Chronische Wunde (Wundheilungsstörung, Wundheilung)

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Zusammenfassung
Chronische Wunden sind Hautdefekte, die sich auch nach einer Behandlungszeit von bis zu acht Wochen nicht schließen lassen. Häufig sind Menschen in fortgeschrittenem Alter oder mit chronischen Erkrankungen betroffen.

Was ist eine chronische Wunde?

Im Rahmen bestimmter Grunderkrankungen wie etwa Stoffwechselstörungen (z.B. Diabetes), Übergewicht, Mangelernährung oder Mangeldurchblutung verschiedener Ursache kommt es gehäuft zur Ausbildung sogenannter chronischer Wunden. Treten sie am Fuß auf, spricht die Medizin von einem Ulcus cruris, im Volksmund vom „offenen Fuß“. Das heißt, eine chronische Wunde ist keine Erkrankung an sich, sondern selbst Symptom – also Anzeichen – einer anderen Grunderkrankung, die gefunden werden muss.

Es handelt sich dabei zunächst um einen Hautdefekt, der oft ohne massives Trauma (Gewalteinwirkung) auftritt und sich trotz Behandlung nicht mehr verschließt. Hierbei gilt es, zu beachten, dass es sich um eine winzige „Bagatellverletzung“ handeln kann, die anfangs kaum Beschwerden macht und gleichsam übersehen wird.  In der Folge kann es zur Ausweitung sowohl in die Breite als auch in die Tiefe kommen. Chronische Wunden sind die häufigste Ursache für Amputationen in Österreich. Insbesondere im Zusammenhang mit Diabetes von Typ II (DM-II) spricht man auch vom „Diabetischen Fuß-Syndrom“. Moderne Behandlungsmöglichkeiten haben daran nichts geändert.

 

Wie entsteht eine chronische Wunde?

Unter normalen Umständen sind Haut und Bindegewebe ausreichend gut mit Blut, Sauerstoff und Nährstoffen versorgt, sodass Wunden binnen 10 Tagen rasch abheilen. Liegen nun Störungen in Form nicht oder nicht im vollen Ausmaß bekannter oder unzureichend behandelter Grunderkrankungen vor, kommt es im Bereich der Haut und des angrenzenden Gewebes zu einer Mangelversorgung. Die Zellen des Gewebes werden nicht mehr ausreichend ernährt. Eine gestörte Wundheilung ist die Folge.

Häufig wird das Problem zunächst völlig unterschätzt oder versucht, die Wunde zu schließen, ohne nach der zugrundeliegenden Erkrankung zu suchen. In diesen Fällen gelingt die Wundheilung nicht, da sich durch bloße Wundbehandlung die grundsätzliche Versorgungssituation der Haut bzw. des Gewebes nicht verbessert.

Massive Komplikationen mit weitreichenden Konsequenzen bis hin zu Blutvergiftung und Beinamputation können die Folge sein, wenn eine chronische Wunde ignoriert und nicht behandelt wird. Mehr als 50 % der Betroffenen sind jünger als 60 Jahre.

 

Wie erkenne ich eine chronische Wunde?

Vereinfacht gesprochen, ist es eine Wunde, die trotz wochenlanger Behandlung nicht „zugeht“.

 

Wie erfolgt die Diagnose einer chronischen Wunde?

Der Arzt beurteilt sie über das klinische Erscheinungsbild.

 

Was tun bei chronischen Wunden?

Im Idealfall erfolgt die Versorgung in einer Spezialambulanz oder ist in eine Diabetes-Ambulanz integriert, da Diabetes die häufigste Grunderkrankung ist, die hinter chronischen Wunden steckt. Weitere häufige Grunderkrankungen sind venöse bzw. arterielle Durchblutungsstörungen oder Mangelernährung im Sinne einseitiger Ernährung – vor allem bei alten Menschen und hier vor allem bei jenen mit Pflegebedarf.

Die wichtigste Maßnahme ist, herauszufinden, welche Grunderkrankung vorliegt. Sie muss unbedingt behandelt werden, um die ausreichende Versorgung des betroffenen Gewebes mit Nährstoffen wiederherzustellen. Sonst kann die eigentliche Wundbehandlung nicht erfolgreich sein.

Keinesfalls sollte die Wunde im Verlauf der Behandlung austrocknen, da man heute davon ausgeht, dass eine feuchte Umgebung günstig für den Verlauf der Heilung ist. Auch sollten im Regelfall nicht täglich Desinfektionsmittel verwendet werden, da sie die Wundheilung hemmen. Nicht angewendet werden dürfen Antibiotikacremes. Lokaltherapeutika in Salbenform sind zu vermeiden, da damit das Bakterienwachstum gefördert werden kann, weil sie die Wundoberfläche verschließen.

