Pfeiffersches Drüsenfieber: krank durch ansteckendes Küssen

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Küssen kann krank machen. Nämlich dann, wenn sich im Speichel Viren befinden, die eine Mononukleose auslösen. Ob diese Infektion Beschwerden verursacht, hängt in erster Linie von der Abwehrlage des Infizierten ab. Ist sie intakt, merkt man vom Pfeifferschen Drüsenfieber oft gar nichts. Ist das Immunsystem aber angeschlagen, drohen unter Umständen schwerwiegende Komplikationen.

Das vom deutschen Kinderarzt Emil Pfeiffer (1846–1921) erstmals beschriebene und nach ihm benannte Pfeiffersche Drüsenfieber (Morbus Pfeiffer, Mononukleose, infektiöse Mononukleose, Mononucleosis infectiosa, Monozyten-Angina, im Volksmund auch Studenten(kuss)krankheit oder Studentenfieber genannt) trägt den Beinamen “kissing disease“ (Kusskrankheit). Er verrät den hauptsächlichen Ansteckungsweg dieser viralen Infektion, die fast jeder einmal durchmacht, auch wenn sie oft klinisch stumm, d.h. symptomlos oder nur mit milden Beschwerden verläuft. Für Menschen mit schlechter Abwehrlage kann die Mononukleose aber auch zu ernsten Komplikationen führen.

Auslöser & Übertragungswege

Das Drüsenfieber wird größtenteils durch das weltweit vorkommende, aber erst 1964 entdeckte Epstein-Barr-Virus (EBV), seltener durch das Zytomegalie-Virus (CMV) hervorgerufen. Gegen das EBV weisen die meisten Menschen bereits in jungen Jahren Antikörper auf, was dafür spricht, dass sie Kontakt mit dem Virus hatten, d.h. eine Mononukleose durchgemacht haben, auch wenn nur ein kleiner Teil der Infizierten Symptome entwickelt.

Übertragen wird der Krankheitserreger vorwiegend per Tröpfcheninfektion – in der Regel durch Küssen (daher: “kissing disease“) oder andere Speichelkontakte, etwa mittels gemeinsamen Benutzens von Gläsern oder Besteck (z.B. Essen mit dem gleichen Löffel beim Füttern von Kleinkindern) oder dem Austausch von mit Speichel in Berührung gekommenem Spielzeug zwischen Kindern. Zudem können die Viren über Genitalsekrete weitergegeben werden. Oder im Rahmen von Bluttransfusionen oder Transplantationen, auch wenn das eher selten geschieht.

Nach erstmaliger Infektion ist man immun gegen eine erneute Ansteckung. Das Epstein-Barr-Virus verbleibt jedoch im Organismus und kann – wie alle anderen Herpes-Viren auch – bei einer deutlichen Verschlechterung der Abwehrlage oder unter Immunsuppressiva (das Abwehrsystem hemmende Medikamente, z.B. nach einer Organtransplantation) schubweise reaktiviert werden und verschiedene, mehr oder minder schwerwiegende Krankheiten wie z.B. Lymphome (Lymphknotenkrebs, z.B. das Burkitt-Lymphom) oder Nasopharynxkarzinome (Tumore im Nasen-Rachen-Raum, v.a. in Südostasien) auslösen. Während dieser Reaktivierungsepisoden besteht für Menschen, die noch keine Mononukleose durchgemacht haben und daher nicht gegen die Viren immun sind, eine Ansteckungsgefahr.

Beschwerden: typische Trias

Die hochinfektiöse Inkubationszeit (Zeitspanne zwischen Infektion und den ersten Krankheitssymptomen) dürfte zwei bis acht Wochen betragen. Das lässt sich deshalb nicht ganz genau sagen, weil die meisten Infizierten gar keine Symptome entwickeln, der Krankheitsbeginn oft schleichend verläuft und es zu Mehrfachkontakten mit Infizierten kommen kann. Ob und welche Beschwerden auftreten, hängt im Wesentlichen vom Alter des Infizierten und seiner Abwehrlage ab.

Im Kindesalter stellen sich nur selten Krankheitszeichen ein und die Immunabwehr bildet Antikörper gegen die Viren. Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen verläuft die Infektion in der Hälfte der Fälle klinisch stumm, die andere Hälfte entwickelt vor allem drei Leitsymptome wie

  • eine Pharyngitis (Rachenentzündung) mit Halsschmerzen, oft kombiniert mit stark geschwollenen (kann eine Mandelentfernung notwendig machen), weißgrau belegten, entzündeten Mandeln, eventuell fauligem Mundgeruch, Heiserkeit und Schluckbeschwerden
  • (wiederholt an- und absteigendes) Fieber, das bis zu 14 Tage lang anhalten kann
  • Lymphknotenschwellungen, v.a. im Hals- und Nackenbereich (“zervikal betonte Lymphadenopathie“), seltener auch in den Achseln und Leisten, dem Brust- oder Bauchraum

