Karpaltunnelsyndrom (Medianuskompressionssyndrom, Brachialgia paraesthetica nocturna)

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Zusammenfassung
Unter einem Karpaltunnelsyndrom versteht man eine Kompression des Nervus medianus im Bereich des Handgelenks.

Was ist ein Karpaltunnelsyndrom?

Im Karpaltunnel verlaufen sämtliche Beugesehnen der Finger als auch der Handnerv, der sogenannte Nervus medianus, vom Unterarm zur Hohlhand. Der Nervus medianus ist ein sogenannter gemischter Nerv, neben Muskelbewegungen im Daumenbereich (Motorik) und vegetativen Aufgaben versorgt der Nerv alle Finger bis auf den Kleinfinger und den halben Ringfinger sensibel (Gefühl). Der Karpaltunnel wird an drei Seiten von den Handwurzelknochen begrenzt und durch ein straffes Band zu einem Tunnel ergänzt. Bei einer Gewebsschwellung im Tunnel kommt es dabei zu einer Drucksteigerung und damit zur Schädigung des Nervus medianus mit Auftreten typischer Symptome.

 

Wie entsteht ein Karpaltunnelsyndrom?

Das Karpaltunnelsyndrom ist das häufigste Nervenkompressionssyndrom. Zunehmendes Alter, weibliches Geschlecht sowie schwere manuelle Tätigkeit mit mechanischer Überbeanspruchung des Handgelenks stellen Risikofaktoren dar. Gehäuft findet man das Karpaltunnelsyndrom auch bei Stoffwechselstörungen wie Diabetes mellitus (10–15 % der Zuckerkranken) oder bei Nieren- und Dialysepatienten. Auch hormonelle Veränderungen wie in der Schwangerschaft, Schilddrüsenerkrankungen (Über- oder Unterfunktion) können die Erkrankung auslösen. Chronisch entzündliche Erkrankungen wie Rheumatismus und Sehnenscheidenentzündungen sowie Brüche im Handgelenksbereich können ebenfalls zu einer Einengung des Karpaltunnels führen. Auch zahlreiche Medikamente, insbesondere eine Östrogen-Hormonersatztherapie, werden für das Auftreten eines Karpaltunnelsyndroms verantwortlich gemacht.

Die Innervation der Hand stammt von Nervenwurzeln, die vom Halsrückenmark zwischen den Halswirbeln austreten und das Armnervengeflecht, den sogenannten Plexus brachialis, bilden, von dem aus sich die Handnerven formieren. Deshalb müssen bei uncharakteristischen Beschwerden auch andere Krankheitsbilder wie chronische Schmerzzustände der Halswirbelsäule (Cervicobrachialsyndrom), Bandscheibenvorfälle im Bereich der Halswirbelsäule sowie eine Kompression der Handnerven im Bereich der ersten Rippe (sogenanntes Thoracic outletsyndrom) oder im Ellenbogenbereich in Betracht gezogen werden und vor einer Behandlung eines Karpaltunnelsyndroms ausgeschlossen werden. Auch andere Krankheitsbilder der Hand, wie eine Dupuytrensche Kontraktur oder ein schnellender Finger, verlangen eine andere Behandlung.

 

Wie erkenne ich ein Karpaltunnelsyndrom?

Typische Symptome eines Karpaltunnelsyndroms sind besonders nächtlich auftretende Schmerzen im Handbereich, die – bis in den Unterarm ausstrahlend – oft mit Einschlafen, Kribbeln oder Missempfindungen vor allem in den ersten drei Fingern (Daumen, Zeige- und Mittelfinger) verbunden sind. Im Laufe der Zeit treten diese Beschwerden auch tagsüber auf und führen aufgrund der gestörten Motorik, besonders des Daumens, zu einer Ungeschicklichkeit bei feinen Arbeiten, einer Schwäche beim Greifen und nach Jahren zum Muskelschwund des Daumenballens. Oft wachen die Patienten in der Nacht auf und müssen die betroffene Hand ausschütteln und unter kaltes Wasser halten, um eine Linderung der Beschwerden zu erfahren. Oft kann man bei der Untersuchung eine Druckschmerzhaftigkeit und Empfindlichkeit beim Beklopfen feststellen (sogenannte Hoffmann-Tinel-Zeichen). Auch können die beschriebenen Symptome durch starke Überstreckung im Handgelenk ausgelöst werden.

 

Wie erfolgt die Diagnose beim Karpaltunnelsyndrom?

In den meisten Fällen kann die Diagnose eines Karpaltunnelsyndroms aufgrund der typischen Beschwerden durch die Befragung des Patienten (Anamnese) und eine einfache klinische Untersuchung gestellt werden. Wichtig ist zur Absicherung der Diagnose eine genaue neurologische Untersuchung mit Messung der Nervenleitgeschwindigkeit des Nervus medianus, die im Krankheitsfall deutlich verlangsamt ist. Gemessen werden die motorische Überleitungszeit sowie die sensible Nervenleitgeschwindigkeit. Bei einem unklaren Befund sind weitere Untersuchungen, insbesondere der Halswirbelsäule, zum Ausschluss anderer Erkrankungen als Ursache der Beschwerden, notwendig.

 

Wie wird ein Karpaltunnelsyndrom behandelt?

Im Anfangsstadium der Erkrankung und bei leichten Verlaufsformen kann eine konservative Therapie mit nächtlichem Tragen einer Schiene sowie eine Verabreichung entzündungshemmender und abschwellender Medikamente versucht werden. Führt die konservative Behandlung nicht bald zu einer Besserung, sollte mit der operativen Behandlung nicht gezögert werden, um bleibende Schäden der Nerven zu verhindern. Der operative Eingriff kann in Narkose, in Regionalanästhesie (Betäubung des ganzen Arms) oder auch in Lokalanästhesie durchgeführt werden. Über einen kleinen Hautschnitt wird das straffe bindegewebige Band (Retinakulum), das den Karpaltunnel abschließt, vollständig gespalten und der Nervus medianus freigelegt. Häufig ist der Nerv durch den chronischen Druck deutlich abgeplattet.

Selten sind zusätzliche Eingriffe wie die Entfernung der Nervenhülle (Neurolyse) oder verdickter Sehnenscheiden notwendig. Wichtig ist, dass der Nerv vollkommen entlastet wird. Endoskopische Operationstechniken haben sich aufgrund des höheren Risikos und fehlender Vorteile nicht durchsetzen können. Postoperativ erfolgt die Schonung der operierten Hand mit funktioneller Nachbehandlung ohne Ruhigstellung. Bei rechtzeitiger Operation ist der Patient bis auf den Wundschmerz, durch den Wegfall des Nervenschmerzes meistens sofort beschwerdefrei.

 

Wie kann ich einem Karpaltunnelsyndrom vorbeugen?

Eine spezifische Vorbeugung ist nicht möglich.

 

Wann sollte ich mit einem Karpaltunnelsyndrom zum Arzt?

Da eine rechtzeitige Diagnosestellung und Behandlung bleibende Schäden (Gefühlsstörungen, Muskelschwund) verhindern kann, sollte möglichst frühzeitig ein Arzt aufgesucht werden.

 

Welche Hausmittel helfen beim Karpaltunnelsyndrom?

Es gibt keine wirksamen Hausmittel.

 

Weitere Informationen:

Redaktion: Mag. Michael Hlatky

Fachliche Freigabe: Univ.-Prof. Dr. Kurt Tiesenhausen, Gefäßchirurg an der Universitätsklinik Graz