Sport: rückenfreundlich oder rückenfeindlich?
Bewegung stärkt die Muskulatur, löst Verspannungen und baut Übergewicht ab. Somit beugt Sport Rückenschmerzen vor und hilft sogar, wenn sie schon da sind. Aber nicht jeder. Es gibt auch Bewegungsformen, die den Rücken belasten und von denen – vor allem untrainierte – Menschen mit Kreuzweh besser die Finger lassen. Aber auch bei grundsätzlich rückenfreundlichen Sportarten gilt es einiges zu beachten.
Rückenschmerzen entstehen in der Mehrzahl durch muskuläre Verspannungen und die wieder durch Bewegungsmangel. Deshalb lautet ein wirksames Rezept gegen das “Kreuz mit dem Kreuz“: Sport. Vorausgesetzt, er wird mit der richtigen Technik und in der dem jeweiligen Trainingszustand angepassten Intensität ausgeführt.
Bestimmte Bewegungen aber schaden dem Rücken. Besonders ungünstig ist ein Überstrecken des Rückens. Ebenso rasche Drehbewegungen des Rumpfes, falls die Rücken-, Bauch- und Beckenmuskeln nicht ausreichend trainiert sind, um ihn effektiv zu stabilisieren. Dann drohen z.B. Bandscheibenläsionen. Damit der Rücken vom Sport profitiert, sollte daher schon bei der Wahl der Sportart(en), die man auszuüben gedenkt, ein Augenmerk auf deren Rückenfreundlichkeit gerichtet werden.
Sich regen bringt Segen
Die Zeiten, wo unbedingte Schonung bei Rückenschmerzen als Mittel zu deren Bekämpfung eingesetzt wurde, sind passé. Heute weiß man, dass Bewegung die erfolgreichere Therapie ist, ja Inaktivität sogar schadet. Sport muss sich auch nicht mehr auf öde Krankengymnastik oder die altbewährte Rückenschule beschränken, obwohl beides nach wie vor dem Rücken nützt. Das Wichtigste ist Bewegung überhaupt und zwar regelmäßige und vielseitige. Nun eignen sich zwar nicht alle Sportarten für Kreuzschmerzgeplagte. Doch es bleibt eine reiche Auswahl an Bewegungsmöglichkeiten, die dem Rücken guttun. Wie etwa
- Radfahren: Radeln schont die Gelenke. Allerdings muss man bei diesem Ausdauersport die richtige Lenker- und Sattelposition, Sitzhöhe und eine gute Federung des Fahrrads (Einstellung durch einen Profi! – sonst drohen Wirbelsäulenschäden) achten, um die optimale Haltung – leicht nach vorn gebeugter Oberkörper – zu gewährleisten. Dann stabilisiert die unter Vorspannung geratene Rückenmuskulatur den Rumpf. Die Beinbewegungen kräftigen die Muskeln im Lendenwirbelsäulenbereich und wappnen damit das Rückgrat gegen äußere Belastungen.
- Paddeln: Kanufahren mit seinen regelmäßigen und fließenden Bewegungen trainiert gleichmäßig unterschiedliche Muskelpartien, schult die Koordination und entspannt.
- Rückenschwimmen und Kraulen: Die wechselseitigen Bewegungen mobilisieren und kräftigen vom großen Rückenstrecker (Musculus latissimus dorsi) bis hin zu den kleinen Muskeln an der Wirbelsäule. Dank des Auftriebs, der den Körper trägt und somit dessen Gewicht “verringert“, werden Rücken und Gelenke geschont, sodass es zu keinen Überlastungen kommt und Schwimmen sich auch für Schwergewichte eignet. Es muss gegen den Widerstand, den das Wasser bietet, gearbeitet werden, was die Muskeln kräftigt. Optimal ist ein Wechsel zwischen den Schwimmstilen und der Geschwindigkeit der gezogenen Bahnen. Beim Rückenschwimmen entsteht auch kein Hohlkreuz.
- Yoga: Bestimmte Übungen, unter fachkundiger Anleitung erlernt, beugen Rückenschmerzen vor oder kurieren sie.
- Pilates: garantiert Stärkung und Dehnung verspannter Rückenmuskeln, darf aber nicht angewendet werden bei frischem Bandscheibenvorfall, extremen Fehlstellungen oder Schäden der Wirbelsäule.
- Skilanglauf: Ganzkörperkräftigung mit harmonischen Bewegungsabläufen, die auch Muskelverspannungen im Schulter- und Nackenbereich lösen.
- Walken und Wandern: sanftes Training fürs Herz-Kreislauf-System, die Muskulatur und den Stoffwechsel. Aber Vorsicht: Wirbelsäulenprobleme werden u.U. beim Abwärtsgehen verstärkt.
- Nordic Walking: eignet sich auch für sportlich Ungeübte, sofern Stockeinsatz und Haltung (Brust raus, Blick in Richtung Boden, Schultern runter- und zurückziehen) stimmen. Kräftigt die autochthone (tiefliegende) Rückenmuskulatur, bei Bewältigung von kleinen Steigungen auch die Po- und Oberschenkelmuskeln. Das Becken richtet sich auf und entlastet die Lendenwirbelsäule.