Bei der Versorgung müssen immer Einmalhandschuhe getragen werden. Man sollte beim Verbandwechsel (alle zwei bis drei Tage, außer es treten Schmerzen auf) auf sehr hygienische Verhältnisse achten und altes Verbandmaterial sofort entsorgen. Für Landwirte mit chronischen Wunden herrscht wegen der Infektionsgefahr strengstes Stallverbot.

 

Wie kann ich chronischen Wunden vorbeugen?

Die wichtigste Form der Vorbeugung ist immer die Behandlung der Grunderkrankung.

Insbesondere Diabetiker sollten regelmäßig ihre Füße kontrollieren, da sich die Wunde aufgrund der diabetischen Nervenzerstörung (Polyneuropathie) nicht durch Schmerzen bemerkbar macht. Das bedeutet, der Patient ist Träger einer Wunde, die er gar nicht merkt, weil keine Schmerzen auftreten. Auf geeignetes Schuhwerk, das keine Druckstellen erzeugt, ist zu achten. Im Einzelfall kommen orthopädische Spezialschuhe zum Einsatz, die von der Krankenkasse gelegentlich bezahlt werden

Vor allem bei alten Menschen ist auf eine ausgewogene Ernährung zu achten. Das berühmte Kipferl mit Kaffee ist nicht die richtige Lösung. Bei Beiß- oder Schluckproblemen stehen Spezialgetränke zur Verfügung.

Die wesentlichsten Faktoren, die es im Umfeld chronischer Wunden zu beachten gilt, sind:

  • Ernährungszustand
  • Begleiterkrankungen/Grunderkrankungen wie z.B. Diabetes
  • Durchblutungssituation
  • Immunstatus/Abwehrsituation
  • Mobilität/Bewegungsarmut/ständiges Liegen
  • Alter des Patienten
  • Psychosoziale Patientensituation
  • Medikamente (negativen Einfluss auf die Wundheilung haben Immunsuppressiva, Zytostatika, z.Tl. Schmerzmittel, Glucosteroide, Gerinnungshemmer)
  • Rauchen, Alkohol, Drogen

 

Wie verläuft eine chronische Wunde?

Je länger die chronische Wunde besteht, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit von Komplikationen. Das gilt auch für Falschbehandlung im Sinne einer Nicht-Behandlung der dahinterstehenden Grunderkrankung.

Eine einfache Komplikation ist die Infektion. Von einer Wundinfektion spricht man erst, wenn die Keime der Wundflora eine Entzündung hervorrufen, die klassischerweise mit Rötung, Überwärmung, Schwellung, Schmerzen und Funktionseinschränkung verbunden. Weiters beginnt eine infizierte Wunde stärker zu nässen. Aber Achtung: Nicht alle gelben Beläge auf einer solchen Wunde sind Eiter, sondern meist sogenannte seröse Beläge, ohne die eine Wundheilung gar nicht zustande kommen kann. Entscheidend ist das Auftreten der oben angeführten Entzündungszeichen. Spätestens bei Auftreten von Schmerzen besteht ärztlicher Handlungsbedarf.

Die fehlende rechtzeitige Therapie mündet unweigerlich in die Amputation – anfangs oft einzelner Zehen, dann des Fußes und schließlich des Beines. Diabetiker machen 40 bis 60 Prozent der nicht traumatischen Beinamputationen aus, die meisten Betroffenen im Seniorenalter sind pflegebedürftig, und die Sterblichkeit ist rund um die Beinamputation sehr hoch. Mit den zunehmenden Diabetesfällen steigen die Amputationszahlen in Österreich: Die letzten Zahlen aus 2006 liegen mit 2.562 Eingriffen um elf Prozent über dem Wert von 2002. Die Tendenz ist weiter steigend, weil das Problem völlig ignoriert wird. Derzeit liegen die Zahlen konstant bei einer jährlichen Amputationsrate von 6/10.000 ÖsterreicherInnen, mit einem Diabetikeranteil von 38 % (Quelle GKK).

 

Wann sollte ich einen Arzt bei einer Wunde aufsuchen?

Jede Wunde, die nicht binnen zehn Tagen heilt, könnte sich zu einer chronischen Wunde entwickeln.

 

Welche Hausmittel gibt es bei einer offenen Wunde?

Hände weg von „Hausmitteln“ bei allen Formen von Wunden. Pflanzliche Therapie kann zwar grundsätzlich zur Anwendung kommen, sollte aber nur von ausgewiesenen Fachleuten eingesetzt werden, da sie sonst vor allem zu Infektionen der Wunde führt.

 

Weitere Informationen:

www.a-w-a.at

www.apupa.at

 

Redaktion: Dr. Wolfgang A. Schuhmayer

Fachliche Freigabe: Univ.-Prof. Dr. Gerald Zöch, Facharzt für Chirurgie, 1140 Wien, www.zoech.com