Hepatitis D: Leberentzündung im Doppelpack
Hepatitis D: wenn sie auftritt, dann ausschließlich in Begleitung einer Hepatitis B. Warum? Weil sich das Hepatitis D-Virus nur mithilfe der Hülle des Hepatitis B-Virus vermehren kann. Ein Vorteil dieser Tatsache: eine Impfung gegen Hepatitis B schützt auch gegen Hepatitis D.
Die Hepatitis D ist eine Infektion der besonderen Art. Denn sie kann nicht isoliert, sondern nur in Verbindung mit einer Hepatitis B existieren. Daher haben beide Leberentzündungen viel gemeinsam: gleiche Übertragungswege, Risikogruppen und vorbeugende Maßnahmen sowie eine ähnliche Symptomatik. Im Fall eines chronischen Verlaufs gerät die Hepatitis D jedoch in puncto Therapierbarkeit gegenüber der Hepatitis B ins Hintertreffen und führt daher häufig zu schweren Leberschäden.
Unvollständiges Virus braucht Partnervirus
Der Erreger der Hepatitis D, das Hepatitis D-Virus (HDV, Delta-Agens, “Delta“), ist ein inkomplettes (ohne eigene Hülle) RNA-Virus, das sich gerne an Leberzellen heftet, dort aber auf die Hilfe des Hepatitis B-Virus angewiesen ist, will es sich vermehren und eine Infektion auslösen. Denn es benötigt ein Oberflächenprotein des Hepatitis B-Virus, das HBsAg, um seine Ribonukleinsäure in die Leberzellen einschleusen zu können.
Infektionsquellen & Übertragungswege
Genauso wie Hepatitis B-Viren werden Hepatitis D-Viren über Körperflüssigkeiten wie Blut, Speichel, Urin, Stuhl, Sperma, Scheidensekret oder Muttermilch übertragen, wobei Sexualkontakte mit Infizierten am häufigsten zu einer Ansteckung führen. Neben Menschen mit häufig wechselnden Sexualpartnern gelten als gefährdet
- im Gesundheitswesen Tätige, die sich Nadelstichverletzungen zuziehen oder mit Blut oder Blutprodukten arbeiten.
- Drogenkonsumenten mit needle sharing (gemeinsamer Spritzengebrauch).
- unter unhygienischen Bedingungen Tätowierte oder Gepiercte.
- Personen, die gemeinsam eine Zahnbürste oder Rasierzeug benutzen.
- Neugeborene infizierter Mütter, die sich während der Geburt anstecken.
Übliche Kontakte wie Händeschütteln, Umarmen, Küssen auf die Wange oder das Benutzen der gleichen Toilette bergen in der Regel kein Risiko für eine Infektion mit Hepatitis D-Viren.
Übertragungsarten
Eine Hepatitis D ist zwar immer mit einer Hepatitis B verbunden, die Übertragung kann aber auf zwei Arten erfolgen:
- als Simultaninfektion (Koinfektion), d.h. gleichzeitige Ansteckung mit beiden Viren. Dann kommt es meist zu einer schweren akuten Leberentzündung, die aber häufig ausheilt und nur selten (z.B. bei Abwehrschwäche oder medikamentöser Immunsuppression) chronisch wird.
- als Superinfektion, d.h. zu einer bereits bestehenden chronischen Hepatitis B gesellt sich eine Hepatitis D-Infektion hinzu. Das führt oft zu einer fulminanten Leberentzündung, die zur Chronifizierung mit Entwicklung einer Leberzirrhose neigt, aus der gern ein Leberkrebs entsteht.
Grundsätzlich bedeutet die Doppelinfektion, dass die durch sie hervorgerufene Leberentzündung einen schwereren Verlauf (höheres Risiko für ein akutes Leberversagen) nimmt als bei einer Einzelinfektion mit Hepatitis B. Das heißt, der Verlauf einer akuten Hepatitis B wird durch das HDV komplizierter und langwieriger.
Hepatitis D tritt weltweit auf, ist in unseren Breiten aber eher selten und wenn dann vorwiegend bei MigrantInnen und Drogenabhängigen zu finden. Vor allem in Teilen der Türkei und in den südlichen Republiken der ehemaligen Sowjetunion, aber auch in Südamerika und Zentralafrika sieht die Situation hingegen deutlich anders aus.
