Tropeninfektion: Souvenir der besonderen Art

Tropenreisen versprechen Sonne, Wärme, fremde Kulturen, exotische Landschaften – und wenn man Pech hat, Infektionen mit Parasiten, die im wahrsten Sinn des Wortes unter die Haut gehen. Wie etwa bei der Bilharziose, Larva migrans cutanea, Leishmaniose, Lymphatische Filariose oder Loa Loa.
Reisen in die Tropen hinterlassen Andenken. Manchmal auch unerwünschte. Denn in den warmen Zonen fühlen sich so manche Parasiten heimisch, die nur darauf warten, einen Wirt zu finden. Eine Tropeninfektion ist die Folge.
Bilharziose
Pärchenegel (Schistosomen, Bilharzien), eine Art Würmer, verursachen in tropischen und subtropischen Regionen (v.a. Afrika, Asien, Südamerika) eine weit verbreitete Infektion, die Schistosomiasis (Bilharziose). Sie brauchen als Zwischenwirte spezielle Süßwasserschnecken, in denen sie einen Teil ihrer Entwicklung durchlaufen. Mit den Parasiten infizierte Schnecken hinterlassen im Wasser große Mengen an winzigen, mit freiem Auge nicht erkennbaren Zerkarien (Gabelschwanzlarven), die sich dort Endwirte (z.B. Menschen) suchen, in denen sie ihren Entwicklungszyklus zum fertigen Wurm vollenden. Haben sie ein passendes Opfer gefunden, durchdringen sie dessen Haut, was Juckreiz oder auch Hautveränderungen wie Rötungen oder Bläschen auslösen kann. Hierzu genügt bereits ein kurzer Kontakt mit verseuchtem Süßwasser.
Je nach Schistosomenart (Schistosoma mansoni, Schistosoma haematobium, Schistosoma japonicum, Schistosoma intercalatum oder Schistosoma mekongi) leben die Würmer in verschiedenen Organen, ohne Symptome zu erzeugen. Sie legen aber massenhaft Eier, die den menschlichen Organismus via Kot oder Urin verlassen, um den Fortbestand der Schistosomen zu sichern. Gelangen sie in Gewässer, schlüpfen daraus Wimpernlarven (Mirazidien), die für ihre Reifung zu Zerkarien die Süßwasserschnecken brauchen. So schließt sich der Entwicklungskreislauf der Parasiten.
Ein Teil der Eier verbleibt jedoch im menschlichen Gewebe, stirbt ab und ruft so die gefürchteten Entzündungsreaktionen hervor. Bei manchen Infizierten kommt es einige Wochen nach der Infektion bedingt durch die erste Eiablage zum Katayama-Fieber, einer Tage bis Wochen dauernden Akutreaktion mit Symptomen wie hohem Fieber, Schüttelfrost, Kopf-, Bauch- und Gelenkschmerzen, einer Hepatosplenomegalie (Leber- und Milzvergrößerung) und Lymphknotenschwellungen. In dieser im Spital zu behandelnden Phase lassen sich noch keine Wurmeier nachweisen, sondern lediglich eine für parasitäre Erkrankungen typische erhöhte Zahl an eosinophilen Granulozyten (bestimmte weiße Blutkörperchen).
Unbehandelt folgt ein chronischer Krankheitsverlauf, der als Reaktion auf abgestorbene Eier entsteht. Infolge der daraus resultierenden Vernarbungen führt er zu schweren Funktionsstörungen der befallenen Organe. Über Jahre hinweg entwickelt sich so in Abhängigkeit von der Schistosomen-Art
- eine intestinale Schistosomiasis: Schleimhautwucherungen im Darm mit Bauchschmerzen und (blutigen) Durchfällen
- eine urogenitale Schistosomiasis: Blut im Harn, vermehrter Harndrang, Verengungen der Harnröhre und -leiter, Veränderungen der Blasenwand und Geschlechtsorgane mit erhöhtem Risiko für Harnblasenkrebs und Unfruchtbarkeit
- eine hepatolienale Schistosomiasis: Vergrößerung von Leber und Milz, Leberzirrhose
- andere Schistosomiasis-Formen z.B. in der Lunge, Niere, Haut, dem Gehirn oder Rückenmark
Der Nachweis von Eiern im Harn, Stuhl oder Biopsien (Gewebeproben) bzw. Antikörpern im Blut sichert die Diagnose. Behandelt wird die Infektion mit hochwirksamen Wurmmitteln wie Praziquantel. Da es gegen Schistosomiasis weder eine Impfung noch eine Chemoprophylaxe gibt, bleibt zur Vorbeugung einer Infektion nur die Vermeidung von Süßwasser in den Verbreitungsgebieten der Bilharzien. Wer vermutlich mit Schistosomen in Kontakt gekommen ist, sollte sich etwa drei Monate nach der Rückkehr von der Reise einem Antikörpertest unterziehen.
