Mangelernährung: krank durch Nährstoffdefizite
Gestaltet sich die tägliche Nahrung längerfristig insgesamt oder hinsichtlich einzelner bzw. mehrerer Bestandteile zu dürftig, kann sie nicht mehr Gesundheit und Wohlbefinden gewährleisten. In diesem Fall spricht man von einer Mangelernährung. Sie ist auch in unseren Breiten anzutreffen.
Damit unser Organismus gesund bleibt und reibungslos funktioniert, braucht er regelmäßig die Zufuhr von Energie – sprich Kalorien – in Form von bestimmten Bausteinen wie Kohlenhydraten, Eiweißen und Fetten, außerdem Mikronährstoffe (Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente) und Wasser. All das in ausreichender Menge, die je nach Alter, Geschlecht, Aktivitäten und Gesundheitszustand variiert. Langfristige Abweichungen hinsichtlich der Kalorien- oder Nährstoffmenge, d.h. eine falsche Kost (Fehlernährung) zieht gesundheitliche Schäden nach sich, deren Natur sich danach richtet, was fehlt bzw. im Übermaß zugeführt wird.
Eine Unterernährung bzw. Mangelernährung zeichnet sich dadurch aus, dass der Körper nicht genug an einzelnen, mehreren oder allen Nahrungsbestandteilen bekommt. Das heißt, sie entspricht in puncto Quantität (kalorische Unterversorgung) und/oder Qualität (z.B. Einseitigkeit) nicht den physiologischen Erfordernissen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Mangelernährung als “zelluläres Ungleichgewicht zwischen der Nährstoff- und Energiezufuhr und dem Bedarf des Körpers, um Wachstum, Leistungsfähigkeit und spezifische Funktionen zu gewährleisten.“ Mangelernährung stellt in vielen Teilen der Erde ein Problem dar, das reichlich gesundheitlichen, sozialen und politischen Zündstoff in sich birgt.
Unterernährung – Mangelernährung
Unterschreitet die tägliche Kalorienzufuhr über Wochen oder gar Monate den Energiebedarf, liegt eine Unterernährung (quantitative Mangelernährung, generelle Mangelernährung) vor. Diese Art von Fehlernährung ist nicht nur in wirtschaftlich benachteiligten Gebieten anzutreffen, sondern auch in Industrienationen, wo sie zum Teil bewusst gewählt wird. In Form von “Diäten“ zur Gewichtsregulierung, um das Schönheitsideal “Schlankheit“ zu erreichen.
Auch ein alleiniges Fehlen von elementaren Nahrungsbausteinen (z.B. Vitaminmangel) ohne Einbußen an adäquater Energiezufuhr kommt vor, beispielsweise bei zu einseitiger Ernährung bzw. fehlendem Wissen über richtige Ernährung. Dann handelt es sich um eine qualitative (spezifische) Mangelernährung. Tritt zum Energiemangel ein zu geringer Gehalt an wichtigen Bestandteilen der Nahrung hinzu, spricht man von einer globalen Malnutrition (= quantitative + qualitative Mangelernährung), die in vielen Entwicklungsländern auftritt.
Sowohl eine Unter- als auch eine Mangelernährung führen langfristig zu dauerhaften Schäden im Organismus, weil sich Störungen in diversen Stoffwechsel- und Regenerationsvorgängen (z.B. Zellerneuerung) einstellen. Hält der Zustand einer eklatanten Unterversorgung an, greift der Körper auf seine Energiereserven zurück, d.h. er baut körpereigene Substanzen wie z.B. Muskelgewebe ab. Das zieht ernste Folgen (z.B. Schwächung der Immunabwehr, daher u.U. tödlich verlaufende Infektionen) nach sich.
Mangelernährung: wie es dazu kommt
Zu unterscheiden sind zwei Formen von Mangelernährung – die exogene (ungenügende Nahrungszufuhr) und die endogene (unzureichende Nahrungsverwertung). Erstere umfasst an Ursachen Zustände, die entweder generell eine mengenmäßig (quantitativ) notwendige Versorgung mit Nahrung verhindern (Hungern, Essstörungen wie Magersucht oder Bulimie, vernachlässigte Pflegebedürftigkeit) oder keine adäquate, d.h. qualitativ passende Zusammensetzung der Nahrung gewährleisten (z.B. Alkoholismus, Vitaminmangelkrankheiten, Eisenmangel etc.).
Für eine unzureichende Nährstoffversorgung verantwortlich zeichnen oft bestimmte Lebensphasen oder auch Krankheiten, die den Verbrauch oder Verlust an Energie bzw. Nahrungsbausteinen und somit den Nährstoffbedarf erhöhen wie Wachstumsschübe, Schwangerschaft, Stillzeit, Fieber, Infektionen (z.B. AIDS, Tuberkulose), eine Schilddrüsenüberfunktion, Verbrennungen, Verletzungen (offene Wunden) sowie Heilverfahren wie bestimmte Medikamente (z.B. Insulin, Schmerzmittel, Kortikosteroide, Chemotherapeutika), große Operationen oder eine Hämodialyse.
Eine endogene Mangelernährung kommt zustande durch eine infektiös, mechanisch oder enzymatisch bedingte Malabsorption (gestörte Aufnahme von Nährstoffen) oder Maldigestion (beeinträchtigte Verwertung von Nährstoffen) im Magen-Darm-Trakt wie etwa bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (M. Crohn, Colitis ulcerosa) oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten (z.B. Laktoseintoleranz). Oder als Kachexie im Rahmen einer konsumierenden Erkrankung (z.B. Krebs).