Zusätzlich kommt es oft zu einem ausgeprägten Krankheitsgefühl, Kopf-, Muskel- und Gelenkschmerzen, Appetitlosigkeit, Stimmungsschwankungen, selten auch zu Husten, Übelkeit, Bauchschmerzen, Durchfällen, Schwindel, Nachtschweiß, Lichtscheu oder – infolge von Lymphknotenschwellungen oder einer Lungenentzündung – zu Luftnot. Gelegentlich tritt begleitend ein röteln- bis quaddelartiger, juckender Ausschlag, ev. auch eine Rötung der Mundschleimhaut und Zunge auf. Recht häufig führt das Pfeiffersche Drüsenfieber zu einer Splenomegalie (Milzschwellung), die sich wieder zurückbildet. Seltener zeigt sich eine Hepatomegalie (Lebervergrößerung), oft kombiniert mit einer wochenlangen Erhöhung der Leberwerte oder auch eine Hepatitis (Leberentzündung), manchmal inklusive Ikterus (Gelbsucht). Aufgrund der verstärkten Beanspruchung der Immunabwehr durch die Mononukleose können sich weitere virale oder bakterielle Infektionen hinzugesellen.

Ältere Infizierte zeigen eher selten Symptome und wenn dann vor allem unspezifische wie Fieber, Abgeschlagenheit und Gliederschmerzen.

Komplikationen & Folgen

Die akuten Krankheitszeichen der Mononukleose verschwinden in der Regel innerhalb von zwei bis drei Wochen. Dennoch bleiben bei vielen, die sie überstanden haben, Erschöpfungszustände, Müdigkeit und Muskelschmerzen für Wochen bis Monate bestehen. Davon zu unterscheiden ist die chronische Form der Erkrankung, die v.a. in asiatischen Ländern zu beobachten ist. Kennzeichen dieser chronisch aktiven EBV-Infektion ist ein Anhalten der Symptome über ein halbes Jahr. Diskutiert werden auch bleibende Leberschäden nach einer Mononukleose, wofür aber wissenschaftlich gesicherte Beweise fehlen.

An ernsten Komplikationen der Erkrankung drohen diverse Entzündungen wie eine Perikarditis (Herzbeutelentzündung), Myokarditis (Herzmuskelentzündung), Nephritis (Nierenentzündung) oder Pneumonie (Lungenentzündung). Infizierte mit schlechter Immunlage (z.B. HIV, Patienten unter Chemotherapie) müssen darüber hinaus mit einer Meningoenzephalitis (Hirn- und Hirnhautentzündung) oder Nervenlähmungen rechnen. Gelegentlich führt eine Milzschwellung zur Milzruptur (Platzen der Milz), was unerkannt zum inneren Verbluten führt. Auch kann die Infektion eine autoimmunhämolytische Anämie (Blutarmut durch gegen die roten Blutzellen gerichtete Abwehrvorgänge), Thrombozytopenie (Mangel an Blutplättchen), Granulozytopenie (verminderte Anzahl an bestimmten weißen Blutzellen) oder Agranulozytose (Fehlen bestimmter weißer Blutkörperchen) nach sich ziehen. Bei Infizierten mit Immundefekt oder medikamentös unterdrücktem Immunsystem können der Erkrankung Lymphknotenwucherungen (Lymphoproliferation) bis hin zu bösartigen Tumoren folgen.

Diagnose & Behandlung

Sofern Beschwerden vorliegen, können die den Verdacht auf ein Pfeiffersches Drüsenfieber lenken. Ein positiver Nachweis von IgM-Antikörpern gegen die krankheitsauslösenden Viren bestätigt die Diagnose. Außerdem zeigen sich Veränderungen im Blutbild wie eine Erhöhung der Monozytenzahl (daher der Name Mononukleose) und ein Vorkommen atypischer B-Lymphozyten, die sich vermehren (Lymphozytose) und sogenannte heterophile Antikörper produzieren, sich über die Lymph- und Blutbahn im Organismus verteilen und Organe zum Anschwellen bringen. Die heterophilen Antikörper gelten als Beleg für eine kürzlich abgelaufene Mononukleose. Die infizierten B-Lymphozyten werden bei intaktem Immunsystem von anderen Abwehrzellen bekämpft und damit die Krankheit überwunden. Oft finden sich auch erhöhte Leberwerte. Eine eventuelle Milz- oder Lebervergrößerung zeigt sich in einer Ultraschalluntersuchung.

Die Infektion wird üblicherweise symptomatisch behandelt. Das bedeutet Schonung (reduziert die Gefahr eines Milzrisses), Bettruhe und v.a. nach einer Milzschwellung bis zu zwei Monate lang kein Belastungssport sowie medikamentöse Fiebersenkung, Schmerz- und Hustenreizstillung. Eine spezifische antivirale Therapie ist nur in Ausnahmefällen notwendig. Eine Antibiotikagabe macht einzig dann Sinn, wenn sich auf die virale Infektion bakterielle Superinfektionen aufpfropft haben. Treten lebensbedrohliche Schwellungen (z.B. des Lymphgewebes im Rachenbereich) auf, kommt Cortison zum Einsatz. Im Fall eines Milzrisses hilft allein eine sofortige Operation.

 

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