Larva migrans cutanea
Vor allem in warmen und feuchten Gebieten, z.B. an verunreinigten Stränden, dringen Hakenwurmlarven im Kot befallener Hunde oder Katzen – z.B. beim Barfußgehen oder direktem Sitzen/Liegen im Sand – durch die Haut. Sie wandern über Wochen bis Monate unter der Haut, weshalb die Krankheit auch Hautmaulwurf oder Creeping disease heißt. Und verursachen einen intensiven Juckreiz sowie einen Hautausschlag (gerötete, fadenförmige Streifen mit bizarren, gewundenen Mustern, manchmal auch Bläschenbildung), der die Wanderroute der Parasiten verrät. Reagiert der Infizierte auf den Juckreiz mit Kratzen, ebnet das zusätzlichen bakteriellen Infektionen den Weg.
Die Diagnose des Hautmaulwurfs beruht auf seinen leicht erkennbaren charakteristischen schlangenförmigen Spuren und dem Juckreiz. Da der Mensch für die Würmer, die normalerweise nur Tiere befallen, einen Fehlwirt darstellt, heilt die Infektion von selbst aus. Der unerträgliche Juckreiz bringt die Erkrankten jedoch dazu, für Abhilfe per Wurmmittel zu sorgen.
Infektionen mit Larva migrans cutanea vorbeugen lässt sich, indem man vermeidet, auf Böden die mit Hunde- oder Katzenkot verunreinigt sein könnten, barfuß zu gehen, am Strand Plätze aufsucht, die von der Flut (entfernt den Kot) gespült werden und dort Badetücher oder Matten verwendet.
Wandern die Larven tierpathogener Nematoden (Fadenwürmer, z.B. Toxocara cati, Toxocara canis, Gnathostoma) im Zuge ihrer ziellosen Wanderung in innere Organe ein, spricht man von einer Larva migrans visceralis. Je nach befallenem Organ kann das unterschiedliche Beschwerden hervorrufen.
Leishmaniose
Leishmanien werden durch den Stich infizierter Mücken übertragen oder das Zerquetschen der Mücken auf nicht intakter Haut. Je nach Art der Parasiten kommt es zu unterschiedlichen Formen:
- Haut-Leishmaniose: Es entsteht zuerst eine Rötung, dann eine zunehmende Schwellung und schließlich ein schmerzloses Hautgeschwür, auch genannt Orientbeule, das nach einigen Monaten narbig abheilt.
- Schleimhaut-Leishmaniose: Der Parasit befällt Haut und Schleimhäute, bildet an den Nasen- und Rachenschleimhäuten und Lippen Geschwüre. Durch die Zerstörung von Haut, Muskulatur und Knorpel können schwere Entstellungen im Gesicht entstehen.
- Eingeweide-Leishmaniose: Organe wie Haut, Milz und Leber werden befallen und in ihren Funktionen gestört. Dann spricht man von einer Kala Azar (schwarze Krankheit). Je nach Art des Organbefalls kommt es zu Symptomen wie Bauchschmerzen, Durchfall, Gewichtsverlust, Fieber, Blutbildveränderungen, einer Hepatosplenomegalie, Haarausfall, Ödemen (vermehrte Wassereinlagerungen im Gewebe) oder Blutungen. Diese Form der Leishmaniose kann zum Tod führen.
Rechtzeitig erkannt ist die Leishmaniose mit Wurmmitteln behandelbar. Verhindern lässt sich die Infektion per Expositionsprophylaxe.
Lymphatische Filariose
Die lymphatische Filariose (LF) ist das Ergebnis einer von Stechmücken übertragenen Infektion mit Mikrofilarien (Larven) von vor allem in Südostasien und Indonesien vorkommenden Wurmarten wie Brugia malayi und Brugia timori sowie der in Mittel- und Südamerika, Asien und Afrika ansässigen Wuchereria bancrofti. Im menschlichen Organismus entwickeln sie sich zu geschlechtsreifen Würmern, die in den Lymphknoten und Lymphgefäßen leben, sich dort zu Knäueln anordnen, die die Gefäße verengen können. Die Folge ist ein Lymphstau, der schlimmstenfalls in Form einer Elephantiasis (extreme Vergrößerung von Körperteilen, meist Extremitäten, durch behinderten Lymphabfluss) zutage tritt. Verhindern lässt sich eine LF mit Expositionsprophylaxe (Mückenabwehr z.B. durch Repellents, Kleidung, Moskitonetze). Therapie der Wahl ist ein Wurmmittel.
Loa Loa
Die Loa-Loa-Infektion (Calabar-Schwellung, Augenwurm, Wanderfilarie, Kamerunbeule, Loiasis) beschränkt sich regional auf den tropischen Regenwald in West-Afrika. Auslöser ist ein durch Mückenstiche übertragener fadenförmiger Wurm, der im menschlichen Organismus Mikrofilarien bildet, mit diesen durchs Bindegewebe wandert und vor allem unter der Haut (wiederholte plötzliche weiche und juckende Schwellungen) sowie unter der Hornhaut (manchmal erwachsener Wurm dort sichtbar, daher die Bezeichnung“ afrikanischer Augenwurm“) im Auge zu Beschwerden führt. Selten kommt es auch zu Schäden an den Nieren, am Herzen und Gehirn. Bezüglich Therapie und Vorbeugung gilt das Gleiche wie für die Filariose.
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Larva migrans cutanea
Leishmaniosen
Filariosen
Loa Loa
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Datum: 23. September 2014
Kategorien: Infektionen & Viren