Anzeichen für eine Hepatitis D
Genauso wie eine akute Hepatitis B kann eine akute Hepatitis D symptomlos und daher unbemerkt verlaufen. Tritt die Erkrankung doch in Erscheinung, beginnt sie mit grippeähnlichen Beschwerden wie Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Leistungsschwäche, Appetitlosigkeit, Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen. Später zeigen sich Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, durch die vergrößerte Leber bedingte Oberbauchschmerzen, ein Ikterus (Gelbsucht, gelbliche Färbung der Haut und/oder Augen), heller Stuhl und dunkler Urin oder auch eine Splenomegalie (Milzvergrößerung) und vergrößerte Lymphknoten.
Solche Beschwerden treten bei einer Koinfektion nach einer Inkubationszeit (Zeit von der Ansteckung mit dem Virus bis zum Auftreten der ersten Symptome) von drei bis sieben Wochen auf, bei einer Superinfektion nach 50 bis 180 Tagen.
Bei einer chronischen Infektion bleiben die Erkrankten meist symptomlos oder leiden unter Müdigkeit. Bis sie eine Leberzirrhose oder einen Leberkrebs entwickeln.
Eine Hepatitis D nachweisen
Bei jeder Hepatitis B sollte auch nach einer Hepatitis D gefahndet werden. Das geschieht mittels einer Blutuntersuchung, in der Antikörper gegen das HDV, das Oberflächenantigen des HBV (HBs-Ag) oder auch die RNA des HDV (Virus-Erbgut) nachgewiesen werden.
Eine Hepatitis D behandeln
Während eine akute Hepatitis des Öfteren ausheilt, gestaltet sich die ursächliche Behandlung einer chronischen Virushepatitis nur mäßig erfolgreich. Therapieversuche mit Interferon, das sich sowohl gegen Hepatitis D- als auch gegen Hepatitis B-Viren richtet, bremst zwar zumindest vorübergehend die Vermehrung beider Viren, schafft es aber kaum, die Infektion vollständig zu eliminieren oder die Krankheitsaktivität bleibend zu reduzieren. So kann es auch nach Jahren noch durch in den Leberzellen verbleibende und sich vermehrende Viren zu Hepatitis D-“Rückfällen“ kommen.
Virostatika (Hemmstoffe der Virusvermehrung oder -freisetzung), d.h. sogenannte Nukleosid- und Nukleotid- Analoga wie Lamivudin, Adefovir, Entecavir, Telbivudin oder Tenofovir wiederum bekämpfen zwar die Hepatitis B, zeigen aber kaum Wirkung gegen die Hepatitis D.
Hat sich schließlich eine fortgeschrittene Leberzirrhose eingestellt oder tritt ein akut fulminanter Hepatitis D-Verlauf auf, bleibt als letzter Ausweg nur mehr eine Lebertransplantation. Dann gilt es, eine Hepatitis B-Infektion der neuen Leber zu verhindern, um die Hepatitis D-Infektion zu eliminieren.
Da derzeit kein sicher wirksames Medikament zur erfolgreichen Behandlung der Hepatitis D existiert, zielt die Therapie darauf ab, die Symptome der Leberentzündung zu lindern, z.B. mit Schmerzmitteln, Bettruhe, Arzneien gegen Übelkeit und Erbrechen usw.
Einer Hepatitis D vorbeugen
Besser als eine Leberentzündung kurieren zu versuchen ist natürlich, erst gar keine entstehen zu lassen. Und das ist für beide Infektionen möglich, denn die Impfung gegen Hepatitis B schützt gleichzeitig gegen Hepatitis D. Weitere Maßnahmen, die eine Ansteckung mit Hepatitis B und D vermeiden helfen, sind
- das Praktizieren von Safer Sex
- die Verwendung von Schutzhandschuhen bei Kontakt mit Blut oder Blutprodukten
- der Gebrauch von Einmalspritzen bei intravenösem Drogenkonsum
- die sterile Durchführung von Tätowierungen und Piercings
- die alleinige Benutzung von Zahnbürsten, Rasierutensilien, Nagelscheren und dergleichen
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Datum: 17. Januar 2018
Kategorien: Infektionen & Viren