Pest: auch jetzt noch präsent

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Viele wähnen die Pest als Übel vergangener Zeiten, das längst besiegt ist. Sie irren. Auch heute noch gibt es vereinzelt Erkrankungsfälle in bestimmten Regionen. Zum Glück aber hat der “Schwarze Tod“ an Schrecken verloren, weil es inzwischen Antibiotika gibt. Ernst zu nehmen ist die Pest aber allemal.

In unseren Breiten kennt man die Pest nur noch als Krankheit früherer Jahrhunderte, wo die hochgradig ansteckende Infektion auch in Europa Epidemien verursachte, die Millionen Todesopfer forderten. Das brachte ihr den Namen ”Schwarzer Tod” ein. So arg wütet sie glücklicherweise längst nicht mehr. Ausgerottet ist sie aber auch heutzutage trotz verfügbarer effizienter Antibiotika nicht. Mit dem Bakterium Yersinia pestis infizierte wild lebende Nagetiere sorgen nämlich dafür, dass es örtlich begrenzt zu Erkrankungen kommt – vor allem in Gebieten mit schlechten Hygienestandards wie z.B. Slums, wo Ratten in engem Kontakt zu Menschen leben. So gibt es auch jetzt gelegentlich Pestfälle in Ost-, Süd- und Zentralafrika (z.B. Kongo, Madagaskar, Tansania), Zentralasien (z.B. Russland, Kasachstan, China, Indien, Vietnam, Myanmar) und Amerika (z.B. Lateinamerika, Südwesten der USA: Rocky Mountains). Das erklärt auch die Warnungen in Nationalparks, Nagetiere (z.B. Eichhörnchen, Streifenhörnchen) nicht zu streicheln, um Pestinfektionen zu vermeiden.

Eigentlich eine Zoonose

Genau genommen ist die Pest (lat.: pestis = Seuche, Verderben) eine Erkrankung von Nagetieren (z.B. Ratten, Mäuse, Hasen). Diese können aber entweder selbst – durch direkten Kontakt oder über mit den Keimen verseuchte Gegenstände – oder – häufiger – durch auf ihnen lebende Parasiten (z.B. Rattenflöhe) die Infektion auf Menschen ausbreiten (Rattenpest als Vorläufer von Pest-Epidemien beim Menschen), die für die Rattenflöhe als Ersatzwirte dienen, aber eigentlich Fehlwirte sind. Somit gilt die Pest als Zoonose (= von Tieren auf Menschen übertragbare Erkrankung). In der Folge können die Yersinien dann auch von Mensch zu Mensch weitergegeben werden – entweder über Menschenflöhe, Tröpfcheninfektion (Einatmen kleinster infektiöser Tröpfchen, die von Infizierten mit Lungenpest beim Husten, Niesen oder Sprechen in die Luft gelangen), selten auch oral (über den Mund, wenn infiziertes Material dorthin gelangt).

Erscheinungsformen der Pest

Die Pest tritt in verschiedenen Varianten zutage, die unterschiedlich verlaufen:

