Exsikkose: wie Austrocknung die Gesundheit gefährdet
Wasser ist Leben. Alle Lebewesen brauchen es. Der Mensch sogar täglich. Und in ausreichender Menge. Bereits ein geringer Mangel an dem unverzichtbaren Lebenselixier zeitigt ernste Folgen. Denn eine Dehydratation bzw. Exsikkose betrifft den ganzen Organismus.
Verhungern dauert, aber Verdursten geht schnell. Denn ganz ohne Wasser kann kein Organismus überleben. Egal ob Pflanze, Tier oder Mensch. Letzterer braucht – abhängig von Alter, Klima, Aktivitäten und Gesundheitszustand – täglich eine bestimmte Menge von dem kostbaren Nass, um gesund zu bleiben. Im Normalfall sorgen das Durstgefühl und hormongesteuerte Stoffwechselvorgänge für eine adäquate Flüssigkeitsaufnahme. Ist diese gestört oder verliert der Körper übermäßig Wasser, kommt es zum Flüssigkeitsmangel (Abnahme des Körperwassers) alias Dehydratation (Dehydration, Dehydrierung) und schließlich Austrocknung alias Exsikkose (Exsikkatio, lat.: ex = aus, siccatio = Trocknung).
Lebenselixier Wasser
Ohne Wasser geht im menschlichen Organismus so gut wie gar nichts. Abgesehen davon, dass der Körper selbst aus – altersabhängig (in jungen Jahren höherer Wasseranteil) – bis zu 75 Prozent Wasser besteht, braucht er es für Vorgänge wie den Transport, Umsatz und die Aufnahme von Nährstoffen sowie Ausscheidung von Schadsubstanzen, für sein Wachstum und Gedeihen.
Der Großteil des Körperwassers befindet sich innerhalb der Körperzellen (intrazellulär), ein Teil außerhalb (extrazellulär), wobei mit Hilfe von Natrium die Verteilung zwischen intra- und extrazellulärer Flüssigkeitsmenge in der Regel konstant gehalten wird. Das bedeutet, der Wassergehalt des Organismus ist eng mit seinem Salzgehalt (Elektrolytgehalt) verbunden. Dementsprechend führt die Aufnahme von Natrium – etwa in Form von Kochsalz (Natriumchlorid) in der Nahrung – zu einer gleichzeitigen Wasserzufuhr, der Verlust von Natrium – z.B. durch Schwitzen – zum Wasserverlust. Störungen in der Flüssigkeitsbilanz (Verhältnis zwischen Flüssigkeitsaufnahme und –abgabe) gehen also immer mit Störungen im Elektrolythaushalt einher.
Als Regulatoren der Wassermenge im Organismus dienen das in der Hirnanhangsdrüse erzeugte antidiuretische Hormon (ADH) und das Durstgefühl. Das läuft so ab: Der Hypothalamus (Teil des Zwischenhirns) registriert, wie es mit der Konzentration der Blutkörperchen im Verhältnis zur Flüssigkeitsmenge in den Blutgefäßen bestellt ist. Ist das Blut “zu dick“ (mehr Blutkörperchen pro Einheit Blutserum) dient der dadurch entstehende hohe osmotische Druck als Signal für ihn, die Hirnanhangsdrüse anzuweisen, ADH freizusetzen. Dieses Hormon “sagt“ dann den Nieren, dass und wieviel Wasser sie einbehalten sollen. Gleichzeitig meldet sich das Durstgefühl. Erfolgt daraufhin eine adäquate Flüssigkeitszufuhr, wird das Blut “dünner“ und die ADH-Sekretion bremst sich ein, sodass wieder mehr Wasser ausgeschieden, d.h. Harn produziert wird.
Deshalb ist die tägliche Zufuhr von Wasser unerlässlich – in einer dem Alter und Gewicht entsprechenden Menge. Erwachsene benötigen also etwa 30 bis 40 Milliliter Flüssigkeit pro Kilogramm Körpergewicht, Kinder deutlich mehr (z.B. Säuglinge bis vier Monate: 130 ml/kg KG). Dabei gilt auch zu beachten, dass der Körper in bestimmten Situationen mehr Wasser als sonst braucht wie etwa beim Konsum vieler salzhaltiger Speisen, Verrichten schwerer körperlicher Arbeit, bei hohen Außentemperaturen oder Fieber, sportlichen Aktivitäten, Fastenkuren, Durchfall und Erbrechen. Im Gegensatz dazu verbieten manche Gegebenheiten (z.B. eine ausgeprägte Herzschwäche) eine zu reichliche Flüssigkeitszufuhr.
Formen der Dehydratation
Täglich erleidet der Organismus über seine Ausscheidungen, die Haut (Schweiß) und Lunge (Atmung) einen Verlust an beachtlichen Wassermengen, der mittels Trinken und den Verzehr wasserhaltiger Nahrungsmittel ausgeglichen werden muss. Andernfalls entwickelt sich eine Dehydratation und schließlich Exsikkose. Schlimmstenfalls kommt es zum Verdursten.
Abhängig davon, ob sich bei einem Flüssigkeitsmangel der Wasser- und der Natriumverlust die Waage halten oder eins der beiden im Vordergrund steht, unterscheidet man zwischen folgen Arten von Dehydratation:
Isotone Dehydratation: Es fehlt gleichermaßen an Wasser und Natrium, weshalb sich vor allem Zeichen der Hypovolämie (verringertes Blutvolumen) wie Durst, Herzrasen, eine verminderte Harnproduktion, Hypotonie (Blutdruckabfall) und Kollapsneigung bemerkbar machen.
