Wickel: bewährte Hausmittel bei Halsweh, Fieber & Co.
Drei Stück Stoff, kaltes oder warmes Wasser, eventuell Auflagen wie Topfen, Senfmehl oder Zwiebel – und fertig ist ein recht einfach anzuwendendes, altbekanntes Heilverfahren namens Wickel, das allerlei Beschwerden wie Erkältungen, Fieber oder Schmerzen lindert. Vorausgesetzt man weiß, wann welcher Wickel passt.
Wer kennt ihn nicht, den berühmten Wadenwickel bei Fieber? Der ist aber längst nicht die einzige Art, mit Stofftüchern Beschwerden zu kurieren. Mit kaltem oder warmem Wasser getränkt oder auch bestimmten Substanzen bestrichen lindern Wickel und Umschläge nämlich unter anderem Hals- oder Kopfweh, Sonnenbrand, Gelenkbeschwerden, Hautleiden und noch einiges mehr. Vorausgesetzt, sie werden gekonnt angewendet. Dazu müssen sie aus dem richtigen Material bestehen, die passende Temperatur haben sowie in der richtigen Technik und Dauer angelegt werden. Andernfalls können sie auch schaden.
Wickel: das richtige Material
Wickel sollten idealerweise aus drei Schichten bestehen, einem feucht-warmen oder feucht-kalten Innentuch, trockenen Zwischentuch und trockenen Außentuch. Wobei aus hygienischen Gründen das Innentuch aus Leinen oder Baumwolle, also gut waschbarem Material, bestehen sollte. Geeignetes gibt es im Sanitätsfachhandel oder in Apotheken. Es genügt aber allemal auch Haushaltswäsche wie etwa ein Geschirrtuch oder Bettlaken den Erfordernissen. Die nächste Schicht, das trockene Zwischentuch, hält die Innentuchfeuchtigkeit vom Außentuch fern, weshalb es wasserdurchlässig sein soll, denn die Feuchtigkeit muss verdunsten können, um den beabsichtigten Temperaturreiz entstehen zu lassen. Darum darf das Zwischentuch weder gummiert sein noch Foliencharakter haben. Das Außentuch wiederum dient der Fixierung des Wickels am Körper, wofür Sebastian Kneipp die Temperatur konservierende Wolle als bestes Material empfiehlt, wobei sich aber auch ein Trikotschlauch, Seidentuch oder eine abgeschnittene Strumpfhose als Außentuch eignen. Luft- und wasserundurchlässige synthetische Stoffe sollte man hingegen nicht nehmen, da sie Hitze und Feuchtigkeit stauen.
Die zweite und dritte Schicht lassen sich übrigens – alltagstauglich – “zusammenlegen“, d.h. Zwischen- und Außentuch werden durch ein einziges dickes Frotteetuch ersetzt. Jeder Wickel sollte dicht der Haut anliegen, damit keine Verdunstungskälte entsteht, aber nicht einschnüren.
Wickel: kalt oder warm?
Vorweg: Bei allen Wickeln, egal ob warm oder kalt, müssen vor dem Anlegen die Füße warm sein oder gemacht werden (Wärmflasche).
Kalte Wickel entziehen dem Körper Wärme, denn von außen zugeführte Kälte bewirkt, dass sich die Blutgefäße zusammenziehen, sodass die Durchblutung zurückgeht, Schwellungen abnehmen und Schmerzen nachlassen. Alles Symptome, wie sie bei Entzündungen zu finden sind. Gleichzeitig senken sie Fieber, lindern akute Schmerzen (z.B. bei Verletzungen) und Hautleiden wie Ausschläge, Juckreiz, Sonnenbrand und Insektenstiche, helfen aber auch gegen Migräneattacken oder nervös bedingte Schlafstörungen. Kalte Bauchwickel mildern Verstopfungen. Diese wohltuenden Wirkungen kommen nach etwa 15 bis 20 Minuten zum Erliegen, weil dann der Kühleffekt nachlässt, denn der Körper reagiert darauf mit einer verstärkten Wärmebildung. Deshalb sollten kalte Wickel nach einer Viertelstunde abgenommen oder erneuert werden. Fängt der Kranke an zu frieren, sollte der Wickel sofort wieder entfernt werden.
