Allergisches Kontaktekzem: Was die Haut zum Rebellieren bringt
Machen sich auf der Haut Rötungen, Schuppen und Juckreiz breit, steckt dahinter oft eine allergische Kontaktdermatitis. Der schon jetzt häufigen Hauterkrankung prophezeien Experten ein weiteres Ansteigen. Kein Wunder, umgibt uns doch eine Fülle von Substanzen, die das Potenzial zur Auslösung von Kontaktallergien besitzen.
Ebenso wie andere Allergien entsteht auch ein allergisches Kontaktekzem (allergische Kontaktdermatitis) durch eine Fehlreaktion des Immunsystems, die sich aber erst entwickeln muss. Das bedeutet, es ist mehr als nur ein einmaliger Kontakt mit dem Allergieauslöser erforderlich, damit die körpereigene Abwehr mit der Ausbildung eines Ekzems (Typ-IV-Allergie, Allergie vom Typ IV, Spättyp, verzögerter Typ) antwortet. Diese Sensibilisierung (Allergisierung) geht in unterschiedlichem Tempo vor sich. Daher ist es möglich, dass man eine Substanz jahrelang scheinbar gut verträgt, plötzlich aber darauf mit einem Hautausschlag reagiert, was sich dann bei jedem erneuten Kontakt mit diesem Stoff wiederholt.
Warum genau es zu einer solchen Allergisierung kommt, wird derzeit noch erforscht. Jedenfalls entwickeln sich für Kontaktallergien verantwortliche Substanzen erst dann zum wirksamen Allergen (Allergieauslöser), wenn sie sich – bei bestehender Überempfindlichkeit – mit einem Protein in der Haut verbinden.
Kennzeichen eines Kontaktekzems
Eine akute allergische Kontaktdermatitis zeigt sich frühestens 12, meist 24, manchmal erst bis zu 72 Stunden nach intensivem Kontakt mit dem Allergen, in dessen Einwirkungsbereich sich unscharf begrenzte Rötungen, Ödeme und Bläschen bilden, die platzen und nässen können sowie später verkrusten und schuppen. Verbunden mit starkem Juckreiz.
Die Einwirkung geringer Mengen des Allergieauslösers auf die Haut über längere Zeit führt zur subakuten Kontaktdermatitis. Mit nässender Rötung, Juckreiz, später vergröbertem Hautbild und Schuppung.
Bei ständigem Hautkontakt mit geringen Allergenmengen entwickelt sich ein chronisches Kontaktekzem mit einem Abflauen der anfänglichen Entzündungsreaktion, einer Neigung zur Knötchen- und Schuppenbildung sowie Lichenifizierung (überschießende Hornhautbildung, lederartige Verdickung). Oft wird die Haut an den lädierten Stellen auch dünkler. Transportieren die T-Lymphozyten (weiße Blutzellen) das Allergen über die Lymphbahnen oder Blutgefäße weiter (“Streuung“), treten auch an nicht dem Allergieauslöser ausgesetzten Stellen Hautveränderungen auf.
Ekzeme sind nicht nur ein kosmetisches Problem, denn die Beschwerden können so quälend (Juckreiz!) werden, dass sie den Schlaf stören und die Lebensqualität beeinträchtigen. Nur selten reagieren auch die Schleimhäute mit oder es treten begleitend Asthmaanfälle auf.
Was eine Kontaktallergie auslöst
Grundsätzlich kann jede Substanz, mit der die Haut in Berührung kommt, eine Kontaktallergie hervorrufen. Solche aus dem täglichen Leben (z.B. Inhaltsstoffe von Kosmetika, Schmuck, Kleidung) ebenso wie die, mit denen man beruflich zu tun hat. Vor allem Jobs, die Arbeiten im feuchten Milieu (z.B. Friseure, Pflegepersonal, Reinigungskräfte, Metallarbeiter) erfordern, leisten der Entwicklung von Hautallergien Vorschub. Vermutlich begünstigen die Störung des natürlichen Schutzmantels der Haut und Hautreizungen die Entstehung einer Überempfindlichkeit.
