Speiseröhrenentzündung: was sie verursacht und was dagegen hilft

Magensaft gehört nicht in die Speiseröhre, genauso wenig wie Chemikalien, scharfe Gegenstände oder zu viel Alkohol. Sonst kann es nämlich zu einer Speiseröhrenentzündung (Ösophagitis) kommen. Und mit der ist wahrlich nicht zu spaßen. Denn schlimmstenfalls entwickelt sich daraus ein Speiseröhrenkrebs.
Ösophagus (Speiseröhre) nennt man das schlauchförmige muskulöse Organ, das den Mund bzw. Rachen mit dem Magen verbindet. Im Inneren wird er von einer Schleimhaut mit Plattenepithel ausgekleidet, deren Sekret dafür sorgt, dass geschluckte Nahrung leichter magenwärts rutscht. Gleichzeitig schützt dieser Schleim die Speiseröhre bis zu einem gewissen Grad vor schädlichen Einflüssen. Nehmen letztere aber überhand, kann sich eine Ösophagitis (Speiseröhrenentzündung) entwickeln. Die entzündlichen Veränderungen der Schleimhaut erstrecken sich dann meist auf das unterste Drittel des Hohlorgans, also dort, wo die Speiseröhre in den Magen übergeht.
Was zu einer Speiseröhrenentzündung führt
Häufigste Ursache einer Speiseröhrenentzündung ist ein länger anhaltender Reflux (Rückfluss) von saurem Mageninhalt in die Speiseröhre (im Extremfall bis in den Mund = Regurgitation), denn die im Magen – oft im Übermaß – produzierte Salzsäure erweist sich als zu aggressiv für die Schleimhaut der Speiseröhre. Dann spricht man von einer Refluxösophagitis. Sie kann auch als Folge
- einer Hiatushernie, d.h. eines Zwerchfellbruchs am Übergang zwischen Speiseröhre und Magen, der normalerweise wie eine Muskel-Manschette als Verschlussmechanismus zwischen den beiden Organen wirkt,
- eines Defekts des unteren Ösophagus-Sphinkters (unterer Speiseröhren-Schließmuskel): z.B. altersbedingt, durch wiederholte Entzündungen, hormonelle Einflüsse oder Medikamente,
- einer Motilitätsstörung (Störung der Muskelbewegungen, Achalasie) bzw. verminderten Muskelspannung der Speiseröhre (z.B. durch Nikotin),
- einer Magenentleerungsstörung, eines Magentumors oder anderer Magenerkrankungen,
- einer Schwangerschaft oder Fettleibigkeit
auftreten.
Weitere Auslöser einer Ösophagitis können sein:
- Verätzungen: z.B. durch versehentliches oder in suizidaler Absicht herbeigeführtes Trinken von (Haushalts-)Chemikalien.
- Alkoholismus: häufiger Konsum von Hochprozentigem greift die Speiseröhrenschleimhaut an.
- schleimhautschädigende Arzneien wie z.B. Antibiotika, Kortison, Biphosphonate (Osteoporosemittel) oder Zytostatika (Krebsmittel).
- die unsachgemäße Einnahme von Medikamenten (z.B. Arzneien ohne genug Flüssigkeit schlucken).
- Infektionen: meist durch Herpesviren (vor allem bei HIV-Positiven), Cytomegalieviren oder Candida-Pilze (Soorösophagitis, gehäuft bei Diabetikern).
- mechanische Einwirkungen wie etwa Unfälle oder (versehentlich oder im Rahmen einer Mutprobe) geschluckte scharfe Gegenstände.
- krankhafte Veränderungen der Speiseröhre wie z.B. Divertikel (sackartige Ausstülpungen) oder Stenosen (Verengungen).
- Schleimhautschäden nach Operationen, Bestrahlungen oder dem Legen von Magensonden.
- möglicherweise Nahrungsmittelallergien.
Symptome einer Ösophagitis
Schmerzen im Oberbauch und retrosternal (hinter dem Brustbein), die bis in die Arme ausstrahlen können und Schwierigkeiten beim Schlucken, so lauten die typischen Anzeichen für eine Speiseröhrenentzündung. Ist ein Reflux schuld am Geschehen, kommen – vor allem nach reichhaltigen Mahlzeiten, dem Genuss kohlensäurehaltiger Getränke oder saurer Fruchtsäfte bzw. nachts – Sodbrennen und saures Aufstoßen (charakteristisch: Verschlechterung der Beschwerden im Liegen, beim Bücken oder Heben von Lasten, Erleichterung im Stehen), oft verbunden mit einem Luftschlucken und schlechten Geschmack im Mund, hinzu.
Erbrechen, Durchfall, ein Engegefühl im Hals, morgendlicher Husten, eine belegte Stimme oder Heiserkeit, seltener auch ein Teerstuhl (durch Blutbeimengung dunkel gefärbter Stuhl), eine Anämie (Blutarmut), Atemnot oder Adipsie (fehlendes Bedürfnis nach einer Flüssigkeitsaufnahme) können sich hinzugesellen oder alleinige Hinweise auf eine Speiseröhrenentzündung sein. Weist die Mundhöhle einen weißlichen Belag auf, spricht das für eine Pilzinfektion.
