Sonographie: mit Ultraschallwellen das Körperinnere erforschen

Schallwellen oberhalb der menschlichen Hörgrenze machen es möglich: Mit ihrer Hilfe lassen sich viele Strukturen im Körperinneren und sogar bestimmte Bewegungsabläufe wie z.B. der Blutfluss in Gefäßen bildlich darstellen. Diese bahnbrechende und zugleich nebenwirkungsfreie Methode namens Sonographie ist ein Meilenstein in der modernen Diagnostik. Und das in diversen medizinischen Fachrichtungen.
Unter den Begriff Ultraschall fallen für das menschliche Gehör nicht wahrnehmbare Schallwellen mit einer Frequenz zwischen 20 kHz und 500 MHz. Sie wurden früher zur Informationsübertragung (z.B. bei Fernbedienungen für Fernsehgeräte) genutzt und werden heute zur Abtastung von Materialien zwecks Überprüfung auf Schäden (z.B. Risse im Stahl) und Reinigung bestimmter Dinge (z.B. Schmuck, Zahnersatz) herangezogen. Da die Moleküle bzw. Atome beschallter Objekte in der Richtung schwingen, in die sich der Schall ausbreitet, findet der Ultraschall auch in der Medizin Anwendung, denn auf die Art lassen sich innere Organe darstellen.
Somit dient der Ultraschall vorwiegend als bildgebendes Verfahren zur kostengünstigen, schmerz- und gefahrlosen Darstellung diverser Strukturen im Körperinneren (Sonographie, Sonografie, Echographie, “Sono“) zu diagnostischen Zwecken bzw. Verlaufskontrollen verschiedener Erkrankungen. Oder zur Kontrolle bei bestimmten Biopsien (Entnahmen von Gewebeproben aus einem Organ mit einer feinen Nadel). Aber auch therapeutisch zur gewollten Zerstörung bestimmter Strukturen wie etwa von Nieren- oder Gallensteinen (Lithotripsie, extrakorporale Stoßwellentherapie, ESWL).
Funktionsweise der Sonographie
Die Sonographie (“Übersetzung“ der Schallwellen in Bilder, Zeichnen/Schreiben mit Schall) basiert auf dem Echoprinzip: Der Schallkopf eines Ultraschallgerätes, der sogenannte piezoelektrische Kristalle (schwingen bei elastischer Verformung im Rhythmus der so entstehenden elektrischen Spannung) enthält, sendet Schwingungen (Ultraschallwellen) mit einer Frequenz von einem bis 30 Megahertz (1 MHz = eine Million Hz, je geringer die Frequenz, desto tieferes Eindringen ins Gewebe, aber desto geringer das räumliche Auflösungsvermögen) aus. Sie werden vom beschallten Objekt bzw. dessen Schichten je nach deren Dichte mehr oder minder stark (anechogen = echofrei, hypoechogen = echoarm, isoechogen = echogleich, hyperechogen = echoreich) reflektiert und vom Schallkopf empfangen.
Dieser leitet die reflektierten und verstärkten Signale an den Computer weiter, der aus den Daten die untersuchten Strukturen rekonstruiert und auf dem Bildschirm darstellt (Sonogramm, Ultraschallbild). Und zwar besonders gut die flüssigen, weichen und von außen zugänglichen wie z.B. die Schilddrüse, Leber, Gallenblase, Milz, Nieren, Hoden, Harnblase, Gebärmutter samt ev. vorhandener Leibesfrucht, das Herz und Brustfell. Lufthaltige oder von hartem Gewebe wie Knochen umgebene oder verdeckte Organe wie z.B. die Luftröhre, Lunge, Knochen, der Magen, Darm oder das Gehirn sind nicht so gut mit dem Ultraschall darstellbar. Zwecks besserer Unterscheidbarkeit verschiedener Gewebe voneinander werden daher bei bestimmten Fragestellungen Kontrastmittel eingesetzt. Damit sich während der Untersuchung möglichst keine störende Luft zwischen Schallkopf und Körper befindet, wird davor zwecks besserer Schallübertragung Kontaktgel auf den Schallkopf und die Haut der zu untersuchenden Person aufgebracht.
