Bettnässen

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Zusammenfassung
Bettnässen ist das regelmäßige oder episodenhafte Einnässen ab dem fünften Lebensjahr. Das kann regelmäßig oder auch nur manchmal (episodenhaft) erfolgen.

Was versteht man unter Bettnässen?

Von Bettnässen spricht man, wenn ein Kind ab dem fünften Lebensjahr in der Nacht regelmäßig oder episodenhaft einnässt. Das nächtliche Einnässen ist das zweithäufigste chronische Leiden im Kindesalter: 15 bis 20 Prozent der Fünfjährigen und fünf Prozent der Zehnjährigen sind Bettnässer.

 

Was sind die Ursachen für Bettnässen?

Bettnässen ist auf ein Missverhältnis zwischen der Blasenkapazität (= Aufnahmefähigkeit von Flüssigkeit) und der nächtlichen Harnproduktion zurückzuführen. In Österreich sind davon insgesamt rund 60.000 Kinder betroffen. Mögliche Ursachen für das nächtliche Einnässen:

  • Funktionell: eine (noch) zu kleine Harnblase.
  • Eine anlagenbedingte Entwicklungsverzögerung, aufgrund derer die Verbindung zwischen Blase und Gehirn noch nicht richtig ausgebildet ist. Dies hat zur Folge, dass die betroffenen Kinder bestimmte Reize wie ein Blasenfüllgefühl nicht richtig einordnen können.
  • Die verminderte Produktion des antidiuretischen Hormons (ADH), das den Wasserhaushalt steuert und die Harnproduktion in der Nacht drosselt. Während  üblicherweise bis zu 20 Milliliter Harn pro Nachtstunde produziert werden, sind es bei einem bettnässenden Kind bis zu 50 Milliliter.
  • genetisch: War ein Elternteil Bettnässer, ist das Kind mit einer Wahrscheinlichkeit von 43 Prozent davon betroffen, waren Vater und Mutter betroffen, ist das Kind zu 77 Prozent ebenfalls Bettnässer.
  • Psychische Ursachen, z.B. psychosozialer Stress, sind hingegen sehr selten für kindliches Bettnässen verantwortlich.

Bei der „primären Enuresis“ (ein Kind ist nach dem 5. Lebensjahr noch nicht trocken), die 80 Prozent der Fälle betrifft, stehen vor allem organische Ursachen im Vordergrund. Bei der deutlich selteneren „sekundären Enuresis“ (ein Kind nässt, nachdem es bereits zumindest sechs Monate trocken war, wieder ein) spielen wahrscheinlich psychische Ursachen die Hauptrolle, z.B. Geburt eines Geschwisterkinds, Trennungserlebnis, Streitigkeiten in der Familie.

 

Wie erfolgt die Diagnose von Bettnässen?

In einer Anamnese muss zuerst abgeklärt werden, ob das Einnässen nur in der Nacht oder auch tagsüber auftritt. In letzterem Fall spricht man nicht von Bettnässen, sondern kindlicher Harninkontinenz bzw. Enuresis diurna.
Die Erstuntersuchung beinhaltet außerdem:

  • eine Begutachtung des Genitales
  • eine grobe neurologische Untersuchung
  • eine Ultraschalluntersuchung von Nieren und Harnblase
  • eine Untersuchung des Urins

Außerdem muss ein Miktionsprotokoll erstellt werden: Dazu führt man für zwei bis drei Tage genau Buch über die Trink- und die Harnmenge; zu diesem Zweck muss das Kind auch in der Nacht zwei Mal geweckt werden.
Erst auf Basis des Miktionsprotokolls kann über die richtige Behandlung entschieden werden.

 

Wann sollte Bettnässen behandelt werden?

  • Wenn das Kind fünf Jahre und älter ist und öfter als ein bis zwei Mal pro Woche einnässt.
  • Wenn das Kind von sich aus trocken werden möchte.

Unbehandelt kann das Symptom bis ins Erwachsenenalter fortdauern, dies ist bei rund ein bis zwei Prozent der Betroffenen der Fall. Demnach sind in Österreich zwischen 30.000 und 70.000 Erwachsene Bettnässer.

 

Wie wird eine Enuresis nocturna behandelt?

  • Reduktion der nächtlichen Harnmenge durch eine reduzierte Trinkmenge am Abend oder ein Medikament (Desmopressin, ein synthetisch erzeugter Eiweißstoff), das wie das antidiuretische Hormon (ADH) die Harnproduktion hemmt. Ein ADH-Mangel wird in 70 bis 80 Prozent der Fälle mit Desmopressin erfolgreich behandelt.
  • Steigerung der Blasenkapazität durch Blasentraining (das Kind versucht durch Zurückhalten des Urins die Blasenfasskraft zu erhöhen) oder durch die Einnahme eines Medikaments (Anticholinergika), das die Blasenmuskulatur entspannt.
  • Verhaltenstherapie mittels Weckapparaten (= apparative Verhaltenstherapie): Dabei wird ein Gerät zur Feuchtigkeitsmessung (= Weckapparat) appliziert, das, sobald Feuchtigkeit (= Harn) an den Messfühler gelangt, ein Alarmsignal abgibt. Dadurch wird das Kind geweckt und der Miktionsreflex unterbrochen. Die durchschnittliche Behandlungsdauer liegt bei sieben bis zwölf Wochen.
  • Psychotherapie kann insbesondere dann erfolgreich sein, wenn das Bettnässen nicht isoliert, sondern gemeinsam mit anderen Verhaltensauffälligkeiten auftritt.

 

Welche Hausmittel helfen gegen Bettnässen?

Angeführt werden einige Kräuterteemischungen mit unterschiedlichsten Zutaten, die über den Tag verteilt getrunken werden sollen. Auch Bach-Blütenmischungen stehen zur Verfügung. Die Methoden werden aber widersprüchlich diskutiert.

 

Weitere Informationen:

www.initiative-trockene-nacht.de

 

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Redaktion: Mag. Alexandra Wimmer

Fachliche Freigabe: Prim. Univ.-Prof. Dr. Stephan Madersbacher, Vorstand der Abteilung für Urologie am Sozialmedizinisches Zentrum Süd