Das häufigste Kontaktallergen in unseren Breiten ist Nickel. Das Metall findet sich in vielen Knöpfen, BH- und Reißverschlüssen, Gürtelschnallen, Piercings, Brillengestellen, Modeschmuck und Münzen. Weitere häufige Auslöser von Kontaktallergien sind
- Chrom (z.B. in Lederwaren, Baustoffen, manchen Arbeitshandschuhen)
- Kobalt (z.B. in Ölen und Wachsen zur Fußbodenpflege, Farben, Zement)
- Palladium (z.B. in Zahnkronen)
- Duft- und Konservierungsstoffe in Kosmetika (z.B. Parabene)
- Emulgatoren (z.B. Lanolin, in Ölen und Wachsen für die Fußboden- und Möbelpflege)
- Cetylstearylalkohol (z.B. in Sonnenschutzmitteln, Akne-Präparaten)
- Antibiotika (z.B. Neomycin) enthaltende Salben
- Farbstoffe wie p-Phenylen¬diamin (z.B. manche Tattoos), Gummi-Inhaltsstoffe, ätherische Öle
- Bestandteile von Seifen, Reinigungs- und Desinfektionsmitteln
- Pollen, Milben, Sporen, Tierhaare, Gemüse, Obst, Pflanzen (z.B. Arnika, Ringelblume)
Ein allergisches Kontaktekzem erkennen
Bei der Fahndung nach dem Auslöser eines allergischen Kontaktekzems kommt der sorgfältigen Erhebung der Anamnese eine besondere Bedeutung zu, denn die Palette an möglichen Allergenen ist groß. Allein unter den 50.000 chemisch definierten Substanzen sind bislang 4.000 als mögliche Kontaktallergene bekannt. Die Lokalisation des Ekzems, sowie der Zeitpunkt seines Auftretens können aber wertvolle Hinweise liefern, was als Allergen in Frage kommt.
Lässt sich aus den Schilderungen und der Symptomatik ableiten, um welches Allergen/welche Allergene es sich handeln könnte, folgt – nach vollständiger Abheilung des Ekzems und bei Frauen im gebärfähigen Alter Ausschluss einer Schwangerschaft – zwecks Allergie-Nachweis die Auswahl von Testsubstanzen und Durchführung eines Epikutantests (Patchtest, Läppchentest, Pflastertest, Atopie-Patchtest). Hierfür stehen eine sogenannte Standardserie mit den gängigsten Kontaktallergenen und verschiedene Spezialserien (z.B. Friseur-Serie, Zahn-Serie) zur Verfügung.
Zum Test werden die verdächtigen Substanzen in starker Verdünnung auf ein spezielles Pflaster aufgebracht und zwar jede auf eine definierte abgegrenzte Stelle des Pflasters. Dieses Pflaster wird – meist auf dem Rücken – auf das vorher gereinigte, bei Bedarf auch enthaarte Hautareal geklebt und ggf. mit Klebestreifen fixiert, um ein Verrutschen und damit eine Verfälschung der Testergebnisse zu vermeiden. Es verbleibt dort für zwei Tage, damit sich eine ev. allergische Reaktion entwickeln kann. In dieser Zeit darf das vom Pflaster bedeckte Hautareal nicht mit Feuchtigkeit oder anderen Substanzen in Berührung kommen, möglichst auch nicht mit Schweiß. Das bedeutet den vorübergehenden Verzicht auf Duschen, Baden und Sport.