Warme oder heiße Wickel führen dem Körper Wärme zu. Das regt die Durchblutung an, denn Wärme erweitert die Blutgefäße. Und kurbelt so den Stoffwechsel, die Bildung von Abwehrzellen und Hormonproduktion an. Außerdem wirkt Hitze schweißtreibend, krampflösend und entspannend, daher auch schmerzlindernd. Deshalb kommen warme Wickel bei chronischen Schmerzen (z.B. Rheuma), Verspannungen im Nacken-, Schulter-, und Rückenbereich, Muskelkater, Menstruationsbeschwerden, Blasen- und Nierenerkrankungen (Lendenwickel: vom unteren Rippenbogen bis mindestens eine Handbreit unterhalb der Leiste), Halsschmerzen, Husten, Bronchitis oder Bauchweh zur Anwendung. Wärmestauende Wickel dauern ein bis zwei Stunden.
Wickel: die Füllung
Bestimmte Zusätze wie z.B. Essig, Topfen, Heilkräuter oder Senfmehl fördern die heilsame Wirkung eines Wickels. So hilft z.B. ein in ein dünnes Tuch eingeschlagenes, auf das Gesicht aufgelegtes, vorher mit der Knoblauchpresse zerdrücktes und im Wasserbad erwärmtes, daumengroßes Stück frischer Ingwer gegen Schnupfen oder Nasennebenhöhlenentzündungen. Ausschläge und andere Hauterkrankungen profitieren von keimtötenden und reinigenden Kohlwickeln, ein verspannter Nacken von einem gut wärmespeichernden Kartoffelwickel. Und Erkältungen, Halsentzündungen, Bronchitiden, Ohrenschmerzen, Kopf- und Zahnweh von durchblutungsfördernden, desinfizierenden, schleimlösenden und schmerzlindernden Zwiebelwickeln (die äußeren Schichten einer halben Zwiebel über Wasserdampf erwärmen, in ein Tuch füllen und dann mit einem weiteren Tuch fixieren). Gelenkbeschwerden sprechen meist gut an auf Wickel mit Heilerde, die mit Wasser zu einer streichfähigen Paste verrührt wird oder – bei chronischen Schmerzen – mit warmem bis heißem Wasser vermischtem Senfmehl (kein direkter Hautkontakt, brennt sonst). Bauchbeschwerden wie Blähungen, Durchfall, Übelkeit, aber auch Schlafstörungen bessern sich oft durch mit Lavendel-, Oliven- oder Rizinusöl getränkte warme Bauchwickel.
Spezielle Bedeutung kommt den vorwiegend entzündungshemmenden Topfenwickeln zu. Bringt man nämlich Topfen mit der Haut in Kontakt, öffnet die darin enthaltene Milchsäure die Hautporen und kurbelt die Durchblutung an, sodass Entzündungsstoffe vom Topfen aufgesaugt und aus dem Organismus entfernt werden. Hierzu wird handelsüblicher Magertopfen etwa fingerdick auf die Mitte eines Tuchs aufgetragen, das Tuch eingeschlagen und mittels eines weiteren Tuchs an der jeweiligen Stelle fixiert. Topfenwickel gelten im Allgemeinen als sehr gut verträglich, selbst bei Säuglingen. Ausnahme: Es besteht eine Milcheiweiß-Kontaktallergie (nicht zu verwechseln mit der Laktoseintoleranz!) oder es befindet sich eine offene Wunde am potenziellen Anwendungsort.
