zur Vermeidung von Doppelbildern mit Prismenfolien behandelt, die auf ein Brillenglas geklebt werden. Meist erholt sich dadurch der Nerv mit der Zeit wieder. Korrigierende Operationen sind ebenfalls möglich.

Beim Begleitschielen (bei Kindern) wird immer nach der Ursache gesucht (Skiaskopie: liegt ein Brechungsfehler vor?, Untersuchungen: wie klar sind die brechenden Medien, wie ist der Augenhintergrund?) und entsprechend behandelt: mit Brille, Kontaktlinse, Operation der Hornhaut oder Linse. Das gesunde Auge muss dabei stunden- oder tageweise zugeklebt werden (Okklusion), damit das schwache Auge durch die Anforderung das Sehen besser erlernt. Dies ist bis zum 6. bzw. 8. Lebensjahr möglich, danach kaum bis gar nicht mehr. Eine enge Zusammenarbeit mit den Eltern und der Schielambulanz, eventuell einer Sehfrühförderung, ist dabei notwendig. Hat das schwache Auge das Sehen mit diesen Unterstützungen erlernt, wird dann aus kosmetischen Gründen eine Schieloperation durchgeführt, wobei ein Muskel verkürzt und der gegenüberliegende Muskel mit seinem Ansatz nach hinten verlagert (geschwächt) wird.

 

Wie kann man dem Schielen vorbeugen?

Jedes Schielen nach dem 3. Lebensmonat sollte ernst genommen und untersucht werden (Augenarzt, Neurologe, Radiologe, Internist etc). Eine vorbeugende Maßnahme ist nicht möglich.

 

Wie verläuft das Schielen?

Schielen muss möglichst frühzeitig im Kindesalter behandelt werden. Je älter ein Kind wird, desto geringer sind die Heilungschancen. Bereits im Schulalter ist kaum mehr mit einer erfolgreichen Therapie zu rechnen. 
Bei Erwachsenen werden schielende Augen lediglich aus ästhetischen Gründen korrigiert, eine Verbesserung der Sehleistung ist jedoch dann nicht mehr möglich.

 

Wann sollte man bei Schielen einen Arzt aufsuchen?

Bereits in den ersten Lebensjahren, wenn das Schielen erkannt wird, jedenfalls unbedingt vor dem Schuleintritt.

 

Welche Hausmittel helfen bei Schielen?

Es gibt hier keine hilfreichen Hausmittel.

 

Weitere Informationen

Wedrich A., Faschinger Ch., Schmut O.: Mein Auge. Wien 2018

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Redaktion: Mag. Michael Hlatky

Fachliche Freigabe: Univ.-Prof. Dr. Christoph Faschinger, Universitätsklinik für Augenheilkunde Graz