Was wie abgebildet wird, entscheidet sich aber auch anhand der verwendeten Ultraschallmethode: Die derzeit gängigste Art von Sonographie, das B-Mode-Verfahren (B-Mode, B-Bild-Sonographie, Brightness-Mode-Verfahren, Real-Time-Verfahren) liefert zweidimensionale Darstellungen (Größe, Form und Struktur) von Geweben und Organen, die sich durch unterschiedliche Helligkeitsstufen (Graustufen) unterscheiden (Flüssiges erscheint schwarz, Luft, Knochen oder Kalk weiß). Der B-Mode kann kombiniert werden mit dem M-Mode-Verfahren (Motion-Mode), das Bewegungsabläufe (z.B. Herz- oder Herzklappenfunktion) eindimensional in Diagrammen sichtbar macht (Umrechnung von Strömungsgeschwindigkeiten von Flüssigkeiten in Gefäßen und Herzen in ein Bild).
Mehrdimensionale Anwendungen wie der 3D-Ultraschall (3D-Sonographie) liefern dreidimensionale, also räumliche Ergebnisse, d.h. foto-realistische Bilder (z.B. in der Schwangerschaftsvorsorge: Lage-, Größe-, Alters- und Geschlechtsbestimmung, Erkennung von Mehrlingsschwangerschaften und Missbildungen) oder Panorama-Aufnahmen, bzw. erlaubt der 4D-Ultraschall (4D-Sonographie, Live-3D-Ultraschall) dynamisch funktionelle Untersuchungen, weil Körpervorgänge (z.B. Herzschlag, Bewegungen ungeborener Kinder) sichtbar werden.
Spezialtechniken für spezielle Fragestellungen
Für bestimmte Fragestellungen reichen oben erwähnte Verfahren nicht aus. Deshalb wurden extra Techniken entwickelt wie
- die Endosonographie zur näheren Untersuchung bestimmter Körperbereiche, die sich mithilfe eines Oberflächenschallkopfs nur schwer darstellen lassen, von innen. Hierzu dienen spezielle Schallköpfe, die in Hohlorgane wie die Speiseröhre (zur Begutachtung von Speiseröhre, Magen, Bauchspeicheldrüse, Herz), Scheide (zur Begutachtung der Gebärmutter, Eierstöcke und Eileiter) oder den Enddarm (zur Begutachtung der Prostata) eingebracht werden (intrakavitärer Ultraschall). Oder in schlauchförmige Strukturen wie Eileiter (intraluminaler Ultraschall) oder Blutgefäße (intravaskulärer Ultraschall).
- die Doppler-Sonographie (Dopplereffekt-Sonographie) oder Duplex-Sonographie, die auf dem Doppler-Prinzip beruht. Dieses besagt, dass Schallwellen mit veränderter Frequenz beziehungsweise Tonhöhe reflektiert werden, wenn sie auf einen bewegten Gegenstand treffen. Da mit einer definierten Frequenz ins Gewebe ausgesendete Ultraschallwellen von den im Blut zirkulierenden roten Blutkörperchen reflektiert werden, ist das Doppler-Prinzip medizindiagnostisch verwertbar und Flüssigkeitsströme, d.h. insbesondere die Geschwindigkeit des Blutflusses in Gefäßen, können dynamisch dargestellt werden. Und damit krankhafte Gefäßveränderungen, die zu abnormen Flussgeschwindigkeiten führen, wie Verengungen (z.B. durch Arteriosklerose, Herzklappenfehler), Verschlüsse (z.B. durch Thrombosen oder Embolien) oder Erweiterungen (z.B. Aneurysmen, Krampfadern). Beim sogenannten “intensitätsmodulierten“ Doppler werden auch Blutströme mit langsamen Flussgeschwindigkeiten (z.B. in Venen) erfasst.