Zudem können körperliche (z.B. Kaubeschwerden, Schluckstörungen, herabgesetzte Beweglichkeit der Arme/Hände) und geistige (z.B. Vergesslichkeit, Verwirrtheit) Beeinträchtigungen eine Mangelernährung auslösen, wenn dadurch die Bewältigung von Alltagsaufgaben wie z.B. Einkaufen oder Kochen eingeschränkt wird.
Symptome einer Mangelernährung
Erstes Anzeichen einer Unterernährung (= Mangel an Energie, d.h. Kohlenhydraten, Eiweißen und Fetten) ist zumeist eine ungewollte Gewichtsabnahme, später gefolgt von einer breiten Palette an Symptomen im Bereich diverser Organe. Infolge einer Mangelernährung auftretende Beschwerden hängen davon ab, woran (vereinzelte Nahrungsbestandteile oder generelle Unterversorgung) und in welchem Ausmaß es fehlt und wie lange dieser Zustand schon besteht.
So zeigt sich eine unzureichende Kohlenhydratzufuhr in einer Unterzuckerung mit Kopfschmerzen, Schwächegefühl, Kreislaufproblemen, Konzentrations- und Sehstörungen u.a.m. Ein ungenügender Fettkonsum wiederum führt zu Beschwerden wie Hautleiden, einer gestörten Wundheilung, vermehrten Infektanfälligkeit, Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, Leistungseinbußen u.a.m. Außerdem zu Vitaminmangelerscheinungen betreffend die fettlöslichen Vitamine A, D, E und K.
Ein Eiweißdefizit verursacht eine sogenannte Protein-Energie-Mangelernährung (PEM), die sich – je nach Ausmaß des Proteinmangels – in unterschiedlichen Krankheitsbildern zeigt, bei schwerer Ausprägung als Kwashiorkor, Marasmus oder gar marasmischer Kwashiorkor. Der Kwashiorkor beinhaltet eine vermehrte Brüchigkeit der Haare mit Haarausfall, Muskelatrophie, verminderte körperliche und geistige Leistungsfähigkeit, beeinträchtigte Fruchtbarkeit, erhöhte Infektanfälligkeit, Neigung zur Ödembildung (Flüssigkeitseinlagerungen im Gewebe, v.a. an den Füßen, Beinen, Händen, bei starkem Eiweißmangel im Gesicht und am Bauch = “Hungerbauch“) u.a.m. Beim Marasmus stehen ein starker Gewichtsverlust mit Schwund des Unterhautfettgewebes und der Muskulatur sowie ein Abfall von Körpertemperatur, Blutdruck und Pulsfrequenz im Vordergrund. Den marasmischen Kwashiorkor kennzeichnen vor allem eine deutliche Gewichtsabnahme und Ödeme.
Ein zu geringer Verzehr von Ballaststoffen fördert Verdauungsstörungen und die Entstehung verschiedener Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts (z.B. Divertikel, Hämorrhoiden). Ein Mangel an Vitaminen, Spurenelementen oder Mineralstoffen wiederum führt zu verschiedensten Veränderungen (z.B. Blutarmut, Mundwinkelrhagaden, Nachtblindheit, Knochenschwund etc.) im Körper, in Abhängigkeit davon, an welchem Vitalstoff /welchen Vitalstoffen es nun fehlt.
Eine Mangelernährung erkennen
Ein unbeabsichtigter Gewichtsverlust, womöglich in Verbindung mit Appetitlosigkeit, sollte auf jeden Fall zum Arzt führen, der sich daraufhin in der Anamnese (Erhebung der Krankengeschichte) nach Beschwerden (u.a. beim Kauen und Schlucken) und Veränderungen, der Lebenssituation und Nahrungszusammenstellung, dem Stuhlverhalten, bestehenden Krankheiten und Behandlungen erkundigt sowie körperliche Untersuchungen (z.B. Abwiegen, Vermessung von Extremitätenumfängen usw.) durchführt und den Body Mass Index (BMI) berechnet. Vor allem bei einer qualitativen Mangelernährung können darüber hinaus Blutbefunde Klarheit erbringen, woran es fehlt.
Eine Mangelernährung behandeln
Eine ausgeprägte Mangelernährung kann lebensbedrohliche Ausmaße annehmen und muss daher zwingend behandelt werden. Ihre Therapie hängt von ihrer Ursache, die nach Möglichkeit beseitigt werden sollte, ab. Ziel ist es, unter Berücksichtigung individueller Vorlieben, Kau- und Schluckmöglichkeiten wieder eine ausreichende Menge an allen erforderlichen Nahrungsbestandteilen zuzuführen. Bei Bedarf unterstützt durch Nahrungsergänzungsmittel (z.B. Vitaminpräparate), speziell mit Nährstoffen angereicherte Speisen oder Trinknahrung in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen, wenn das nicht möglich ist, durch künstliche Ernährung (enterale Ernährung, Sondenernährung, z.B. spezielle Nährlösungen per Nasensonde, PEG-Sonde oder parenterale Ernährung, d.h. intravenöse Infusionen).
Einer Mangelernährung vorbeugen
In wirtschaftlich gut gestellten Ländern mit Zugang zu einer noch nie dagewesenen Lebensmittelvielfalt können Informationskampagnen zum Thema gesunde Ernährung das Problem Mangelernährung zumindest teilweise entschärfen. Außerdem ein besonderes Augenmerk auf die Situation von Senioren und Pflegebedürftigen hinsichtlich ihrer Ernährungssituation. In Entwicklungsländern sind zur Behebung der dortigen prekären Situation weit intensivere Maßnahmen und Unterstützungen wie etwa Nahrungsspenden, Wirtschafts- und Ernährungsprogramme vonnöten.
Links zu unserem Lexikon:
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Datum: 20. Oktober 2015
Kategorien: Ernährung & Fitness