Kopfschmerzen bei Kindern: Hilfe gegen kindliche Migräne & Co.

© panthermedia.net, David Castillo Dominici

Experten schlagen Alarm: Kopfschmerzen (Cephalea) gehören inzwischen für immer mehr Kinder zum Alltag. Die Gründe sind vielfältig. Diagnostik und Therapie des kindlichen Kopfwehs erfordern Geduld und Fingerspitzengefühl.

Die Beobachtung, dass Kindern zunehmend “der Schädel brummt“ mag einerseits darauf beruhen, dass die Medizin dem Thema Kinderkopfschmerz heute mehr Aufmerksamkeit schenkt als früher. Andererseits leben Kinder jetzt auch unter anderen Bedingungen. Etwa mit technischen Errungenschaften (z.B. Computer), die – zumindest bei zu intensivem Gebrauch – Kopfschmerzen auslösen können.

Bis zu 20 Prozent aller Kinder im Vorschulalter sollen bereits Erfahrungen mit Kopfweh haben, nach Abschluss der Volksschule sogar ca. 90 Prozent. Nun gibt es auch bei Kindern zahlreiche Arten von Cephalea (z.B. unzureichend behandelte Fehlsichtigkeiten oder Kieferfehlstellungen). Die Spitzenreiter heißen aber – ebenso wie bei Erwachsenen – Spannungskopfschmerzen und Migräne. Allerdings äußern sie sich bei Kindern zumindest teilweise mit anderen Symptomen. Noch ein Unterschied: Nicht alle Medikamente zur Bekämpfung von Kopfschmerzen bei Erwachsenen eignen sich auch für Kinder.

Spannungskopfschmerzen bei Kindern

Spannungskopfschmerzen äußern sich bei Kindern mit den gleichen Symptomen wie bei Erwachsenen. Sie sind dumpf-drückend bis ziehend, treten meistens auf beiden Seiten des Kopfes auf, breiten sich häufig vom Nacken zur Stirn oder vice versa aus und betreffen auch die Augen oder Wangen. Sie sind eher mäßiger Natur und verstärken sich nicht bei körperlicher Bewegung.

Migräne bei Kindern

Genauso wie bei Erwachsenen kommt es bei Kindern mit Migräneattacken zu pulsierenden oder pochenden Schmerzen, die sich jedoch – anders als bei Erwachsenen – nicht nur auf eine Kopfseite beschränken, auch die Stirn betreffen und kürzer dauern. Von den für die Migräne typischen Begleitsymptomen (Übelkeit, Erbrechen, Licht-, Lärm- und Geruchsempfindlichkeit) treten bevorzugt Übelkeit und Erbrechen auf. Auch bei Kindern kann es kurz vor einem Migräneanfall zu einer sogenannten Aura – das sind spezielle Wahrnehmungen wie z.B. Lichtblitze oder Flimmern vor den Augen, Parästhesien (Gefühlsstörungen) in den oberen Extremitäten oder Sprachstörungen – kommen. Ebenso möglich ist ein Alice im Wunderland-Syndrom (“phantastische Bilder“, Halluzinationen).

Typisch für Kinder mit einer akuten Migräneattacke ist, dass sie mit ihren Aktivitäten (spielen, lernen etc.) aufhören, blass werden, sich hinlegen wollen und nach dem Nickerchen dann weitgehend beschwerdefrei aufwachen. Manche Kinder haben “nur“ wiederkehrende Schwindelattacken mit Übelkeit und Erbrechen ohne Kopfschmerzen, was als eine Art Migräne-Vorstufe zu werten ist, weil solche Kinder häufig später im Leben eine voll ausgeprägte Migräne entwickeln.

Kindliche Kopfschmerzen erkennen

Außer Frage steht, dass Kopfschmerzen bei Kindern ernst genommen werden müssen. Auch wenn in den meisten Fällen Spannungskopfschmerzen und/oder eine Migräne vorliegen, kann es sich in einzelnen Fällen doch auch um sogenannte sekundäre Kopfschmerzen (als Ausdruck einer anderen Krankheit) handeln, deren Ursache unbedingt abgeklärt gehört.

Meist genügen eine Beschreibung des Schmerzes sowie eine körperliche und neurologische Untersuchung, damit der Arzt die richtige Diagnose stellen kann. Nur gelegentlich werden weitere diagnostische Schritte wie z.B. Röntgenaufnahmen oder eine Magnetresonanztomographie (MRT) notwendig. Etwa zum Ausschluss von – im Kindesalter eher selten vorkommenden – Kopfschmerz erzeugenden Erkrankungen (z.B. Hirnblutung, -tumor, Hirnhautentzündung). Hilfreich zur richtigen Diagnosefindung ist jedenfalls ein Kopfschmerz-Tagebuch, in dem Art, Stärke und Dauer der Schmerzen sowie Situationen, in denen sie auftreten, aufgezeichnet werden.

Kindliche Kopfschmerzen behandeln

Wenn möglich – etwa bei leichten oder nur gelegentlichen Kopfschmerzen – sollte nicht medikamentösen Maßnahmen (z.B. Ruhe, Entspannung, Beschäftigung mit Positivem, Bewegung an der frischen Luft) der Vorrang gegeben werden. Stärkere Kopfschmerzen erfordern die Gabe entsprechender Arzneien. Hier gilt es zu beachten, dass sich nicht jedes für Erwachsene taugliche Analgetikum (Schmerzmittel) auch für Kinder eignet. So kann z.B. Acetylsalicylsäure (z.B. in Aspirin(®) bei Kindern ein Reye-Syndrom (auch: Reye-Morgan-Baral-Syndrom) mit Erbrechen, Somnolenz (Benommenheit), Lethargie (abnorme Schläfrigkeit), ständigem Schreien und einer Leberfunktionsstörung auslösen. Deshalb darf die Verabreichung von Schmerzmitteln nicht in Form einer unkontrollierten Selbstmedikation, sondern nur nach ärztlichem Rat erfolgen.