Handelt es sich um einen schmerzlindernden, kühlenden, ableitenden, kalten Topfenwickel, sollte der Topfen nicht direkt aus dem Kühlschrank kommen, sondern Zimmertemperatur aufweisen und so lange am Anwendungsort verbleiben, bis er bröckelig oder warm ist (rund eine halbe Stunde). Der Wickel findet Einsatz bei Kopfschmerzen, akuten Entzündungen und Schwellungen (z.B. Brustdrüsenentzündung bei Stillenden, oberflächliche Venenentzündung), Hautleiden (Juckreiz, Ekzeme, Akne, Insektenstiche), Verletzungen (Prellung, Zerrung, Zahnextraktion), Krampfadern, Gicht, aber auch als Wadenwickel bei Fieber. Ein warmer Topfenwickel hingegen muss vor seinem Einsatz auf Körpertemperatur erwärmt werden, etwa mit einer Wärmflasche und kann bei entsprechender Wärme mehrere Stunden am Körper verbleiben, solange er vom Kranken als angenehm empfunden wird. Danach braucht der Körper Ruhe und muss warmgehalten werden. Da er außer entzündungshemmend auch schleimlösend wirkt, dient er außer zur Bekämpfung von chronischen Gelenksentzündungen und Halsschmerzen auch zur Behandlung von Husten, Heiserkeit und Bronchitis.
Wadenwickel gegen Fieber
Kalte Wadenwickel senken die Körpertemperatur um rund ein bis zwei Grad Celsius, sollten aber nur dann angewendet werden, wenn der Fiebrige nicht fröstelt. Für einen solchen Wickel wird ein Leinen- oder Baumwolltuch in kaltes Wasser getaucht, dann ausgewrungen, sodass es nicht tropft und eng, aber nicht zu fest um die Wade gewickelt. Darüber kommt ein das Leinen- oder Baumwolltuch vollständig bedeckendes, trockenes Tuch und darüber ein Wolltuch, das nicht auf der Haut kratzen darf oder ein Wollstrumpf. Die Prozedur lässt sich bei Bedarf nach einer Stunde wiederholen. Alternative: Anstelle der Wickel werden in kaltes Essigwasser getauchte Socken und darüber längere, trockene Strümpfe angezogen (“Essigpatscherl“), die dem Körper durch den Temperaturunterschied zwischen Haut und Wickel und die Verdunstung über die Füße Wärme entziehen.
Wickel gegen Erkältungskrankheiten
Manifestiert sich eine Erkältung (auch) in den Nebenhöhlen, verschafft ein auf den Nasenbereich aufgelegter Wickel mit in warmem Wasser angerührter Heilerde oder Leinsamen Linderung. Gegen Halsschmerzen hilft ein den gesamten Hals umfassender kalter (Topfen-)Halswickel oder – bei Kältegefühl – warmer, d.h. in heißen Kamillentee oder -sud getauchter oder mit warmem Topfen oder Senfmehl oder zerstampften heißen Kartoffeln bestrichener Halswickel. Ein straff um den Oberkörper, d.h. vom Halsansatz bis eine Handbreit unter den Rippenbogen unter Aussparung der Arme angelegter Brustwickel wiederum wirkt bei verschleimten Bronchien, sollte aber bei Fieber nicht angewendet werden.
Entschlackungshilfe Leberwickel
Der bei Frauen vom unteren Brustansatz, bei Männern von den Brustwarzen bis zu den Hüftknochen reichende feucht-heiße Leberwickel, ist Bestandteil vieler Fastenkuren, bei denen es vor allem ums Entschlacken des Körpers geht, denn die Leber besitzt wichtige Entgiftungsfunktionen. Er setzt sich aus einem in heißes Wasser getauchten, gut ausgewrungenen Handtuch, einer darauf gelegten, mit heißem Wasser gefüllten Wärmflasche und einem möglichst luftdicht darüber gebreiteten, größeren Handtuch zusammen und sorgt dafür, dass die Leber stärker durchblutet wird. Angelegt wird er idealerweise in der Mittagszeit, um außer die Durchblutung und den Stoffwechsel der Leber den Abtransport der Gallenflüssigkeit anzuregen bzw. wenn er schlaffördernd wirken soll, abends. Sein Einsatz verbietet sich allerdings, falls Magenblutungen, Magen- oder Darmgeschwüre bestehen.
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Datum: 22. August 2016
Kategorien: Gesundheit allgemein, Hausmittel