48 Stunden nach Anbringung des Pflasters wird dieses entfernt und das Hautareal mit einem Stift markiert, um die gleich darauf folgende und neuerlich nach 72 Stunden, gegebenenfalls auch später stattfindende dritte Auswertung durch den Hautarzt zu gewährleisten. Er begutachtet, ob und in welchem Ausmaß sich Hautveränderungen (z.B. Rötung, Bläschen, Quaddeln) auf eine oder mehrere der Testsubstanzen eingestellt haben. Fällt die Reaktion auf eine Testsubstanz eindeutig positiv aus, gilt das als Allergienachweis und die Allergie wird in einen Allergiepass, den der Patient fortan mit sich führen sollte, eingetragen. Handelt es sich dabei um ein Allergen, dem der Patient beruflich ausgesetzt ist, gilt es zu klären, ob er diesen Beruf weiter ausüben kann.
Selten, aber doch kann es beim Epikutan-Test auch zu unerwünschten Wirkungen, manchmal auch falschen Testergebnissen kommen. Etwa zum Übergreifen sehr starker allergischer Reaktionen auf benachbarte Hautregionen. Oder zum sogenannten Angry back/Excited Skin-Syndrom, bei dem die Haut an vielen Teststellen, ev. auch an der umliegenden Haut, Reaktionen – auch auf chemisch nicht verwandte Stoffe – zeigt, was falsch positiven Ergebnissen entspricht. Sie kommen durch Hautreizungen infolge des Epikutantests selbst bzw. dazu verwendeten Materialien oder zu frühe Epikutantestung auf noch ekzematisierter Haut zustande. Falsch negative, d.h. trotz Vorliegens einer Allergie ausbleibende Reaktionen können auf einer zu niedrigen Allergenkonzentration, einem zu frühen Ablesen des Tests, einer Unterdrückung des Immunsystems z.B. durch bestimmte Medikamente (z.B. Steroide) u.a.m. beruhen. Besteht der Verdacht auf falsch positive oder falsch negative Resultate, ist die Wiederholung des Tests zu einem späteren Zeitpunkt ratsam.
Einige Substanzen lösen erst in Verbindung mit Sonnenlicht bzw. darin enthaltenen UV-Strahlen eine allergische Reaktion aus. Auch dann eignet sich der Epikutan-Test dazu, allergische Reaktionen festzustellen (sog. Photopatchtest). Dazu wird ein ausgesuchtes Hautareal mit UV-A-Licht bestrahlt.
Ein allergisches Kontaktekzem behandeln
Die wichtigste Maßnahme, ein allergisches Kontaktekzems zu behandeln und einzige Möglichkeit, ihm in Zukunft vorzubeugen ist, den direkten Kontakt mit dem Allergieauslöser konsequent zu unterbinden (z.B. Schutzhandschuhe tragen, Nickelknöpfe mit Stoff übernähen oder Nagellack überziehen, duftstofffreie Kosmetika wählen etc.).
Zur Besserung akuter Symptome wie Rötungen und Ödeme dienen entzündungshemmende Kortikosteroid-Salben, -gels oder -lotionen. Bei nässendem Ekzem kommen feuchte Umschläge mit Kortikosteroiden und – zur Vermeidung bzw. Therapie von Infektionen – Antiseptika bzw. Antibiotika oder Antimykotika (Pilzmittel) zum Einsatz. Trockene ekzematöse Haut braucht Fettsalbe. Gegen den Juckreiz helfen Antihistaminika. Keratolytika (z.B. Salicylsäure, Harnstoff) weichen Hornschichtverdickungen auf, sodass die Haut wieder geschmeidiger wird. Bei schwerem Krankheitsverlauf können auch Immunsuppressiva (das Abwehrsystem unterdrückende Medikamente), UV-Bestrahlungen und PUVA (Psoralen + UVA-Strahlen) Anwendung finden.
Zu aggressive Hygiene (z.B. mit alkalischen Seifen) kann denn Säureschutzmantel stören und das Krankheitsbild verschlechtern und sollte deshalb durch Hautpflege mit milden, pH-neutralen und rückfettenden Produkten ersetzt werden. Bei allen verwendeten Arzneien und Pflegeprodukten ist darauf zu achten, dass der Anwender darauf nicht allergisch ist.
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Datum: 31. Dezember 2014
Kategorien: Allergie, Haut- und Geschlechtskrankheiten