Ähnliches gilt für Migräne-Attacken: Bei leichter Ausprägung helfen oft schon Hinlegen, Ruhe, Abdunkelung und ein wenig Schlaf. Außerdem das Auflegen eines kalten Tuchs auf die Stirn. Bei Verträglichkeit ev. auch sanftes Einreiben von Pfefferminzöl an Schläfen (Vorsicht: Augenreizung!), Scheitel und Nacken, die Anwendung von Pestwurz-Zubereitungen oder einer TENS (transkutane elektrische Nervenstimulation, Reizstromtherapie). Geht es nicht ohne Medikamente, ergibt sich auch hier das Problem, dass nicht alle für Erwachsene wirksamen Mittel (z.B. Ergotaminpräparate) bei Kindern Anwendung finden dürfen.

Als für Kinder geeignete Arzneien sowohl gegen Migräne als auch Spannungskopfschmerzen werten Experten derzeit Analgetika wie Ibuprofen und Paracetamol, bei Bedarf auch das Antibrechmittel Domperidon. Häufige und/oder schwere Migräneanfälle können eine vorbeugende Medikation, z.B. mit einem Betablocker, erfordern. Ob und welche Präparate hier zum Einsatz kommen, ist mit einem Migräne-Spezialisten bzw. an einer Kopfschmerzambulanz zu klären. Diese prophylaktische Medikamentengabe will die Häufigkeit, Dauer und Schwere der Migräneattacken vermindern. Ihr Erfolg kann erst nach Monaten beurteilt werden. Die Einnahme dieser Arzneien soll nur so lange wie nötig fortgesetzt werden.

Leiden Kinder an chronischen, d.h. (fast) täglichen Kopfschmerzen (Chronic Daily Headache, CDH), ist es nicht ratsam, diese mit Analgetika zu bekämpfen. Sonst kommt es zur dritthäufigsten Form der Cephalea, dem Schmerzmittelkopfschmerz (Schmerzmittelinduzierter Kopfschmerz). Er kommt durch einen zu regen Analgetikakonsum zustande und soll laut Österreichischer Schmerzgesellschaft bei einem halben Prozent aller Kinder hierzulande auftreten. Typischerweise zeigt er sich als bereits beim Aufwachen vorhandener, beidseitiger Dauerkopfschmerz, der den ganzen Tag lang anhält und bei körperlicher Belastung zunimmt. Bei Erwachsenen helfen hier vorbeugend verabreichte Antidepressiva, deren Nutzen für Kinder aber bislang unbewiesen ist, weshalb nicht-medikamentöse Maßnahmen zur Prophylaxe (Vorbeugung) einer chronischen Cephalea bevorzugt werden sollten.

Kindlichen Kopfschmerzen vorbeugen

Um die Frequenz kindlicher Kopfschmerzen zu reduzieren genügen oft einfache, aber wichtige Maßnahmen wie regelmäßige Bewegung an der frischen Luft und konstante Schlaf- und Essenszeiten. Außerdem – mithilfe eines Kopfschmerz-Kalenders – die Fahndung nach potenziellen Auslösern der Kopfschmerzen (z.B. bei Migräne bestimmte Nahrungsmittel) und die Aufdeckung psychischer Belastungen wie etwa schulischer oder familiärer Probleme. Ihr folgt die Vermeidung (z.B. mit Entspannungsübungen wie z.B. geführten Fantasiereisen oder Biofeedback) oder Behebung (z.B. psychologische oder psychotherapeutische Interventionen) der Verursacher.

Ab wann zum Arzt?

Auf jeden Fall, wenn ein Kind regelmäßige oder immer wiederkehrende Kopfschmerzen hat. Zwecks Diagnosestellung und Einleitung einer adäquaten Behandlung. Außerdem wenn einfache Maßnahmen (Schlaf, kühles Tuch auf der Stirn etc.) oder bisher erfolgreiche Therapien nicht helfen bzw. die Schmerzen stundenlang andauern. Abgesehen davon wenn bei bereits bekannten Spannungskopfschmerzen oder Migräne die Schmerzen häufiger und stärker werden oder sich in ihrer Art ändern oder wenn neue Symptome (z.B. Krampfanfälle) auftreten.

Eine unverzügliche ärztliche Versorgung muss erfolgen, wenn Kopfschmerz bei Kindern sehr plötzlich und heftig einsetzt, zusätzlich hohes Fieber und/oder starkes Erbrechen besteht sowie eine Nackensteife (Kind kann den Kopf nicht beugen) und/oder Benommenheit vorliegt. Außerdem wenn Kopfschmerzen von einem Krampfanfall oder neurologischen Erscheinungen wie Seh- und Sprachstörungen, Schwäche in Armen und Beinen oder einer Gangunsicherheit begleitet werden.

 

Weiter führende Links:
Ratgeber für Eltern
Kopfschmerzforum
Kopfschmerztagebuch für Kinder
Kinderkopfschmerz-Fragebogen

Weitere Ratgeber/Krankheitsbilder zum Thema Kopfschmerzen:
Spannungskopfschmerzen
Migräne

Links zu unserem Lexikon:
Kopfschmerzen
Migräne
Pestwurz-Flüssigextrakt
Pfefferminzöl
Pestwurzblätter-Tee