Toxoplasmose: harmlos bis lebensgefährlich

Eine Toxoplasmose machen viele durch, ohne die Infektion zu bemerken. Menschen mit Abwehrschwäche oder Ungeborene, deren Mütter sich erstmals mit dem Parasiten anstecken, gehören oft nicht zu diesen Glückskindern. Bei ihnen kann die Zoonose schwerwiegende Folgen nach sich ziehen.
Die Toxoplasmose gehört zu den Zoonosen, also von Tieren auf Menschen und vice versa übertragbaren Erkrankungen. In der Mehrzahl der Fälle verläuft dies durch Parasiten verursachte Infektion beschwerdefrei und bleibt deshalb häufig unbemerkt. Schwangere, die noch keine Toxoplasmose hatten, sollten jedoch danach trachten, eine Ansteckung mit Toxoplasma gondii zu vermeiden. Sonst drohen ihrer Leibesfrucht allerlei Behinderungen. Ein Gutes hat die Infektion allerdings: Sie hinterlässt fast immer eine lebenslange Immunität gegen den Parasiten.
Übertragungswege
Die Übertragung des 3 bis 5 µm großen, ovalen bis sichelförmigen Einzellers Toxoplasma gondii (griech.: toxon = der Bogen; Gondi = nordafrikanisches Nagetier) auf den Menschen erfolgt
- über Katzenkot bzw. damit verschmutzte Erde. Denn Katzen sind sogenannte Endwirte des Toxoplasmose-Erregers, d.h. der Parasit erlangt im Dünndarm der Katze seine geschlechtsreife Form und produziert dort Oozysten (Eier), von denen Katzen bis zu einer Million pro Gramm Kot ausscheiden. Daher kann ein enger Kontakt mit freilaufenden (Infektion über Beutetiere wie z.B. Mäuse) oder rohes Fleisch speisenden Stubentigern oder das Reinigen einer Katzentoilette zu einer Ansteckung mit Toxoplasmose führen. Ebenso infektiös ist mit Oozysten verseuchtes (v.a. feuchtes) Erdreich, wo die gegenüber äußeren Einflüssen sehr widerstandsfähigen Parasiteneier über Jahre hinweg verbleiben können. Deshalb kann auch Gartenarbeit oder der Verzehr von ungenügend gewaschenem Salat bzw. bodennah wachsendem Gemüse oder Obst eine Toxoplasmose verursachen.
- via rohes oder halbrohes Fleisch, denn über die Erde bzw. Gemüse- oder Futterpflanzen gelangen Toxoplasmen auch in Nutztiere, vor allem in Schweine und Schafe, aber auch in Ziegen, Rinder und Geflügel. In diesen Zwischenwirten bilden sie in der Muskulatur, Netzhaut der Augen und im Gehirn Gewebezysten. Wird rohes bzw. unzureichend gegartes Fleisch, das solche Zysten enthält, verzehrt, gelangen die Parasiten über den Magen-Darm-Trakt ins Blut und damit in den gesamten menschlichen Organismus.
- über erstmals mit Toxoplasmen infizierte werdende Mütter auf Ungeborene, denn ab der siebten Schwangerschaftswoche schafft es der Parasit, über die Plazenta (Mutterkuchen) und Nabelschnur zum Embryo bzw. Fetus vorzudringen.
Hat man sich allerdings erst einmal mit Toxoplasmose angesteckt, ist man danach ein Leben lang immun gegen den Parasiten, denn vereinzelte Exemplare von Toxoplasma gondii können sich im Gewebe dauerhaft einkapseln. Das entspricht einer chronischen, aber latenten (verdeckten, d.h. symptomlosen) Infektion, wodurch sich Antikörper bilden, die vor einer erneuten Infektion schützen.
Klinische Erscheinungsbilder der Toxoplasmose
Toxoplasma gondii lebt in den menschlichen Zellen (intrazellulär) und kann dort Nekrosen (Gewebszerstörungen) verursachen, was je nach betroffenem Gewebe unterschiedliche Folgen hat. Ob eine Toxoplasmose überhaupt in Erscheinung tritt und wenn wie, hängt jedoch vornehmlich vom Alter und der Immunlage des Infizierten ab.
Immunkompetente Personen, also solche mit einem intakten, reaktionsfähigen Abwehrsystem, zeigen entweder keine oder nur unspezifische Symptome, die spontan wieder ausheilen wie vor allem am Hals auftretende Lymphknotenschwellungen (“Halslymphknoten-Toxoplasmose“), Kopf-, Muskel- oder Gelenkschmerzen, eine wochenlange Abgeschlagenheit, Fieber, gelegentlich auch Durchfälle.
Menschen mit – z.B. aufgrund anderer Erkrankungen (z.B. HIV-Infektion) oder der Einnahme von Immunsuppressiva (z.B. nach Transplantationen) oder Zytostatika (z.B. bei Krebs) – geschwächtem Immunsystem können zusätzlich zu den oben erwähnten Symptomen Wesensveränderungen, Krampfanfälle, Gleichgewichtsstörungen, Lähmungserscheinungen sowie eine lebensbedrohliche Gehirn-, Herzmuskel- oder Lungenentzündung entwickeln. Selten auch eine generalisierte Toxoplasmose, bei der sich der Erreger in vielen Organen wie der Leber, Lunge, Milz, den Nebennieren usw. ansiedelt und sie schädigt, was unbehandelt zum Tod führt.
