Gicht ( Urikopathie, Arthritis urica)

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Zusammenfassung
Gicht ist eine Störung des Harnsäurestoffwechsels, die zur Ablagerung von Harnsäurekristallen in verschiedenen Bereichen des Körpers führt.

Was bedeutet Gicht?

Unter Gicht versteht man eine Störung des Harnsäurestoffwechsels – sei es durch eine erhöhte Produktion von Harnsäure oder deren ungenügende Ausscheidung –, die zur Ablagerung von Harnsäurekristallen führt. Gelenke oder/und das Umgebungsgewebe reagieren darauf mit entzündlichen Prozessen.

 

Welche Beschwerden verursacht Gicht?

Akute Symptome sind plötzliche, heftige Schmerzen in einem oder mehreren Gelenken. Grundsätzlich kann jedes Gelenk betroffen sein; sehr häufig betreffen die Symptome das Großzehengrundgelenk (Podagra). Schmerzt das Handgelenk, spricht man von Chiragra. Zusätzliche Zeichen eines Gichtanfalls sind Schwellung und Übererwärmung des betroffenen Gelenks. Auch Fieber und allgemeines Krankheitsgefühl können das Krankheitsbild gelegentlich prägen.

Unbehandelt dauert ein Anfall durchschnittlich zwei bis drei Wochen. Bleibt die Erkrankung unbehandelt, kann es sein, dass die Abstände zwischen den Anfällen kürzer werden und sich ein chronischer Verlauf entwickelt. Bei der chronischen Form sind die Beschwerden zwar dauerhaft, aber nicht so ausgeprägt wie beim akuten Anfall.

Spätfolgen, die oft erst nach Jahren auftreten, sind Gelenkdeformationen, wie Defekte am Gelenkkopf. Auch kommt es in Gelenknähe und anderen Geweben teilweise zur Ausbildung von Gichtknoten. Die Nieren können mit der Bildung von Nierensteinen beziehungsweise langfristig mit Niereninsuffizienz oder Nierenversagen reagieren.

Von Weichteilgicht spricht man bei Harnsäurekristallablagerungen unter der Haut, wodurch sich Knötchen mit weißen Flecken beispielsweise am Ohrknorpel, an Sehnenscheiden oder über Schleimbeutel bilden.

 

Was sind die Ursachen einer Gicht?

Bezüglich der Ursachen lassen sich zwei Formen unterscheiden:

  • Primäre Gicht: Bei dieser Form der Gicht handelt es sich um die Folge einer angeborenen Stoffwechselstörung -Lesch-Nyhan-Syndrom- (meist einer Nierenfunktionsstörung) mit ungenügender Ausscheidung der Harnsäure (in etwa 90 Prozent der Fälle) oder einer erhöhten Harnsäureproduktion (in etwa 10 Prozent der Fälle).
  • Sekundäre Gicht (kommt seltener vor, gilt jedoch bereits als Zivilisationskrankheit): So bezeichnet man alle nicht angeborenen Formen, die zum Beispiel durch falsche Ernährung mit zu viel Fleisch und Innereien (zu hohe Purin-Aufnahme führt bei ihrem Abbau im Körper zu vermehrter Harnsäurebildung) oder Alkoholkonsum (stört die Harnsäureausscheidung über die Nieren) bedingt sind. Weiters können auch schwere körperliche Belastung, Nierenerkrankungen, ein hoher Blutfettspiegel, Tumore oder bösartige Bluterkrankungen zu sekundärer Gicht führen. Längeres Fasten, eine entgleiste Zuckerkrankheit, manche Schmerzmittel (zum Beispiel Acetylsalicylsäure), bestimmte Medikamente (z.B. harntreibende Mittel), Abführmittel oder auch Zytostatika lassen den Harnsäurespiegel im Blut ansteigen.

