Sterilität: warum Frauen ungewollt kinderlos bleiben

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Wollen Frauen Kinder haben, bleibt ihnen dafür nur eine begrenzte Phase, innerhalb der noch dazu mit zunehmenden Jahren die Chance auf eine Schwangerschaft sinkt. Manche Frauen können aber zeitlebens keine Kinder bekommen. Für eine solche weibliche Sterilität (Unfruchtbarkeit, Infertilität) gibt es zahlreiche Gründe.

Nachwuchs bekommen gehört zu den elementaren Bedürfnissen aller Lebewesen, so auch der Menschen. Anders wäre ja auch der Fortbestand unserer Spezies in Gefahr. Doch bei vielen Paaren will es mit dem Kinderkriegen nicht so recht klappen. Die Ursachen dafür liegen teilweise bei der Frau, teilweise beim Mann und zum Teil bei beiden. Wollen Frauen dem Warum ihrer ungewollten Kinderlosigkeit auf den Grund gehen, warten eine Reihe von Untersuchungen auf sie.

Was heißt unfruchtbar?

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Sterilität (Unfruchtbarkeit, Infertilität) als Zustand, wenn sich bei regelmäßigem, ungeschütztem Geschlechtsverkehr innerhalb eines Jahres keine Schwangerschaft einstellt. Das ist in Österreich bei etwa jedem siebentem Paar der Fall. Die Ursachen dafür sind körperlicher und/oder psychischer und/oder sozialer Natur.

Unfruchtbarkeit führt zwar nicht direkt zu körperlichen Symptomen, häufig aber zu psychischen Folgen wie Phasen des Schocks und der Verzweiflung, der Verneinung und des nicht wahr haben Wollens sowie gegenseitigen Schuldzuweisungen der Partner. Schlimmstenfalls auch zu einem sozialen Rückzug und Depressionen, einem lädierten Selbstwertgefühl, einer Kränkung in der eigenen Weiblichkeit bzw. Männlichkeit und Partnerschaftsproblemen, wenn die Beziehung zu sehr auf die Erfüllung des Kinderwunsches ausgerichtet wird.

Körperliche Ursachen der Infertilität

Beeinträchtigungen der Eireifung, krankhafte Veränderungen im Genitalbereich, Infektionen, Hormon- oder Essstörungen und auch bestimmte Allgemeinerkrankungen bzw. deren Therapien sowie genetische oder immunologische Anomalien können die Fruchtbarkeit vorübergehend oder dauerhaft einschränken (Subfertilität) oder lahm legen (Infertilität):

Störungen der Eireifung: Normalerweise reift jeden Monat mindestens eine Eizelle so weit heran, dass sie in der Mitte des Zyklus befruchtet werden kann. Findet keine oder eine ungenügende Eireifung, also kein Eisprung (Ausstoßung der unbefruchteten Eizelle aus dem Eierstock) statt, kann auch keine Befruchtung erfolgen. Das hat meistens hormonelle Ursachen.

Eileiterprobleme: Damit Spermien (Samenzellen) zur befruchtungsfähigen Eizelle gelangen können, müssen sie die Eileiter passieren. Will sich eine befruchtete Eizelle in der Gebärmutterschleimhaut einnisten, muss auch sie diesen Weg antreten. Das erschweren oder verunmöglichen Veränderungen der Eileiter wie Fehlbildungen oder (meist entzündliche) Verklebungen, Verwachsungen, Vernarbungen und Verschlüsse. Oft im Rahmen von Infektionen (z.B. Chlamydien, Gonorrhoe). Kann eine befruchtete Eizelle nicht in die Gebärmutterschleimhaut einwandern, sondern verbleibt im Eileiter, entwickelt sich eine lebensbedrohliche Tubargravidität (Eileiterschwangerschaft).