  • Beulenpest (Bubonenpest): weitaus häufigste Form, entsteht durch Stiche infizierter Flöhe, Symptome: schlagartig hohes Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, Schüttelfrost, Schwindel, schweres Krankheitsgefühl, Erbrechen, Durchfall, Bewusstseinstrübung bis hin zum Delirium, im Lymphabflussgebiet des Flohstichs Entzündung der Lymphgefäße und Lymphknoten (meist in den Leisten, Achseln, im Nacken), die auf bis zu zehn Zentimeter große, sehr schmerzhafte Beulen (Bubonen, Pestbeulen) anschwellen, innerlich bluten, wodurch sie blau-schwärzlich durch die Haut schimmern, aber auch eitrig einschmelzen und als Geschwür zerfallen oder spontan nach außen aufbrechen sowie Fisteln (Verbindungsgänge zu Organen) bilden können.
  • Lungenpest (Pestpneumonie): seltener, entsteht durch Tröpfcheninfektion (primäre Lungenpest, hochansteckend) oder Ausbreitung einer Beulenpest über die Blutbahn (sekundäre Lungenpest). Symptome: hohes Fieber, Schüttelfrost, Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen, Bluthusten (sehr schmerzhaftes Abhusten des schwarz-blutigen Auswurfs), Atemnot, blaue Lippen, ev. auch Bauchschmerzen und Erbrechen, letztlich Lungenödem und Kreislaufversagen.
  • Pestsepsis (Septikämische Pest): Sie kann infolge von Flohstichen oder einer Kontaktinfektion, wenn infiziertes Material durch Hautverletzungen in den Organismus gelangt (z.B. wenn ein Flohstich blutig gekratzt wird), zustande kommen (primäre Pestsepsis). Viel öfter aber entwickelt sie sich aus anderen Pestformen (sekundäre Pestsepsis), wenn eine (rechtzeitige) Behandlung der Krankheit unterbleibt, sodass die Yersinien vom Infektionsherd in die Blutbahn übertreten und eine Sepsis (Blutvergiftung) mit hohem Fieber, Blutdruckabfall, Tachykardie (beschleunigter Herzschlag), Verwirrtheit und Lethargie erzeugen. Dann streuen sie in andere Organe wie Herz, Lunge, Nieren, Leber, Milz, Hirn, Hirnhäute, Schleimhäute und Haut, was häufig mit schweren Hautveränderungen wie massiven Einblutungen in die Haut (daher: “Schwarzer Tod”) und Hautnekrosen (Gewebezerstörung) einhergeht. Auch Magen-Darm-Beschwerden, ein Nieren- oder Herz-Kreislauf-Versagen, v.a. aber Gerinnungsstörungen (Folge: innere Blutungen) und Gefäßverschlüsse (Folge: Minderdurchblutung von Organen) sind möglich. Eine Pestsepsis endet meist tödlich.
  • seltene örtliche Infektionen wie die Hautpest (z.B. im Rahmen einer Pestsepsis), Pestmeningitis (Hirnhautentzündung) oder Pestlaryngitis (Kehlkopfentzündung)/ Pestpharyngitis (Rachenentzündung): vermutlich durch Aufnahme der Pesterreger über den Mund, daher Beschwerden wie Fieber, Hals- und Kopfschmerzen, trockener Hals, geschwollene Halslymphknoten und Mandelentzündung.
  • abortive Pest: Diese milde Variante der Infektion äußert sich in Fieber und leichter Lymphknotenschwellung.

Wann Krankheitszeichen in Erscheinung treten, hängt von der Erkrankungsform ab. Die Inkubationszeit (Phase von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Krankheit) beträgt bei Lungenpest nur wenige Stunden bis zu drei Tagen, bei der Beulenpest etwa zwei bis sechs Tage. Wie die Pest verläuft, hängt von ihrer Erscheinungsform ab. Typisch sind ein plötzlicher, heftiger Beginn und ein recht rasches Fortschreiten der Symptomatik. Das liegt auch an den besonderen Eigenschaften des Pesterregers: Yersinia pestis verfügt über einen Mechanismus, das Immunsystem ”auszutricksen”, denn das Bakterium ist imstande, sich weiterhin zu teilen und zu vermehren, auch nachdem es von den weißen Blutkörperchen angegriffen und aufgefressen worden ist, wohingegen andere Keime bei diesem Prozess zugrunde gehen.

Krankheitsnachweis und Therapie

Zur Sicherung der Verdachtsdiagnose dient ein Nachweis der Yersinien über Erregerkulturen aus Körperflüssigkeiten – aus dem Blut bei septikämischer Pest, aus dem Auswurf bei Lungenpest und aus einem Beulenpunktat oder Eiter aus den Lymphknoten bei Beulenpest. Es gibt auch serologische Tests (Antikörper-Nachweis). Sehr häufig zeigen sich bei den Blutwerten zudem eine Leukozytose (erhöhte Anzahl weißer Blutkörperchen) und Gerinnungsstörung im Sinne einer DIC (disseminierte intravasale Gerinnung, Verbrauchskoagulopathie), bei der Lungenpest auch Veränderungen im Lungenröntgen.

