Hyperhidrose: was gegen übermäßiges Schwitzen hilft

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Schweißperlen auf der Stirn, mit Schweiß getränkte Kleidungsstücke, ein feuchter Händedruck oder gar penetranter Schweißgeruch – wer übereifrige Schweißdrüsen besitzt, gerät sozial unter Druck, droht zu vereinsamen oder depressiv zu werden. Darum empfiehlt es sich, gegen eine Hyperhidrose vorzugehen. Wie, das hängt von der Ursache der Hyperhidrose ab. Und von deren Lokalisation. Leider sind manche ihrer Behandlungen umstritten bis risikoreich.

Die vom Zwischenhirn und autonomen (weitgehend willentlich unbeeinflussbaren) Nervensystem gesteuerte Schweißabsonderung aus rund drei Millionen Schweißdrüsen und anschließende Schweißverdunstung kühlt die Haut. Somit gehört Schwitzen zu den Methoden des Organismus, vermehrt Energie abzugeben, um – lebenswichtig! – seine Körpertemperatur konstant zu halten. Vor allem bei körperlichen Anstrengungen und hohen Temperaturen, unter hormonellen Einflüssen, aber auch bei Angst oder Stress sowie im Rahmen mancher Krankheiten intensiviert sich das Schwitzen, um den Körper vor Überhitzung zu schützen.

Laufen aber die Schweißdrüsen auch dann auf Hochtouren, wenn keine Abkühlung nötig wäre wie z.B. bei einer Fehlregulation des Nervensystems, liegt eine übermäßige Schweißproduktion alias Hyperhidrosis oder Hyperhidrose (griech.: hyper = zu viel, hidros = Schweiß) vor, was bei rund 2,5 Prozent der österreichischen Bevölkerung der Fall ist.

Eine vermehrte Schweißbildung ist zwar im Prinzip harmlos, jedoch unangenehm für empfindliche Nasen, denn Bakterien auf der Haut zersetzen den Schweiß, wodurch Buttersäure entsteht, die für einen markanten Geruch sorgt, der übrigens aufgrund unterschiedlicher Hautbakterienarten und Ausscheidung von Hormonabbauprodukten bei Frauen anders ausfällt als bei Männern. Wobei es Menschen gibt, die aufgrund einer erblichen Veranlagung regelrecht stinken, was nichts mit ihrer Ernährung oder gar mangelnder Hygiene zu tun hat. Wie etwa bei einer Sonderform der Hyperhidrose, der Bromhidrose (griech.: bròmos = Bocksgestank der Tiere), wo sich der Geruch als besonders penetrant erweist. Denn hier wird die Hornschicht der Haut ständig durchfeuchtet, was zu einer starken Vermehrung von Mikroorganismen führt, die die Hautzellen abbauen, wodurch übelriechende kurzkettige Fettsäuren und Amine entstehen.

Zudem ist eine schweißnasse Haut anfälliger für Reizungen, Entzündungen und Pilzinfektionen. Schon allein deshalb empfiehlt es sich, etwas dagegen zu unternehmen.

Lokal oder generalisiert

Übermäßiges Schwitzen kann sich auf bestimmte Regionen beschränken (fokale Hyperhidrose, lokale Hyperhidrose) wie z.B. auf die Hände (palmare Hyperhidrose, Hyperhidrosis manuum, Schweißhände), Füße (plantare Hyperhidrose, Hyperhidrosis peduum, Schweißfüße), Achselhöhlen (axilläre Hyperhidrose, Hyperhidrosis axillaris), den Kopf und Hals (Hyperhidrosis facialis), Rumpf (trunkale Hyperhidrose) oder eine Körper- und Gesichtshälfte (Hemihyperhidrosis). Oder es kann fast die ganze Haut betreffen (generalisierte Hyperhidrose).

Egal um welche Form von Hyperhidrose es sich handelt, fürs Sozialleben, oft auch für die berufliche Karriere stellt sie häufig eine ernstzunehmende Beeinträchtigung dar. Auch wird stark schwitzenden Menschen gern Ungepflegtheit unterstellt.

Feuchte Hände etwa können z.B. Musikern, Elektrikern, Uhrmachern usw. die Ausübung ihres Jobs erschweren und schlimmstenfalls einen Berufswechsel nötig machen. Auch Beschäftigungen, die mit häufigen Sozialkontakten und Händeschütteln verbunden sind, werden für Menschen mit einer palmaren Hyperhidrose oft zum Problem. Zudem erzeugen nasse Hände unter Umständen den Eindruck von Unsicherheit und Ängstlichkeit.

Auch Personen mit vermehrtem Achselschweiß und dadurch ständigen Schweißflecken auf der Kleidung meiden gern Kontakte oder gar Menschenansammlungen und riskieren so, gesellschaftlich isoliert zu werden. Oft versuchen sie auch, das Problem zu verbergen, indem sie etwa weite dunkle Pullover tragen, um die Schweißspuren zu verbergen.

Eine generalisierte Hyperhidrose erfordert häufig gar einen mehrmals täglichen Kleiderwechsel, will man nicht vereinsamen. Zudem fördert das Tragen durchnässter Kleidungsstücke die Entstehung von Erkältungen.

Primär oder sekundär

Bei den primären (idiopathischen) Hyperhidrosen, wozu die meisten fokalen Hyperhidrosen gehören, ist keine bestimmte Ursache für das Geschehen auffindbar. Möglicherweise reagiert das Schweißzentrum im Hypothalamus (für die Wärmeregulation zuständiger Teil des Zwischenhirns) sensibler auf verschiedene Reize (z.B. höhere Umgebungstemperaturen, körperliche Aktivitäten, Emotionen, Stress, Gewürze) und regt schon frühzeitig die Schweißproduktion an, wenn der Organismus noch gar nicht so viel Abkühlung braucht, wobei stets ein Missverhältnis zwischen auslösendem Reiz und Ausmaß der Schweißproduktion besteht. Zumeist zeigt sich eine primäre Hyperhidrose erstmals im frühen Erwachsenenalter und zwar charakteristischerweise als symmetrisches (beide Körperhälften betroffen) Schwitzen, das während des Schlafes aufhört.

