Inkontinenz (unwillkürlicher Harnverlust, Einnässen)

Zusammenfassung
Bei einer Inkontinenz handelt es sich um das Unvermögen, den Harn zurückhalten zu können.
Was ist Inkontinenz?
Inkontinenz ist ein unfreiwilliger Harnverlust. Ein Leiden, das hierzulande etwa eine Million Menschen betrifft (850.000 Frauen, 150.000 Männer). Doch nur ein Drittel der Betroffenen sucht ärztliche Hilfe, der große Rest versucht mit dem Leiden irgendwie zurechtkommen und damit zu leben.
Welche Arten von Inkontinenz gibt es?
- Bei einer Belastungs- oder Stressinkontinenz kommt es bei körperlicher Belastung und Anstrengung (z.B. bei Husten oder Niesen) zu unfreiwilligem Harnabgang. Bis zu drei Viertel der Betroffenen leiden unter dieser Form.
- Die Dranginkontinenz ist charakterisiert durch einen plötzlichen Drang zum Harnlassen, gefolgt von unfreiwilligem Harnverlust, entweder sofort bei Auftreten des Drangs oder unmittelbar danach. Typischerweise findet sich die Dranginkontinenz bei älteren Frauen nach der Menopause, sie tritt aber auch bei jungen Frauen auf und häufig auch bei Männern mit Prostataproblemen.
- Eine Mischinkontinenz ist eine Kombination dieser beiden Typen. Sie findet sich gewöhnlich bei Frauen über 70 Jahren.
- Bei einer Überlaufinkontinenz kommt es bei einer übervollen Blase, die nicht entleert werden kann, zu nicht kontrollierbaren Harnabgängen. Dies vor allem bei älteren Menschen, bei denen die Blasenentleerung gestört ist (z.B. bei Prostataerkrankungen).
Was sind die Ursachen von Inkontinenz?
Sowohl bei Frauen als auch bei Männern ist das Alter der häufigste Grund für die Inkontinenz. Denn die Schließmuskeln, die den Harn zurückhalten sollen, werden – so wie alle anderen Muskeln des menschlichen Körpers – ab der Lebensmitte allmählich schwächer. Es kommt zum unfreiwilligen Harnabgang. Unter den Über-80-Jährigen ist bereits jeder Zweite inkontinent. Bei jüngeren Frauen ist eine der häufigsten Ursachen für Inkontinenz die Belastung des Harntraktes durch den Druck, der bei einer Schwangerschaft und bei der Geburt auf die genannten Organe ausgeübt wird. Übergewicht kann die Kontinenz negativ beeinflussen.
Wie werden die Ursachen ermittelt?
Am Anfang einer Untersuchung steht eine gezielte Befragung. Der Urologe will zum Beispiel wissen:
- Wann tritt die Inkontinenz auf?
- Wie lange bestehen die Beschwerden bereits?
- Besteht eine Harnwegsinfektion?
- Sind Nieren und Blase gesund?
- Mit Hilfe einer Ultraschalluntersuchung wird überprüft, ob die Blase entleert werden kann oder ob Restharn zurückbleibt.
- Bei Männern: ist die Prostata vergrößert?
Wie wird die Inkontinenz behandelt?
- Konservative Behandlung: Eine Veränderung des Lebensstils kann die Beschwerden lindern, so etwa eine Gewichtsreduktion, die Verminderung der Flüssigkeitszufuhr und dgl. Auch eine unter Anleitung durchgeführte Beckenbodengymnastik über einen Zeitraum von mehreren Monaten stellt eine wirksame Therapie der Harninkontinenz dar.
- Medikamentöse Behandlung: Diese ist vor allem bei der Dranginkontinenz wirksam (Anticholinergika oder Betasympathomimetika). Auch können Östrogene die Beschwerden von Frauen nach der Menopause lindern, wenn sie gezielt eingesetzt werden.
- Operative Verfahren: Wenn die konservative Behandlung nicht den gewünschten Erfolg bringt, kann die Belastungsinkontinenz chirurgisch behandelt werden, was jedoch ausschließlich Spezialisten entscheiden.
Was kann man sonst noch tun? Hausmittel bei Inkontinenz
Geeignete Hilfsmittel sind saugfähige Einlagen bzw. Vorlagen, Windelhosen und ein Bettschutz. Vaginalkonen und Tampons verhindern unwillkürlichen Harnverlust während kurz dauernder körperlicher Belastungen.
Gezieltes Toiletten- und/oder Blasentraining ist anzuraten (Informationen erhält man über Beratungsstellen, siehe unten). Die tägliche Einnahme von ungerösteten Kürbiskernen, ein spezieller Blasentee (aus der Apotheke), Sitzbäder in Heublumenextrakt, getrocknete Litschi, Preiselbeersaft oder Tee aus frischer Brunnenkresse (eine Handvoll in ¼ Liter Wasser aufkochen und 10 Minuten ziehen lassen) sind durchaus sinnvolle Hausmittel, die therapiebegleitend eingesetzt werden können.
Kann man die Inkontinenz verhindern?
Körperliche Belastungen wie schweres Heben sollten vermieden werden. Viele Frauen, auch ältere, können von einem Beckenbodentraining profitieren. Damit die Übungen auch richtig durchgeführt werden, sollte man es am Beginn nur unter professioneller Anleitung tun. Ganz wichtig: Den unfreiwilligen Harnverlust nicht verschweigen, sondern mit dem Arzt darüber reden. Ein aufgeklärter und selbstbewusster Umgang mit dem Problem kann bereits zu Besserung führen.
Weitere Informationen
Informationen über Beratungsstellen, Zentren oder Veranstaltungen unter www.kontinenzgesellschaft.at (Medizinische Kontinenzgesellschaft Österreichs) oder unter der Hotline 0810 / 100 455 (zum Ortstarif)
Redaktion: Mag. Wolfgang Bauer
Fachliche Freigabe: Univ.-Prof. Dr. Andreas Jungwirth, Facharzt für Urologie/Andrologie, Salzburg, www.andrologie-jungwirth.at
Datum: 2. November 2018
Kategorien: Krankheiten