Wann Sport schadet
Unverzichtbarer Bestandteil eines gesunden Lebensstils ist Bewegung. Sie bringt das Herz-Kreislaufsystem in Schwung, beugt Zivilisationskrankheiten vor und hält jung. Doch Sport kann auch nachteilig wirken. Oft macht´s das richtige Maß, ob er nützt oder – wie etwa bei der Sportsucht – schadet.
Sporteln gilt als gesund, Bewegung als vorbeugende oder heilende Maßnahme bezüglich vieler Krankheiten wie z.B. Bluthochdruck, Übergewicht oder Diabetes. Das Was, Wie und Wann spielt dabei aber eine wichtige Rolle. Sonst wird aus den gut gemeinten Aktivitäten schnell ein unberechenbares Gesundheitsrisiko.
Eine dem Gesundheitszustand abträgliche Wahl der ausgeübten Sportart, fehlendes oder falsches Training, Selbstüberschätzung oder mangelnde Ausrüstung sind nur einige Ursachen, warum Sporteln Schaden anrichten kann. Zudem gibt es ein wenig bekanntes Phänomen namens Sportsucht, der krankhafte Trieb zu fortwährender Bewegung, ungeachtet äußerer Umstände und innerer Befindlichkeiten. Wie Sport die körperliche oder auch seelische Unversehrtheit gefährden kann, berichten wir hier.
Gesundheitsfalle Ausdauersport
Konsequent und moderat betriebenes Ausdauertraining (z.B. Jogging, Walken, Radeln) macht fit, stärkt Immunsystem und Kreislauf und hilft, das Gewicht zu halten oder reduzieren. Es sei denn, so manchen hoffnungsvollen Hobbyathleten packt der Ehrgeiz und er tut des Guten zu viel. Dann drohen Überlastungsschäden. Als dafür gefährdet gelten beim Laufsport in erster Linie die Füße, wo Überlastungsbrüche – v.a. bei Langstreckenläufen – regelmäßig an der Tagesordnung sind. Obwohl sich Warnzeichen (z.B. Schmerzen) einer Überbeanspruchung – etwa durch einen zu großen Trainingsumfang oder eine zu heftige Trainingsintensität – meist schon eine Weile vor der Verletzung bemerkbar machen, werden sie oft missachtet.
Zuviel sportlicher Ehrgeiz schadet auch der Pumpe, haben amerikanische Ärzte bei Teilnehmern am Boston-Marathon entdeckt. Demnach zeigten 40 Prozent der untersuchten Amateurläufer Schäden am Herzmuskel. Ursache: Es fehlte an stetigem Training. Die Sportler hatten sich mit dem Marathon über ihr Limit hinaus belastet und die Warnsymptome der Überanstrengung ignoriert. Zum Glück sind dadurch bedingte Todesfälle selten. Es dauert aber Wochen, bis sich die Herzfunktion nach diesem Stress wieder normalisiert.
Nur scheinbar sanfter ist der Trendsport Nordic Walking, dem der Ruf anhaftet, durch den Stockeinsatz die Knie beim zügigen Gehen zu entlasten. Deutsche Forscher haben die Bewegungsmuster und Kräfteeinwirkungen beim Nordic Walking vermessen und sind zur Schlussfolgerung gekommen, dass das Gegenteil der Fall ist und der Sport in bestimmten Bewegungsphasen sogar zu einer Mehrbelastung der Knie führt. Also zumindest für Menschen mit Knieproblemen und/oder Übergewicht wohl doch nicht so ideal ist.
Sport, der auf die Knochen geht
Ausgesprochen schonungslos auf das menschliche Stützgerüst aber kann Ballsport wirken. Denn anders als Ausdauersport erfordern z.B. Tennis, Volleyball, Tischtennis oder Squash oftmalige rasche Beschleunigungen und ein abruptes Abbremsen derselben. Das belastet intensiv Muskeln, Bänder, Sehnen und Gelenke. Ergo nichts für Menschen mit einem bereits lädierten Bewegungsapparat.
Handicap Sturzgefahr
Es ist der Preis für den Geschwindigkeits- oder auch Höhenrausch: Stürze gehören zu den Gefahren v.a. des Wintersports (besonders beim Snowboardfahren), aber auch trendiger Bewegungsarten wie z.B. Inlineskating oder dem Alpinsport Klettern. Häufige Folgen sind Schädel-Hirn-Traumata, die auch bleibende Schäden hinterlassen oder sogar tödlich enden können. Hier liegt der Fehler oft in der mangelnden Ausrüstung. Denn eine – noch dazu aufwandsarme – Sicherheitsvorkehrung genannt Helm kann, wenn schon nicht Stürze vermeiden, doch Kopfverletzungen verhindern oder entscheidend abmildern.