Hypotone Dehydratation: Hier ist der Salzverlust (= Natriumverlust) größer als der Wasserverlust. Die daraufhin sich einstellende extrazelluläre Hypotonie bewirkt entsprechend den Gesetzen der Osmose ein intrazelluläres Ödem (Flüssigkeitsansammlung). Auch im Gehirn, was die in diesem Fall zusätzlich zu den Zeichen der Hypovolämie auftretenden Symptome wie Benommenheit, Verwirrtheit oder Krampfneigung erklärt.
Hypertone Dehydratation: Hier fehlt vor allem das Wasser, wie etwa bei einem diabetischen Koma oder einem Diabetes insipidus. Dadurch kommt es zu einer extrazellulären Hypertonie und damit zu einem intrazellulären Wassermangel. Das heißt es entwickelt sich kaum eine Hypovolämie, sondern vielmehr ein extremer Durst, eine ausgeprägte Haut- und Schleimhauttrockenheit, verminderte Harnproduktion, eventuell auch Fieber.
Wie eine Exsikkose entsteht
Die Austrocknung eines Organismus kommt durch eine sogenannte negative Flüssigkeitsbilanz zustande, d.h. es geht mehr Flüssigkeit verloren als aufgenommen wird bzw. der Körper braucht, respektive es wird zu wenig Flüssigkeit zugeführt. Ein gesteigerter Verlust von Wasser kann auf drei Wegen erfolgen:
- über die Haut: z.B. Schwitzen bei körperlicher Anstrengung unter heißen Temperaturen oder bei ausgedehnten Verbrennungen.
- über den Darm: z.B. als Komplikation einer Durchfallerkrankung (v.a. bei Säuglingen, Kleinkindern) oder intensiven Erbrechens.
- über die Nieren: z.B. durch die Einnahme von Diuretika (harntreibende Mittel zur Therapie von Bluthochdruck, Herzschwäche usw.), im Rahmen eines Diabetes insipidus oder während der polyurischen Phase eines akuten Nierenversagens.
Eine unzureichende Wasserzufuhr ist bei Personen (v.a. Senioren) mit einem gestörten Durstempfinden anzutreffen.
Einen Flüssigkeitsmangel erkennen und beheben
Ein Flüssigkeitsmangel zieht eine Vielfalt an möglichen Folgeerscheinungen nach sich wie:
- eine trockene Haut und Schleimhäute.
- Konzentrations- oder Bewusstseinsstörungen wie z.B. eine erhöhte Reizbarkeit, Agitiertheit (krankhafte Unruhe), Verwirrtheit oder Somnolenz (Schläfrigkeit, Bewusstseinstrübung) und damit erhöhte Unfallgefahr (z.B. Sturz).
- Kopfschmerzen, Schwindel.
- eine eingeschränkte (Oligurie) bis fehlende (Anurie) Harnproduktion und damit ein erhöhtes Risiko für Harnwegsinfektionen, eine Steinbildung in den Harnwegen und Anhäufung harnpflichtiger Substanzen im Blut.
- eine Hypotonie (erniedrigter Blutdruck) und Tachykardie (Herzrasen) durch das verminderte Blutvolumen bis hin zum Kollaps.
- Muskelkrämpfe, Schwächegefühl.
- eine veränderte Rheologie (Fließeigenschaften) des Blutes.
- Kau- und Schluckprobleme.
- einen Gewichtsverlust.
Therapie der Wahl einer Dehydrierung ist die Rehydrierung, d.h. Zufuhr von Flüssigkeit und Elektrolyten – durch Trinken oder per Infusion. Und zwar in kontrollierter Form. So darf etwa bei einer hypotonen Dehydratation mit starkem Natriummangel die erforderliche Natriumzufuhr nur langsam erfolgen. Andernfalls drohen schwere Nebenwirkungen am Gehirn (z.B. zentrale pontine Myelinolyse = Entmarkung der Nervenfasern in der Brücke, einem Teil des Hirnstamms). Auch bei einer hypertonen Dehydratation darf der Elektrolytausgleich nur langsam und schrittweise geschehen, damit es zu keiner Wasserverschiebung in den Liquorraum kommt.
Einer Dehydratation vorbeugen
Wassermangel ist nicht nur ein “Dritte-Welt-Problem“. Man findet Dehydrierte auch in Gebieten mit guter Wasserversorgung. Und zwar vorwiegend betagte Menschen, denn im Alter lassen die Regulationsmechanismen des Wasser- und Elektrolyt-Haushalts wie etwa das Durstgefühl, außerdem die Anpassungsfähigkeit der Nieren nach, weshalb bereits geringe Flüssigkeitsdefizite zu ernsten gesundheitlichen Störungen führen können. Dann sind Strategien gefragt, um nicht auf das lebenswichtige Trinken zu vergessen. Deshalb raten Experten Senioren, einen individuellen Trinkfahrplan zu entwerfen mit Tricks wie direkt nach dem Aufstehen und vor jedem Essen ein Glas Wasser zu trinken, beim Frühstück außer der Tasse Tee oder Kaffee ein Glas Saft zu servieren, immer Trinkbares in Sichtweite zu stellen, Strohhalme oder Schnabeltassen als Trinkhilfen zu nehmen usw.
Ein gerne totgeschwiegenes Problem ist, dass viele ältere Menschen sich auch deshalb scheuen, genug zu trinken, weil sie fürchten, bei dem daraufhin erhöhten Harndrang nicht mehr rechtzeitig die Toilette zu erreichen bzw. sich dort nur mühsam entkleiden können. Abhilfe schaffen z.B. das Tragen von Röcken oder Hosen mit Gummizügen statt Knöpfen oder Ösen, das Benutzen von Vorlagen zum Auffangen kleinerer Urinmengen, die nicht gehalten werden können sowie ein Beckenbodentraining zur Kräftigung des Schließmuskels.
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Datum: 28. Oktober 2015
Kategorien: Ernährung & Fitness