Epilepsie
Zusammenfassung
Epilepsie ist eine anhaltende Bereitschaft des Hirns, eine nicht provozierte exzessive elektrische Aktivität zu erzeugen. Es ist eine Erkrankung mit unterschiedlichen Ursachen.
Was ist Epilepsie?
Eine Epilepsie liegt bei zwei oder mehreren nicht provozierten epileptischen Anfällen oder bei einem nicht provozierten epileptischen Anfall und einer entsprechenden Voraussetzung (Hirntumor, Gefäßmissbildungen, …) vor. Provozierte epileptische Anfälle entstehen z.B. bei Auftreten von Fieber, Schlafmangel oder Konsum von Alkohol.
Wie entsteht ein epileptischer Anfall?
Die Sinnesorgane, inneren Organe und der Bewegungsapparat des Körpers senden über die Nerven elektrische Impulse in das Hirn. Dort werden die elektrischen Signale über viele weitere Nervenzellen verarbeitet, damit der Mensch reagieren kann. Das Gehirn sendet über andere Nerven entsprechende elektrische Impulse in den restlichen Körper.
Diese komplexen Verschaltungen sind für die Symptome verantwortlich.
Wird nun in einem bestimmten motorischen Teil der Hirnrinde eine Entladung unkontrolliert frei, zuckt oder krampft der Arm. Betrifft die Entladung das gesamte motorische Hirnareal, krampft der ganze Körper. Die Entladungen in anderen Bereichen der Hirnrinde lassen die Patienten Bilder sehen, lösen Gerüche und psychische Empfindungen (Auren) aus oder betreffen das Bewusstsein (Absencen).
Bei einem epileptischen Anfall handelt es sich um eine gleichzeitige, massive elektrische Entladung der Nervenzellen in der Hirnrinde. Dieser Anfall kann nun provoziert oder nicht provoziert sein:
- Provozierte Anfälle: Fieber, Schlafmangel, Alkohol, Medikamente, Drogen, Stoffwechselstörungen.
- Nicht provozierte Anfälle: keine erkennbarer Auslöser.
Welche Ursachen der Epilepsie gibt es?
- Genetisch: Defekte in der Erbsubstanz.
- Strukturell/ metabolisch: strukturelle Defekte können nach Schlaganfällen, Blutungen, Tumoren, Gefäßmissbildungen, Infektionen des Hirns entstehen; durch Stoffwechselstörungen können die elektrischen Entladungen im Hirn ebenfalls entgleisen, z.B. bei einer Unterzuckerung (Hypoglykämie).
- Epilepsien mit unbekannter Ursache.
Welche Symptome haben epileptische Anfälle?
Bei den Symptomen unterscheidet man im Großen und Ganzen zwischen fokalen Anfällen, die nur Teile des Körpers betreffen, und generalisierten Anfällen, die den gesamten Körper betreffen.
Die meisten Anfälle dauern nur wenige Sekunden oder Minuten.
Es gibt tonisch klonische (zuckende) Anfälle, Grand-mal-Anfälle (den gesamten Körper betreffend) mit oder ohne Bewusstlosigkeit und Anfälle mit plötzlichen werfenden Bewegungen. Andere Anfälle verlaufen weniger dramatisch, z.B. haben manche Patienten nur eine schüttelnde Bewegung eines Armes oder ein Teil des Gesichtes zuckt. Andere Menschen hören auf zu sprechen und beginnen zu starren. Manche Patienten wissen, dass sie einen Anfall bekommen. Sie haben ein Gefühl oder einen Geruch als Vorboten, eine sogenannte Aura.
Wie erfolgt die Diagnose einer Epilepsie?
Durch das Arzt-Patienten-Gespräch (Anamnese), das Gespräch mit anwesenden Personen, die den Anfall beschreiben können oder mit dem Handy gefilmt haben, wird die Diagnose letztendlich gestellt. Die weiterführenden Untersuchungen erhärten und präzisieren die Diagnose. Die massive Entladung der Nervenzellen kann durch ein EEG (Elektroenzephalogramm) aufgezeichnet werden. Bei einem unauffälligen EEG können weitere EEGs (Nacht-EEG, Schlafentzugs-EEG, Video-EEG) durchgeführt werden. Unter den bildgeben Untersuchungen ist das MRT (Magnetresonanztomographie) zur strukturellen Abklärung die Methode der Wahl. Hier können Gefäßveränderungen, Narben, Tumore sehr genau erkannt werden.
Wie wird eine Epilepsie behandelt?
Die Medikamente, Antiepileptika oder Antikonvulsiva können Epilepsie nicht heilen, aber den Anfällen vorbeugen. Weitere Behandlungsziele sind eine gute Verträglichkeit der Antiepileptika, die Berücksichtigung von anderen Erkrankungen und die Medikamenteninteraktionen.
Bei therapieresistenten Epilepsien stehen folgende Verfahren zur Verfügung:
- Epilepsie-Chirurgie: Gelingt es, den Auslöser, den Fokus, von dem die Anfälle ihren Ausgang nehmen, zu identifizieren, kann operiert werden.
- Neurostimulationen: Für Patienten, die nicht für einen chirurgischen Eingriff geeignet sind. In Betracht kommt die Vagus-Nerv-Stimulation (VNS): ein Impulsgenerator, ähnlich einem Herzschrittmacher, wird an die Brustwand implantiert und mit einem bestimmten Nerv (Nervus vagus) im Halsbereich verbunden. Die elektrischen Entladungen im Gehirn werden dadurch gehemmt. Eine weitere Möglichkeit ist die tiefe Hirnstimulation, bei der die Elektroden im Hirn bestimmte Areale hemmen.
Wie ist der Krankheitsverlauf einer Epilepsie?
Etwa die Hälfte aller Patienten ist mit dem ersten Medikament anfallsfrei. Die andere Hälfte benötigt ein anderes Antiepileptikum oder eine Kombination. Reichen die medikamentösen Maßnahmen nicht aus, spricht man von einer Therapieresistenz.
Eine Schwangerschaft hat keinen Einfluss auf die Anfallsfreiheit.
Wie wird Erste Hilfe bei einem epileptischen Anfall geleistet?
- Ruhe bewahren: Für anwesende Personen sind generalisierte Anfälle (Grand-mal-Anfälle) sehr dramatisch. Meistens dauern die Anfälle nur wenige Minuten.
- Aura: Bei Vorboten den Patienten rechtzeitig hinlegen lassen.
- Schutz: Achten Sie darauf, dass der Patient im Anfall sich selbst nicht verletzt, z.B. durch eckige, spitze Gegenstände in der Umgebung, und dass der Patient nicht durch seine Umgebung verletzt wird, z.B. im Straßenverkehr.
- Anfall beobachten und dokumentieren, evtl. filmen. Die Information hilft dem Arzt bei der Diagnostik und Therapie.
- Mund in Ruhe lassen: Keine Keile in den Mund stecken, es ist nicht erforderlich. Patient und Ersthelfer würden sich verletzen.
- Anfallende: Patient in die stabile Seitenlage bringen.
- Rettung verständigen.
Weitere Informationen:
www.epilepsie.at/php/portal.php
Redaktion und fachliche Freigabe: Dr. Christian Benisch, Arzt für Allgemeinmedizin in Wien
Datum: 13. Dezember 2018
Kategorien: Krankheiten