Pilates: straffer Körper, entspannte Seele, wacher Geist
Nach 10 Stunden spüren Sie den Unterschied, nach 20 Stunden sehen Sie den Unterschied, nach 30 Stunden haben Sie einen neuen Körper, das verspricht Joseph H. Pilates, Erfinder des gleichnamigen Ganzkörpertrainings, bestehend aus Abfolgen recht einfacher, aber sehr präzise auszuführender Übungen. Was Pilates noch kann? Na zum Beispiel die Konzentrations- und Koordinationsfähigkeit erhöhen. Und natürlich Stress abbauen.
Stars wie Madonna, Scarlett Johansson, Gwyneth Paltrow und viele andere mehr schwören darauf: ein sanftes Ganzkörpertraining, das in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts von dem in Deutschland geborenen, in die USA emigrierten, sportlichen Tausendsassas (arbeitete z.B. als Berufsboxer, Zirkusartist, Bodybuilder u.a.m.) Joseph Hubertus Pilates (1880-1967) entwickelt wurde und daher auch Pilates heißt. Denn es steht im Ruf, das Aussehen zu optimieren.
Die Dehn- und Kräftigungsübungen, kombiniert mit Koordinations- und Atemtechniken nutzten anfangs fast nur Tänzer und Sportler. Heute kann man Pilates beinahe als Breitensport bezeichnen. Nicht verwunderlich, dass es in vielen Fitnessstudios fixer Bestandteil des Kursangebots ist und eigene Pilates-Studios aus dem Boden sprießen. Wo das Workout hoffentlich korrekt angeleitet wird, denn falsch ausgeführt können die Übungen auch schaden.
Sanftes Ganzkörpertraining
Pilates besteht aus harmonischen, fließend ineinander übergehenden Bewegungen. die der Straffung, Formung und Stärkung des Körpers dienen. Das Training umfasst Kraft-, Koordinations- und Dehnübungen, bei denen es auch auf die richtige (= gleichmäßige und tiefe) Atmung ankommt. Trainiert wird in der Regel auf einer Matte am Boden. Es gibt aber auch Pilates-Übungen mit Hilfsmitteln (Ball, Gummiband, Ring). In manchen Pilates-Instituten auch solche an Geräten, d.h. speziellen Trainingsmaschinen, die via Stahlfedern und Seilzüge sanft den Widerstand für den Übenden erhöhen, um die genaue und kontrollierte Ausführung der Übungen zu unterstützen.
Das heute praktizierte Pilates setzt sich aus rund 500 unterschiedlichen Übungen zusammen, aus denen – abhängig von den Zielen (z.B. Behandlung von Kreuzschmerzen oder entspannender Ausgleich), persönlichen Neigungen, dem Trainingszustand und der körperlichen Verfassung der Kursteilnehmer – für jede Trainingseinheit bestimmte Übungen auserwählt und zu bestimmten Abfolgen kombiniert werden. Sie beruhen auf folgenden Prinzipien:
- Zentrierung: Ausgangspunkt jeder Bewegung ist das Körperzentrum (Bauchnabelgegend, Kraftzentrum des Körpers = Powerhouse), um tieferliegende Muskeln zu stärken und so den Körper aus der Mitte heraus aufzurichten.
- Bewegungsfluss: Alle Bewegungen werden langsam, elastisch und geschmeidig durchgeführt, sodass ein Bewegungsfluss entsteht, der die Koordinationsfähigkeit steigert und dem Körper Anmut verleiht.
- Bewusstes Atmen: Tiefe und rhythmische Atemzüge während der Übungen gewährleisten eine bessere Sauerstoffversorgung des Köpers, lösen zudem Verspannungen und trainieren das Zwerchfell.
- Konzentration: Bewusst die Aufmerksamkeit auf die einzelnen Bewegungen und die Atmung zu richten verbessert die Wahrnehmung für den Körper und optimiert seine Bewegungsabläufe.
- Kontrolle und Präzision: Jede Bewegung wird bewusst und akkurat gesteuert – eine wesentliche Voraussetzung für eine möglichst perfekte Körperbeherrschung.
Primäres Ziel: ein starkes Powerhouse
Nabel zur Wirbelsäule ziehen, Beckenboden anspannen, Becken in die neutrale Position bringen, bei Muskelanspannung ausatmen, so wird das “Kraftzentrum“ des Körpers in der Nabelregion, das sogenannte Powerhouse, aktiviert. Denn das ist die Basisidee von Pilates: ein starkes und stabiles Körperzentrum aufzubauen. Darum werden die tiefliegenden Muskelpartien (Stabilisatormuskeln des Rumpfes, “Core Stability“) am Bauch und Rücken sowie der Beckenboden besonders beansprucht, sodass sich die Körperhaltung verbessert und stabilisiert sowie fehlerhafte Bewegungsabläufe korrigiert werden. Das beugt Rückenschmerzen und Verspannungen vor. Dann werden aus einer Grundposition heraus die Muskeln an Bauch, Bein und Po gestärkt und entspannt, gedehnt und gekräftigt, der Körper von Kopf bis Fuß trainiert. Unter Vermeidung isolierter Bewegungen, um muskulären Dysbalancen vorzubeugen.