- Laufen: trainiert gleichmäßig Muskeln, Bänder und Gelenke, außer man ist übergewichtig. Dann ist die Belastung für die Gelenke zu groß. Wichtig ist es, auf weichem Untergrund (federt Bewegungen gut ab, sodass die Verletzungsgefahr deutlich sinkt), mit guten, bequemen Laufschuhen (federnde Sohlen: verhindern zu starke Stauchungen) und der richtigen Lauftechnik zu joggen.
- Reiten: bei aufrechtem Sitz und aktiver Ausführung (sonst leiden die Bandscheiben) eine prima Kombination aus guter Haltung und ganzheitlichem Muskeltraining.
- Low-Impact-Aerobic (Übungen ohne Sprünge): Vor allem Step-Aerobic kräftigt die Muskeln. Zudem wird die Koordination geschult.
- Wirbelsäulengymnastik
- Tanzen: Die bei den meisten Tänzen geforderte gute Körperspannung stärkt die Bauch- und Rückenmuskulatur. Auch der Spaßfaktor kommt nicht zu kurz. Allerdings sollten bei dem Vergnügen extreme Körperhaltungen sowie schnelle oder ruckartige Bewegungen der Halswirbelsäule und des Kopfes mit immer gleichen Bewegungsbelastungen vermieden werden.
- Inline-Skating: Rollerbladen stärkt Rücken und Ausdauer. Wichtig ist eine gute Ausrüstung (Helm, Ellbogen- und Knieschützer).
- Klettern: Effektive Kräftigung insbesondere der Rumpfmuskulatur, aber egal ob Indoor- oder Outdoor-Klettern: Die Techniken für diesen anstrengenden Sport sollten in einem Kurs erlernt werden.
Sportarten, die den Rücken nicht entzücken
Sportarten, die dem Rücken unvorteilhafte Bewegungsmuster wie extreme Überstreckungen der Hals- und Lendenwirbelsäule und/oder ruckartige Stopp- und Drehbewegungen (Stop-and-Go), eine Seitneigung des Rumpfs (z.B. Über-Kopf- oder Aufschlagbewegungen) oder Stauchbelastungen bei Landungen in unphysiologischen Haltungen (z.B. mit krummem Rücken) abverlangen sind etwa
- Tennis (v.a. Aufschlag über Kopf) und Squash: Schnelle, abrupte und einseitige Bewegungen belasten recht stark Rücken und Gelenke, v.a. bei schlechtem Trainingszustand.
- Brust-, Schmetterling- und Delfinschwimmen: Dabei ständig den Kopf aus dem Wasser zu strecken überdehnt die Wirbelsäule, erzeugt Verspannungen im Nacken und ein Hohlkreuz in der Lendenwirbelsäule.
- Golf: hohe Bandscheibenbelastungen durch schnelle Drehbewegungen beim Abschlag
- Hockey
- Ballsportarten (z.B. Badminton, Basket-, Hand-, Fuß-, Volleyball): Schnelle Bewegungen, Stopps, Sprünge und Gegnerkontakte belasten die Bandscheiben.
- Kegeln
- Surfen: unnatürliche Haltung
- Alpinskifahren und Snowboarden: vom Fahrstil abhängige hohe Druck- und Stoßbelastungen der Bandscheiben, v.a. beim Benützen vereister Hänge und Buckelpisten
- Leichtathletik-Sprung- und Wurfdisziplinen (Weitsprung, Hochsprung, Speerwerfen, Kugelstoßen): einseitige und zu massive Rückenbelastung
- Joggen bei Übergewicht: Das geht auf die Gelenke. Auch ungünstig: Bergab-Laufen
- Rennradfahren: Die extrem gebeugte Haltung belastet die Beckenregion und Halswirbelsäule.
Die Rückenfeindlichkeit einiger der genannten Sportarten lässt sich ein wenig abmildern, etwa durch gezieltes Ausgleichstraining zur symmetrischen Stabilisierung des Rückens, Oberkörpers und der Schultern mit Hilfe von Kräftigungsübungen oder die Förderung der Beweglichkeit mit Dehnübungen. Beim Skifahren sinkt die Überlastungsgefahr, wenn man sich zeitgerecht mit einem tauglichen Trainingsprogramm auf die Skisaison vorbereitet und den Fahrstil seinem Können anpasst.
Als gar nicht empfehlenswert für Menschen mit Rückenleiden – weil sehr verletzungsträchtig – gelten Sportarten, bei denen jäh große Lasten gehoben werden wie z.B. Gewichtheben oder Bodybuilding. Das gilt jedoch nicht für unter fachlicher Anleitung durchgeführtes Krafttraining im Fitnessstudio.
Unabhängig davon, für welchen Sport man sich schließlich entscheidet, gilt:
- Vorher sich mit seinem Arzt (z.B. einem Sportmediziner) beraten, bevor man loslegt. Denn falsch oder zu intensiv ausgeübter Sport kann mehr schaden als nützen.
- Aufwärmen ist das A und O, auch bei rückengesundem Sport.
- Der Spaß sollte beim Sporteln im Vordergrund stehen. Sonst macht man ihn nicht lange.
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Datum: 4. März 2015
Kategorien: Ernährung & Fitness, Rücken & Haltung