Gebärmutterfehlbildungen: Normalerweise ist der Uterus (Gebärmutter) ein birnenförmiges muskuläres Organ mit Hohlraum. Aufgrund einer Fehlentwicklung kann es aber zu Veränderungen kommen, die entweder die Wanderung der Spermien in Richtung Eileiter bzw. Einnistung einer befruchteten Eizelle beeinträchtigen oder Fehlgeburten auslösen. Häufige Fehlbildungen sind:

  • Uterus septus: eine Trennwand (Septum) durchwächst einen Teil oder den gesamten Uterus
  • Uterus bicornis: Infolge einer Spaltung des Gebärmutterkörpers wirkt der Uterus herzförmig. Die beiden Teile des Organs können in einen gemeinsamen Collum uteri (Uterushals) münden (Uterus bicornis unicollis) oder vollständig getrennt sein (Uterus bicornis bicollis).
  • Uterus didelphys (Uterus duplex, Uterus duplex bicollis): doppelt angelegte Gebärmutter inklusive doppeltem Gebärmutterhals (Zervix), ev. auch doppelter Scheide.
  • Uterus unicornis: ein Teil der Gebärmutter inklusive Eileiter ist vom Rest der Gebärmutter durch Verwachsungen getrennt oder mit diesem “knickförmig“ verbunden

Störungen der Gebärmutter: Nach Infektionen oder Operationen (z.B. Curettage = Ausschabung) können Vernarbungen (Ashermann Syndrom) die regelrechte Ausbildung der Schleimhaut behindern. Tumoren in der Gebärmutter wie z.B. Myome können die Einnistung einer befruchteten Eizelle bzw.  das Wachstum eines Embryos beeinträchtigen. Auch der im Collum gebildete Zervixschleim, der die Beweglichkeit der Spermien beeinflusst, kann Fruchtbarkeitsstörungen verursachen, wenn seine Zusammensetzung nicht stimmt, z.B. infolge einer Antikörperbildung gegen Spermien, chronischer Zervixentzündungen durch aus der Scheide aufsteigende Keime oder Operationen an der Zervix.

Endometriose: Bei dieser Erkrankung kommt es zu Absiedelungen von Gebärmutterschleimhaut außerhalb des Uterus (z.B. an Eierstöcken, Eileitern, Darm, Blase, Bauchfell) unbekannter Ursache. Diese verstreuten Schleimhautinseln unterliegen denselben zyklischen Veränderungen wie die reguläre Gebärmutterschleimhaut, d.h. sie bluten während der Menstruation auch und bilden so Zysten (“Schokolade-Zysten“). Das kann die Eizellenentwicklung beeinträchtigen und die Eileiter verkleben.

Hormonstörungen: Die Aufrechterhaltung eines normalen weiblichen Zyklus  und einer Schwangerschaft erfordert ein regelrechtes Zusammenspiel von Hormonen (FSH, LH) der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) und der Eierstöcke (Östrogen, Progesteron). Tritt an einer Station dieses Regelkreises eine Störung auf, kann die Folge Unfruchtbarkeit heißen. Ein Östrogenmangel etwa führt zu Störungen in der Eizellenreifung und beim Aufbau der Gebärmutterschleimhaut. Ein Gelbkörperhormonmangel wiederum lässt es an den für die Einnistung notwendigen Veränderungen der Gebärmutterschleimhaut fehlen.

Ebenso ungünstig auf die Fruchtbarkeit wirken Hormonstörungen wie ein zu hoher Androgenspiegel (erhöhte Konzentration von männlichen Geschlechtshormonen im Blut, z.B. als Folge von Eierstock-, Hypophysen- oder Nebennierenrindentumoren, Leber-, Nieren- oder Stoffwechselerkrankungen oder eines adrenogenitalen Syndroms), eine Hyperprolaktinämie (Überproduktion des Hypophysenhormons Prolaktin) oder Schilddrüsenerkrankungen, die Ursache für wiederholte Fehlgeburten sein können. Ein erhöhter Androgenspiegel spielt auch beim polyzystischen Ovarialsyndrom (PCOS), einer Erkrankung ungeklärter Ursache mit vergrößerten Eierstöcken und Ovarialzysten (Eierstockzysten), eine Rolle.

Immunologische Besonderheiten: Manchmal wehrt sich auch das Immunsystem gegen fremde Eindringlinge wie die Samenzellen und bildet Antikörper gegen sie, sodass sie verklumpen. Oder gegen die Leibesfrucht. So kann eine erhöhte Anzahl an NK-Zellen (natural killer cells, Killerzellen) oder sogenannte antipaternale (gegen vom Vater vererbte Oberflächenmerkmale der Embryonalzellen gerichtete) Antikörper eine Abstoßung des Embryos bewirken. Es können sich aber auch Antikörper gegen die Plazenta (Mutterkuchen) bilden. Oder antinukleäre (gegen die Erbsubstanz gerichtete) Antikörper, wie sie sonst bei vielen Autoimmunerkrankungen (z.B. Kollagenosen) gefunden werden.