Die Prävalenz bei der erwachsenen Bevölkerung in den sogenannten Industriestaaten liegt etwa bei 2%. Männer sind 10- bis 20-mal häufiger von Gicht betroffen als Frauen. Die Östrogene der Frau fördern nämlich die Ausscheidung der Harnsäure durch die Nieren. Zu einem merklichen Harnsäureanstieg im Blut kommt es bei Frauen üblicherweise erst in den Wechseljahren, wenn der Östrogenspiegel dramatisch sinkt.

 

Wie erfolgt die Diagnose von Gicht?

Am Beginn steht meist die Anamneseerhebung, danach wird etwa eine Tastuntersuchung auf Schmerzen hin erfolgen.

Mittels Blutprobe: Im Labor wird ein möglicher Anstieg des Harnsäurespiegels, der Leukozyten und der Blutsenkungsgeschwindigkeit gemessen.

Ist der Wert der Harnsäure bereits auf über acht Milligramm pro Deziliter (8 mg/dl) gestiegen, liegt das Risiko für einen Gichtanfall bei etwa 25 Prozent, bei einem Wert von über zehn Milligramm pro Deziliter (10 mg/dl) kommt es fast immer zum Gichtanfall.

Bei einem chronischen Verlauf sind auf dem Röntgenbild die typischen Verformungen und Gelenkzerstörungen zu erkennen.

Harnsäurekristalle (Uratsteine) lassen sich mittels Ultraschalluntersuchung des Gelenks sichtbar machen oder mittels direkter Gelenkpunktion feststellen.

 

Wie wird Gicht behandelt?

Zur symptomatischen Behandlung während des akuten Gichtanfalls gibt es Medikamente, die der Entzündung entgegenwirken und so den Schmerz lindern (z.B. Colchicin, eine Substanz aus den Samen der Herbstzeitlose). Wenn die Schmerzen rasch auf dieses Mittel ansprechen, dient es auch zur Absicherung der Diagnose.

Alternativ dazu wirken auch die nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR) entzündungshemmend und schmerzlindernd.

Für die Behandlung einer chronischen Gicht stehen zum Beispiel die Medikamentengruppe der Urikosurika (zur Hemmung der Harnsäureproduktion) sowie der Urikostatika (zur Senkung des Harnsäurespiegels) zur Verfügung.

 

Was kann ich bei Gicht selbst tun? Wie kann ich Gicht vorbeugen?

Um eine Gicht in den Griff zu bekommen bzw. ihr vorzubeugen, spielt die Ernährung eine wesentliche Rolle. Die wichtigsten Empfehlungen: den Genuss von Fleisch (besonders von Innereien wie Hirn, Bries, Leber, Nieren, Milz) einschränken. Alkohol, fette Fleisch- und Wurstwaren sowie fettreiche Fische und Meeresfrüchte sind weitgehend zu meiden. Wenn man die Zufuhr purinreicher Nahrungsmittel reduziert, erleichtert man dadurch dem Körper die Kontrolle über die Harnsäureproduktion. Weiters günstig: etwaiges Übergewicht sollte reduziert werden, Speisen sollte man kochen anstatt braten. Generell empfiehlt sich eine Kost mit Obst, Gemüse, Getreide- und Milchprodukten.

Zusätzliche Maßnahmen bei einem Gichtanfall: Viel Flüssigkeit (aber keinen Alkohol) trinken, um Harnsäure über die Nieren auszuscheiden.

 

Wann sollte ich zum Arzt?

Dringend  notwendig ist ein Arztbesuch (z.B. Allgemeinmediziner, Internist, Urologe) bei jedem Gichtanfall, bei Verdacht auf Gicht oder wenn in der Familie Gicht bekannt ist, damit der Harnsäurespiegel kontrolliert und einer möglichen Erkrankung vorgebeugt werden kann.

 

Weitere Informationen

Angaben zum Puringehalt von Nahrungsmitteln findet man zum Beispiel unter http://www.purintabelle.de/

 

Redaktion: Mag. Alexandra Wimmer

Fachliche Freigabe: Dr. Joachim Huber, Facharzt für Interne Medizin in Wien