Da Bakterien die Urheber der Infektion sind, lautet die Therapie der Wahl Antibiotika. Sie müssen jedoch früh eingesetzt werden, um einen schlimmen bis tödlichen Verlauf der Pest zu verhindern. Somit entscheidet in hohem Maß die rechtzeitige Erkennung und Behandlung der Krankheit über ihre Prognose. So senkt etwa der rasche Einsatz von Antibiotika die Rate an Todesfällen bei einer Beulenpest auf ein bis fünf und bei Lungenpest auf 20 bis 50 Prozent. Bereits etwa 15 Stunden nach Ausbruch der Pest kann die Antibiotikagabe zu spät kommen, um noch erfolgreich zu sein. Ein weiteres therapeutisches Problem ist die Entwicklung von Resistenzen (Unempfindlichkeit) des Pesterregers gegen manche Antibiotika.

Unbehandelt verlaufen eine Pestsepsis und Lungenpest so gut wie immer tödlich und können Beulen- und Lungenpest sowie lokale Pestinfektionen in eine Pestsepsis übergehen, wenn die Bakterien in den Blutkreislauf gelangen. Jede überstandene Pest hinterlässt – auch bei mildem Verlauf – eine lange andauernde, aber nicht völlige Immunität.

Der Pest vorbeugen

Die meldepflichtige Krankheit ist sehr ansteckend. Daher ist es sehr wichtig, ihrer Ausbreitung zuvorzukommen. Etwa indem Pestkranke unter Quarantäne gestellt, d.h. von anderen isoliert und nur unter strengen Sicherheitsvorkehrungen medizinisch versorgt werden. Menschen, die von Berufs wegen mit ihnen Kontakt haben wie Ärzte und Pflegepersonal verhindern es, sich zu infizieren, indem sie vorbeugend Antibiotika einnehmen und Schutzmasken (Schutz vor Lungenpest) tragen.

Es gibt zwar Impfstoffe gegen die Pest (Grundimmunisierung: zweimal im Abstand von ein bis vier Wochen), die jedoch Personen vorbehalten bleiben, die berufsbedingt einem erhöhten Pestrisiko ausgesetzt sind (z.B. Jäger, Fallensteller), nur fraglichen (relativ gute Wirkung gegen Beulenpest, aber höchstens beschränkte gegen Lungenpest) und zeitlich begrenzt (etwa sechs Monate) Schutz bieten und mit unangenehmen Nebenwirkungen behaftet sein können.

Allgemeine Vorbeugungmaßnahmen bestehen darin,

  • Ratten und Flöhe in Verbreitungsgebieten der Pesterreger zu bekämpfen (mögliche Erschwernis: Resistenz der Flöhe gegen Insektizide).
  • bei Aufenthalten in gefährdeten Gebieten flohwirksame Repellents (Insektenschutzmittel) zu verwenden.
  • gegenüber einem auffälligen Nagetiersterben eine erhöhte Wachsamkeit walten zu lassen und so dieses auftritt, Meldung an die Behörden zu erstatten.
  • Nagetieren wie Ratten keinen Lebensraum in der Umgebung seiner Wohnstätte zu bieten.
  • Haustiere regelmäßig gegen Flöhe zu schützen, um eine Übertragung auf Menschen zu verhindern.
  • den Kontakt mit kranken oder toten Nagetieren zu meiden.
  • das Tragen von Kleidung, die in Kontakt mit Nagetieren oder erkrankten Menschen stand, zu unterlassen.

 

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Fieber (Pyrexie)

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