Gerinnungsstörungen: Eine erhöhte Blutgerinnungs- und Thromboseneigung wie sie bei der Thrombophilie, der APC-Resistenz (Faktor-V-Leiden), einem Protein C- oder Protein-S-Mangel auftritt, kann frühe Fehlgeburten verursachen.

Chromosomenanomalien: Manche Veränderungen des Erbgutes gehen mit einer verminderten Fruchtbarkeit einher wie z.B. das Triple-X-Syndrom (drei Geschlechtschromosomen: XXX).

Krankheiten: Schwere Erkrankungen wie z.B. Autoimmunerkrankungen oder Krebsleiden können sich auch auf die Zeugungsfähigkeit auswirken, ebenso aber ihre Behandlungen wie die Chemo- oder Strahlentherapie. Essstörungen wie z.B. die Magersucht beeinflussen negativ den Zyklus und damit die Fruchtbarkeit. Infektionen wie z.B. Röteln, Masern oder Toxoplasmose können ungeborene Kinder massiv schädigen und so zum Abort führen.

Andere Ursachen der Sterilität

Geschlechtsorgane, Sexualität und Fruchtbarkeit werden außer von körperlichen Vorgängen von einer Reihe anderer Faktoren beeinflusst wie z.B. Stress, großen Existenzängsten, übermäßigem Konsum von Genussgiften (Alkohol, Nikotin, Koffein), Übergewicht, Kontakt mit hormonähnlichen Substanzen (z.B. in Kosmetika), Chemikalien, Schwermetallen und anderen Schadstoffen usw.

Sterilitätsabklärung: der Fruchtbarkeits-Check

Da eine unfreiwillige Kinderlosigkeit viele Ursachen haben kann, ist es in der Regel mit einer Untersuchung nicht getan, um ihr auf den Grund zu gehen. Eine umfassende Abklärung beinhaltet:

  • eine gründliche Anamnese und gynäkologische Untersuchung
  • einen Hormonstatus
  • ein Zyklusmonitoring mittels Ultraschall und Blutuntersuchung
  • einen Abstrich aus der Scheide und der Zervix zur Feststellung einer ev. Keimbesiedelung
  • eine Hysterosalpingographie (Eileiterröntgen), ev. auch eine Laparoskopie (Bauchspiegelung) und Hysteroskopie (Gebärmutterspiegelung)

Bei Bedarf erfolgt zusätzlich eine genetische oder immunologische Abklärung, ein Blutgerinnungsstatus und Prüfung der Eizellreserve (im Blut: Anti-Müllerhormon-Bestimmung, im Ultraschall: antraler Follikelcount = Follikelzählung).

Und dann?

Der Partner ist fruchtbar, gesund und fortpflanzungswillig. Die Sterilitätsabklärung hat nichts Krankhaftes ergeben. Mit dem Nachwuchs will es aber trotzdem nicht klappen? Da hilft nur weitere Ursachenforschung wie z.B. eine gründliche internistische Durchuntersuchung zur Auffindung und Behandlung womöglich die Fruchtbarkeit störender Krankheiten wie z.B. Diabetes. Außerdem die Fahndung nach und ggf. Änderung von für die Fertilität ungünstigen Lebensgewohnheiten wie z.B. Rauchen oder Fehlernährung. Nicht zuletzt auch eine Auseinandersetzung mit seinem Innenleben bzw. (unbewussten) Motiven, im Sinne von Fragestellungen wie z.B.: Besteht tatsächlich ein Kinderwunsch oder ist es nur ein Zugeständnis an den Partner und/oder die Gesellschaft? Wie sehr belastet es mich, wenn ich kinderlos bleibe? Kommen für mich ev. Alternativen (z.B. eine Adoption) in Frage? Bei ihrer Klärung sowie dem Umgang mit dem Problem unerfüllter Kinderwunsch kann eine psychotherapeutische Begleitung helfen.

 

Weiterführende Links:
Ungewollte Kinderlosigkeit
Österreichische IVF-Gesellschaft

Links zu unserem Lexikon:
Schwangerschaft
Schwangerschaftstest im Urin
Hyperandrogenismus
Polyzystisches Ovarsyndrom

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