Was Pilates kann
Körper und Geist in Einklang zu bringen und Wohlbefinden zu erzeugen lauten die hehren Ziele, die Joseph H. Pilates mit seiner Trainingsmethode, die Bewegung mit Kraft, Atmung mit Wahrnehmung, Haltung mit Beweglichkeit und Anspannung mit Entspannung verbindet, erreichen wollte. Und tatsächlich hat sich Pilates zu vielerlei Zwecken als geeignet erwiesen. Es dient vor allem als
- effektives Workout zur sanften Körperformung und Optimierung des körperlichen Erscheinungsbildes (z.B. aufrechtere Haltung, schlankere Taille, Anmut)
- Förderung von mehr Beweglichkeit
- vorbeugende Maßnahme gegen Rückenschmerzen, weil es die Wirbelsäule in ihren natürlichen Krümmungen bestärkt und Fehlhaltungen entgegenwirkt
- Technik zur Lösung von Muskelverspannungen
- wirkungsvolle Entspannungsmethode, um vom Alltag abschalten, Stress abzubauen und zur Ruhe zu kommen
- Mittel zur bewussteren Körperwahrnehmung und zum Energie tanken
- Weg zu besserer Konzentrations- und Leistungsfähigkeit
- Beitrag zur Vorbeugung von Fehlfunktionen wie beispielsweise einer Harninkontinenz oder Gebärmuttersenkung
Und das quasi für jedermann, egal welchen Alters oder Trainingszustandes. Auch für Menschen, die bisher für Bewegung wenig übrighatten. Oder solche, die ein paar Kilos zu viel auf die Waage bringen. Denn die gut in den Alltag integrierbaren Übungen sind sanft, gelenkschonend und überlasten den Körper nicht. Trotzdem kräftigen und dehnen sie die gesamte Muskulatur, also auch die Hals-, Schulter-, Arm-, Gesäß- und Beinmuskeln. Was sie jedoch nicht können: jemanden in ein Muskelpaket zu verwandeln, denn die Übungen sorgen für straffe und zugleich schlanke Muskeln.
Was es zu beachten gilt
Auch wenn es sich um eher sanfte Übungen handelt: Wer beispielsweise an Schmerzen, Verletzungen, Verformungen oder Erkrankungen (z.B. Bandscheibenvorfälle, Osteoporose) der Wirbelsäule oder Entzündungen jedweder Art leidet, tut gut daran, einen Arzt zu konsultieren. Gibt der grünes Licht für das Trainingsprogramm, ist es ratsam, dieses mithilfe eines Physiotherapeuten oder gut ausgebildeten Pilates-Trainers auf die persönlichen Voraussetzungen abzustimmen. Und das Training auszusetzen, wenn man an einem akuten Infekt laboriert oder sich sonst unwohl fühlt.
Spricht nichts gegen das Training, sollte man dennoch darauf achten, es mit dem Straffen und Stretchen nicht zu übertreiben. Ganz gemäß dem Motto: „Führe alle Übungen mit Leichtigkeit aus, überanstrenge dich nicht.” Denn Pilates erfordert viel Konzentration, weil die Übungen sehr präzise ausgeführt werden müssen, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Das macht sie anstrengend.
Und hier sind wir gleich beim Thema richtige und daher nicht gesundheitsschädliche Ausführung: auch wenn es möglich ist, Pilates mithilfe entsprechender Bücher, Videos oder DVDs zu erlernen und in den eigenen vier Wänden zu üben, empfiehlt es sich, das Training bei einem erfahrenen Lehrer zu erlernen. Werden nämlich die Übungen mit falscher oder ohne Anleitung ausgeführt, drohen vor allem bei Vorschädigungen der Wirbelsäule schlimme Folgen wie verrutschte Wirbel, Bandscheibenvorfälle oder eingeklemmte Nerven. Auch eignet sich nicht jede Übung für jeden Menschen. Außerdem: Fachlich kompetente Kontrolle und Korrektur während des Trainings schulen die Eigenwahrnehmung und lassen den Lerneffekt schneller eintreten.
Weiterführender Link:
Pilates-Training
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Datum: 23. Januar 2017
Kategorien: Ernährung & Fitness