Ist übermäßiges Schwitzen die Folge bestimmter Zustände oder Krankheiten, spricht man von sekundären Hyperhidrosen. Als Auslöser dieser meist generalisierten Hyperhidrosen gelten z.B.

  • Hitze oder Fettleibigkeit
  • internistische Erkrankungen (z.B. Diabetes, Herzschwäche, Schilddrüsenüberfunktion)
  • Infektionen (z.B. Tuberkulose, Malaria) oder Krebsleiden
  • neurologische Erkrankungen wie etwa Schädel- oder Rückenmarksverletzungen, die das autonome Nervensystem in Mitleidenschaft ziehen
  • hormonelle Dysregulationen (z.B. Klimakterium, Akromegalie: zu viel Wachstumshormon) oder psychische Erkrankungen (z.B. Angststörungen)
  • Medikamente wie z.B. bestimmte Psychopharmaka, Herz-, Blutdruckmittel (Beta-Blocker, Kalziumkanalblocker) oder ein Drogenentzug

Auch gibt es ein sogenanntes gustatorisches Schwitzen, bei dem der Geschmack oder Geruch gewisser Nahrungsmittel (z.B. Kaffee, Gewürze, Schokolade) in bestimmten Körperregionen ein vermehrtes Schwitzen auslösen.

Der Hyperhidrose Herr werden

Die Behandlung einer Hyperhidrose gehört in die Hände eines Fachmanns. Tritt eine sekundäre Hyperhidrose auf, muss zunächst die Ursache beseitigt werden, etwa durch eine Gewichtsreduktion, Entspannungsmethoden zur Stressreduktion oder adäquate Therapie einer dem Schwitzen zugrundeliegenden Erkrankung.

Handelt es sich um eine primäre Hyperhidrose, kommen zum Einsatz:

  • regelmäßige kalt-warme Wechselduschen
  • Salbei-Tee oder -fußbäder
  • eine Auftragung von Antitranspirantien (schweißhemmende Salben oder Lösungen), die meist (potentiell gesundheitsschädliche bzw. Unverträglichkeitsreaktionen der Haut auslösende) Aluminiumchloridsalze enthalten, auf die betroffenen Hautareale, was bei einer leichten lokalen Hyperhidrose zu einer vorübergehenden Abnahme der Schweißproduktion führt.
  • die Einnahme von das autonome Nervensystem beeinflussenden, daher allerdings oft nebenwirkungsbehafteten Medikamenten, z.B. Anticholinergika (Parasympatholytika), was meist nur genutzt wird, um bei einem wichtigen Anlass nicht durch Schwitzen aufzufallen.
  • eine Leitungswasser-Iontophorese: Schwachstromtherapie, bei der mit Hilfe von Wasserbädern oder feuchten Elektroden Gleichstrom durch Handflächen oder Fußsohlen geleitet wird, um vorübergehend die Nervenendigungen in ihrer Aktivität zu hemmen.
  • intradermale Injektionen kleinster Mengen von Botulinumtoxin (von Bakterien produziertes Nervengift) z.B. in die Handflächen (in örtlicher Betäubung; Risiko: vorübergehende Schwäche der kleinen Handmuskeln) oder Achselhöhlen, das bis zu 8 Monate lang die Reizübertragung der Nerven auf die Schweißdrüsen blockiert.
  • Laser: Verödung und damit Schrumpfung von Schweißdrüsen in der Achselhöhle mit einer feinen Spezialsonde, was aufgrund der dabei entwickelten Hitze zu Durchblutungsstörungen oder Verbrennungen führen kann.
  • Saugkürettage/Suktionskürettage: mechanische Absaugung von Schweißdrüsen in der Achselhöhle mit einer speziellen Kanüle, eine Methode mit recht hoher Rezidivrate (Wiederauftreten der Hyperhidrose) und der Gefahr einer Durchblutungsstörung im behandelten Hautareal.
  • Schweißdrüsenexzision: Entfernung des schweißdrüsentragenden Areals in der Achsel in örtlicher Betäubung bei axillärer Hyperhidrose mit der Möglichkeit einer schmerzhaften Narbenbildung oder Reinnervation (Wiedereinwachsen von Nerven) und somit Wiederkehr der Problematik.
  • Mikrowellenverfahren: Verödung der axillären Schweißdrüsen mittels konzentriert gebündelter, hoch-intensiver Mikrowellen, was sowohl die Schweiß- als auch die Duftdrüsen ausschaltet.
  • eine endoskopische transthorakale oder lumbale Sympathektomie (Durchtrennung von Sympathikusnervenfasern), die zwar oft eine palmare bzw. plantare, seltener eine axilläre Hyperhidrose lindert, jedoch zu einer kompensatorischen Hyperhidrose in anderen Körperregionen (z.B. am Stamm) führen kann und beträchtliche Operationsrisiken (Wundinfektion, Pneumothorax, Nervenverletzungen, Interkostalneuralgie, sexuelle Dysfunktion) birgt.

Die Ausprägung einer Hyperhidrose vor und nach einer Therapie kann mit dem Jod-Stärke-Test (Minor-Test), der die vom übermäßigen Schwitzen betroffenen Stellen mit Hilfe der Lugolschen Lösung (Jod-Kaliumjodid) farblich markiert, erfasst werden.

 

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