Eine chronische Refluxösophagitis kann dazu führen, dass sich die Schleimhaut der Speiseröhre, die – anders als die Magenschleimhaut – nicht auf die Säureexposition eingestellt ist, entzündet, mit einer Vermehrung ihres Bindegewebes und Vernarbungen (mögliche Folgen: nachlassende Elastizität, Verengungen) reagiert und sich schließlich verändert. Das bedeutet: ein Teil ihres Plattenepithels wird zu Zylinderepithel, wie es im Magen vorkommt, umgebaut. Dann spricht man von einem Endobrachyösophagus oder Barrett-Ösophagus. Dieser birgt ein hohes Risiko, malign zu entarten und entspricht somit einer Präkanzerose (Vorstufe für Speiseröhrenkrebs).
Diagnostik einer Ösophagitis
Oft lenken schon die geschilderten Beschwerden den Verdacht auf eine Speiseröhrenentzündung. Eine Gastroskopie (Magenspiegelung), bei der auch die Speiseröhre begutachtet wird, kann entsprechende Schleimhautveränderungen zeigen. Im Rahmen dieser Untersuchung werden meist Gewebeproben zur feingeweblichen Untersuchung (Histologie) entnommen (Biopsie).
Andernfalls kann eine 12- oder 24stündige Ösophagus-pH-Metrie (Säuremessung in der Speiseröhre) mittels über Nase und Rachen in die Speiseröhre platzierter dünner Messsonde eine erhöhte Säurebelastung des Organs und den Zeitpunkt, wann der Rückfluss aus dem Magen besonders stark ist, aufdecken.
Mithilfe einer Ösophagusmanometrie (Druckmessung in der Speiseröhre) lässt sich eine gestörte Muskelaktivität der Speiseröhre nachweisen.
Erhebt sich der Verdacht auf eine Soorösophagitis, wird aus einem Abstrich im Labor eine Pilzkultur angefertigt.
Therapie einer Ösophagitis
Bei der Refluxösophagitis kommen üblicherweise zunächst Maßnahmen wie der Verzicht auf Nahrungsmittel, die Beschwerden auslösen (z.B. Alkohol, kohlensäurehaltige Getränke, saure Fruchtsäfte), die Nahrungsaufnahme in mehreren kleinen Portionen statt großen Mahlzeiten, eine mindestens dreistündige Nahrungskarenz vor dem Zubettgehen, das Schlafen mit erhöhtem Oberkörper (z.B. zusätzliche Kissen oder Klötze unter das Kopfende des Bettes legen), eine Stressreduktion (z.B. mit Entspannungstechniken wie Autogenes Training oder Progressive Muskelrelaxation) und das Vermeiden einengender Kleidung (z.B. Gürtel) zum Einsatz.
Bei ungenügendem Erfolg dieser Lebensstiländerungen erfolgt zusätzlich die Einnahme von
- Antazida: säurebindende Substanzen,
- H2-Rezeptorantagonisten: Blockierer der Andockstellen für den Botenstoff Histamin, der die Säureausschüttung beeinflusst,
- Protonenpumpenhemmern: die Magensäurebildung bremsende Arzneien oder auch
- Prokinetika: die Muskelspannung des Magenschließmuskels steigernde sowie die Beweglichkeit von Speiseröhre und Magen fördernde und damit den Weitertransport des Speisebreis verbessernde Medikamente.
Manchmal helfen aber nur noch chirurgische Maßnahmen, die den unteren Speiseröhren-Schließmuskel einengen und daher seine Verschlussfunktion verbessern. Etwa eine Fundoplikatio, bei der mithilfe einer Faltung des oberen Magenanteils eine Manschette um den unteren Schließmuskel der Speiseröhre gelegt wird, damit der Mageninhalt nicht wieder zurückfließen kann.
Bei Verätzungen der Speiseröhre erfolgt möglichst rasch danach meist eine Wasserzufuhr zur Verdünnung der geschluckten Säure oder Lauge, die Gabe starker Schmerzmittel, im Bedarfsfall eine Schockbehandlung und die vorsorgliche Verabreichung von Antibiotika zwecks Verhinderung von Infektionen und Protonenpumpenhemmern zur Drosselung der Magensäureproduktion, sodass weniger Säure in die Speiseröhre aufsteigt. Eine vorübergehende künstliche Ernährung dient der Schonung der lädierten Speiseröhre. Bougierungen (Aufdehnungen) der Speiseröhre mit Sonden sollen verhindern, dass sich in der Speiseröhre Narben mit nachfolgenden Verengungen bilden. Bei einer potenziell tödlichen Ösophagusperforation (Durchbruch) ist ein chirurgischer Eingriff erforderlich.
Gegen eine Soorösophagitis kommen Antimykotika (Pilzmittel) in Form von Lutschtabletten oder Tabletten zur Anwendung, bei viralen Infektionen eventuell Virostatika.
Vorbeugung einer Ösophagitis
Um einer Speiseröhrenentzündung vorzubeugen empfiehlt es sich,
- auf eine ausgewogene, gut verträgliche Ernährung in der richtigen Menge zu achten.
- auf übermäßigen Alkoholgenuss und zu starkes Würzen zu verzichten.
- bei Nikotinabusus das Rauchen aufzugeben.
- bei Übergewicht abzunehmen.
- Stress mit Sport und Entspannungsmethoden entgegenzuwirken.
- Medikamente mit reichlich Flüssigkeit einzunehmen.
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Datum: 28. April 2017
Kategorien: Gesundheit allgemein, Hals, Nasen, Ohren, Magen & Darm