Wie es um das reflektierte Echo der sich bewegenden roten Blutkörperchen, also den Blutfluss bestellt ist, wird elektronisch als akustische Signale hörbar gemacht und als Kurve aufgezeichnet. Der “Farbdoppler“ bzw. die farbkodierte Duplexsonographie liefert darüber hinaus eine farbliche Darstellung der Strömungsverhältnisse und arbeitet dabei mit einer Farbkodierung, d.h. das in Richtung Schallkopf strömende Blut wird auf dem Bildschirm mit einer anderen Farbe (meist rot) markiert als das in die andere Richtung fließende (meist blau).
- Echokardiographie (transthorakale Echokardiographie, Herzultraschall, Ultraschallkardiographie, Herzecho): Sie erlaubt die Beobachtung von Bewegungsabläufen des Herzens, was Rückschlüsse auf Größe, Beschaffenheit, Funktions- und Leistungsfähigkeit des Pumporgans gestattet. Die Farbdoppler-Echokardiographie bedient sich desselben Prinzips wie die Doppler- bzw. Duplex-Sonographie, untersucht aber die Strömungsverhältnisse am Herzen, wobei sich auch das Öffnen und Schließen der Herzklappen akustisch verfolgen und analysieren lässt.
Um die Aussagekraft eines Echokardiogramms bezüglich Herzgröße, -muskelfunktion, -muskelerkrankungen (z.B. Herzmuskelschwäche), -thromben (Blutgerinnsel in den Herzinnräumen) oder Flüssigkeitsansammlungen im Herzbeutel zu erhöhen, kann man die Echokardiographie mit einem EKG kombinieren. In Form eines intrakavitären Ultraschalls kann ein Herzultraschall sogar schon bei Ungeborenen durchgeführt werden (fetale Echokardiographie), besteht der Verdacht auf einen schwerwiegenden angeborenen Herzfehler.
Wird ein Herzultraschall nicht in Ruhe, sondern unter stufenweise gesteigerter Belastung (medikamentös oder durch körperliche Aktivität auf einem Ergometer) vorgenommen, spricht man von einer Belastungs-oder Stressechokardiographie (Stressecho). Eine weitere Sonderform ist die transösophageale Echokardiographie (Schluckecho), bei der eine Ultraschallsonde an einem Endoskop (flexibler Schlauch) angebracht und dieses vom Patienten geschluckt wird. Der via Speiseröhre durchgeführte Herzultraschall ermöglicht eine besonders detaillierte Darstellung der Herzklappen und -vorhöfe sowie etwaiger Thromben, weil etwaige Störsignale durch die Rippen und Weichteile wegfallen.
Nur selten notwendige Vorbereitungen – kaum Komplikationen
Die in der Regel schmerzlosen und noch dazu strahlenfreien Ultraschalluntersuchungen verlangen meist keine Vorkehrungen. Lediglich solche des Bauchraumes erfordern, dass Stunden davor nichts gegessen wird, weil sich nur in nüchternem Zustand Organe wie die Gallenblase optimal beurteilen lassen, denn Blähungen können Schallwellen ablenken. Gleiches gilt für die transösophageale Echokardiographie. Sind die Beckenorgane zu begutachten, sollte die Harnblase bei der Untersuchung prall gefüllt sein, um Dünndarmschlingen aus dem Becken zu drängen. Beim transvaginalen Ultraschall hingegen, bei dem die Frau auf dem gynäkologischen Untersuchungsstuhl liegt, sollte die Blase leer sein.
Das Verfahren selbst zeigt bis dato keine negativen Auswirkungen. Jedoch kann es zu Organverletzungen kommen bei unsachgemäß durchgeführten Endosonographien oder Ultraschall kontrollierten Biopsien. Oder zur Bildung von Hämatomen bei Steinzertrümmerungen.
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Datum: 12. August 2016
Kategorien: Gesundheit allgemein