Infizieren sich Frauen während einer Schwangerschaft erstmalig mit Toxoplasmen, können die Parasiten über die Plazenta das Ungeborene befallen und eine Fehl- oder Totgeburt auslösen. Oder bei ihm Missbildungen und Behinderungen verursachen, die entweder gleich oder erst verzögert (“Spätfolgen“) zutage treten. Typisch für eine solche konnatale (angeborene, pränatale) Toxoplasmose sind ein Hydrozephalus (Wasserkopf), eine Mikrozephalie (verkleinerter Kopf), Chorioretinitis (Entzündung der Ader- und Netzhaut im Auge), Verkalkungen im zentralen Nervensystem, Krämpfe, eine Hepatosplenomegalie (Vergrößerung von Leber und Milz) und Gelbsucht. Zu häufigen Spätfolgen der konnatalen Toxoplasmose zählen Entwicklungsstörungen, eine geistige Retardierung, Sehschwäche oder Blindheit, Taubheit oder ein Nystagmus (Augenzittern). Eine Sonderform bzw. Spätfolge der angeborenen Toxoplasmose ist die okuläre (die Augen betreffende) Toxoplasmose, die sich im zweiten oder dritten Lebensjahrzehnt in Form einer Retinitis (Netzhautentzündung) bemerkbar macht, die zu minimalen Sehstörungen bis hin zu einer völligen Erblindung führen kann.
Die Toxoplasmose erkennen und behandeln
Die Diagnose einer Toxoplasmose gelingt durch direkten Nachweis des Parasiten aus einer entnommenen Gewebeprobe (z.B. aus einem Lymphknoten) oder – einfacher – durch Bestimmung des Antikörpertiters (IgM: Zeichen einer frischen Infektion) gegen den Erreger im Blut, der schon eine Woche nach der Infektion ansteigt.
Eine symptomlose Toxoplasmose erfordert im Normalfall keine Therapie. Außer es handelt sich um eine erstinfizierte Schwangere, denn dann gilt es, das Ungeborene vor den Toxoplasmen zu schützen. weil das Übertragungsrisiko für das Kind mit fortschreitender Schwangerschaft zunimmt, während die Schwere der Infektion in der späteren Schwangerschaft geringer ausfällt. Behandelt wird mit Antibiotika und Folsäure. Unter regelmäßiger Blutbildkontrolle.
Bei Menschen mit beeinträchtigtem Immunsystem erfolgt die Antibiotikagabe in Abhängigkeit von Verlauf und Schwere der Erkrankung. Sie muss u.U. auch nach Abheilung der Infektion als Dauerbehandlung fortgesetzt werden, um ihr neuerliches Aufflackern zu verhindern.
Schutz vor Toxoplasmose
Angesichts der Gefahren, die für Ungeborene von den Parasiten ausgehen, wurde ein Toxoplasmose-Screening in die Vorsorgeuntersuchungen im Rahmen des Mutter-Kind-Passes aufgenommen, um möglichst früh eine eventuelle Infektion erkennen und rechtzeitig behandeln zu können. Dennoch ist es für Schwangere und auch für Menschen mit schlechter Abwehrlage ratsam, vorbeugend folgende Verhaltensregeln zu beherzigen:
- auf rohes bzw. unzureichend durchgekochtes Fleisch und rohe Fleischwaren wie Beef tartar, Rohschinken, Mett- oder Teewurst verzichten. Auch auf das Abschmecken von rohem Fleisch, denn das genügt bereits für eine Ansteckung. Fleisch mehrere Minuten über 66°C erhitzen oder es für mindestens zwei Tage unter -20°C einfrieren tötet ev. darin vorhandene Gewebezysten ab.
- auf eine gute Küchenhygiene achten: Küchenutensilien wie Schneidbretter, Messer usw., die man für die Zubereitung von Fleisch verwendet, nicht ungereinigt auch für die Bearbeitung von Salat oder Gemüse nehmen. Sonst können Toxoplasmen vom Fleisch auf andere Lebensmittel gelangen. Daher: die Utensilien ebenso wie die Arbeitsflächen und Hände nach dem Kontakt mit Fleisch gut säubern. Obst und Gemüse vor dem Verzehr waschen.
- den Kontakt mit Katzenkot vermeiden: Die Reinigung eines Katzenklos sollte mit Handschuhen erfolgen. Schwangere oder Immungeschwächte überlassen diese Tätigkeit am besten überhaupt anderen. Ähnliches gilt für Gartenarbeit, denn Freigängerkatzen verrichten ihr “Geschäft“ gern im Grünen. Doch auch das Liebkosen der Stubentiger ist nicht vollkommen risikolos, denn bei der “Katzenwäsche“ können Oozysten vom After ins Fell geraten und von dort beim Streicheln auf den Menschen. Auch hier ist ratsam: Nach dem Streicheln gut die Hände waschen. Aufs Schmusen mit Katzen besser ganz verzichten. Das gilt vor allem für junge Kätzchen, weil sie häufiger Toxoplasmose-Erreger ausscheiden als ältere, bereits dagegen immune Katzen.
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Datum: 14. Juli 2016
Kategorien: Frauengesundheit & Schwangerschaft, Infektionen & Viren