Risikofaktor legitimierte Gewalt
In puncto sportbedingtes Verletzungsrisiko toppt Boxen viele andere Sportarten. Nicht erstaunlich, da hier mit Kraft ausgeteilte Schläge direkt auf verschiedene – auch empfindliche – Körperteile des Gegners treffen. In der Folge kommt es oft zu offensichtlichen Verletzungen wie z.B. Platzwunden oder Nasenbeinbrüchen. Ein Organ aber leidet besonders unter den Gewalteinwirkungen: das Gehirn. Schwere Hirnblutungen und –läsionen oder auch chronische Hirnschäden bezeugen die Gefährlichkeit dieses Kampfsports.
Gasbläschen als Krankmacher
Auch Wassersport ist nicht immer harmlos. Beispielsweise Tauchen. Es erfordert viel Know-how und Umsicht, denn bei zu raschem Aufsteigen aus den Tiefen des Meeres kommt es zum Dekompressionsunfall, da sich durch die schnelle Druckentlastung im Blut Gasblasen lösen. Das führt zu schweren gesundheitlichen Folgen wie etwa Bewusstlosigkeit oder auch zum Tod. Doch selbst ohne eine solche Caisson-Krankheit kann häufiges Tauchen – auf lange Sicht – Gesundheitsschäden bewirken, vor denen auch Profis nicht gefeit sind. Diese möglichen – ev. auch erst nach vielen Jahren sich bemerkbar machenden – Spätfolgen umfassen neuropsychologische Veränderungen wie Gedächtnisstörungen, Depressionen oder Lähmungen sowie durch im Hirn, Rückenmark und Innenohr abgelagerte winzige Gasbläschen ausgelöste lebensbedrohliche Embolien (Gefäßverschlüsse).
Wenn Sport das Leben bestimmt
Es beginnt meist schleichend. Beispielsweise mit zwei Besuchen im Fitnessstudio pro Woche, aus denen irgendwann häufigere bis tägliche und immer länger dauernde Trainings werden. Muss eines ausfallen, entwickelt der Sportwillige psychische (z.B. Unruhe) und/oder körperliche (z.B. Magenschmerzen) Symptome. Und bekommt ein schlechtes Gewissen, wenn er einmal nicht sportelt, obwohl er sich ohnehin regelmäßig bewegt. Ein solches Verhalten legt den Verdacht nahe, dass eine Sportsucht im Gange ist.
Je mehr der krankhafte Zwang, Sport zu treiben zunimmt, desto heftiger werden die “Entzugserscheinungen“ beim Verzicht auf die gewohnte “Dosis“. Bis hin zu aggressivem Verhalten. Getrieben von ihrem Sportdrang kommen Sportsüchtige schließlich gar nicht mehr zur Ruhe. Bis hin, dass manche sogar nachts trainieren. Im Extremfall verlassen sie kaum noch ihre Sportstätte(n).
Parallele zu anderen Süchten: Betroffene können mit ihrem exzessiven Treiben nicht aufhören. Auch nicht bei negativen Konsequenzen wie z.B. einer sozialen Isolation, in die sie ihr unnatürliches Verhalten bringen kann. Ebenfalls nicht bei körperlichen Beschwerden. Die werden – genauso wie die Notwendigkeit zu regenerieren – oft einfach ignoriert. Manchmal sogar ernsthafte Verletzungen wie Bänderrisse oder Brüche. Das bleibt natürlich nicht ohne schädliche Folgen für die Gesundheit. Wie z.B. Übertrainiertheit, die sich in Form von Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen oder Muskelbeschwerden zeigt. Langfristige zu intensive körperliche Belastung kann das Immunsystem schwächen, Herz-Kreislauf-Probleme sowie eine vorzeitige Abnutzung von Gelenken, Knochen und Sehnen bewirken. Dann schadet Sport mehr als er nützt.
Die Sportsucht zählt weder zu den besonders häufigen Abhängigkeiten, noch zu den sehr bekannten. Ausdauersportler scheinen am höchsten gefährdet dafür. Es gibt aber auch Kraftsportler, die z.B. krankhaft nach Muskelmasse gieren oder Extremsportler, die wie besessen ihren Adrenalinkicks hinterherjagen.
Sportsucht findet man gleichermaßen bei beiden Geschlechtern. Allerdings variieren die ursprüngliche Motivation, Sport zu treiben und der Weg in die Abhängigkeit. Während Männer vorwiegend dem Ausdauersport frönen, auch um an Wettkämpfen (z.B. Marathon) teilzunehmen, sehen viele Frauen Sport als Weg zu Schlankheit und Schönheit und füllen deshalb die Kurse der Fitnessstudios.
Datum: 23. Januar 2014
Kategorien: Ernährung & Fitness