Perimetrie: warum eine Gesichtsfeldmessung wichtig ist

© Robert Przybysz - stock.adobe.com

Für einige potentiell das Sehvermögen einschränkende Krankheiten (z.B. grüner Star) ist das Vermessen des Gesichtsfelds zu ihrer Diagnose oder Verlaufskontrolle notwendig. Das kann auf unterschiedliche Weise geschehen. Einzige Voraussetzung für eine Perimetrie: Der Patient muss mitarbeiten können und wollen.

Das neben der Sehschärfe für die korrekte Sehfunktion bedeutsame Gesichtsfeld ist der gesamte Bereich der Außenwelt, den ein ruhig stehendes, also geradeaus einen festen Punkt fixierendes Auge zu sehen imstande ist. Beim Blick nach vorne reicht das wie ein Halbkreis geformte Gesichtsfeld zur Seite bis zu einem Winkel von über 90 Grad, nach unten bis zu 70 Grad und nach oben sowie zur Nase hin bis zu 60 Grad. Wobei sich die Gesichtsfelder des rechten und des linken Auges in der Mitte überschneiden (Ort der Tiefenwahrnehmung). Und das Gesichtsfeld für Farben kleiner ist als für weißes Licht, sodass Gegenstände an seinem Rand nicht farbig wahrgenommen werden. Im Normalfall sieht man in der Mitte des Gesichtsfeldes nämlich am besten, weil sich die Sehschärfe und das Farbunterscheidungsvermögen auf den zentralen Netzhautbereich beschränken. In den äußeren Anteilen des Gesichtsfelds sieht man weniger deutlich. Doch erweist sich das periphere Gesichtsfeld besonders bei der Fortbewegung (z.B. Laufen, Autofahren) für die Orientierung im Raum und das rechtzeitige Erkennen plötzlich auftauchender Gefahren von essentieller Bedeutung. Ist es eingeschränkt, können Gegenstände im Umfeld (z.B. Tischkante, Türrahmen) nicht bemerkt werden und es kommt leichter zu Unfällen, etwa weil man über eine übersehene Bordsteinkante stolpert.

Zudem hängt das Gesichtsfeld ab von der Adaptation (Gewöhnung ans Licht), der Größe und Helligkeit eines betrachteten Objekts. Und seine Größe nimmt aufgrund normaler Alterungsprozesse mit fortschreitenden Jahren ab. Vorübergehend auch bei Müdigkeit, Stress oder Migräne. Krankhaft beeinträchtigt wird das Gesichtsfeld durch Augenleiden wie z.B. ein Glaukom (grüner Star) oder eine Makuladegeneration. Solche Gesichtsfeldausfälle werden mittels Gesichtsfeldmessung (Perimetrie, Perimetermessung, Gesichtsfelduntersuchung), die das gesamte Sehfeld vom Zentrum bis zum äußersten Rand erfasst, erkannt.

Bei Gesichtsfeldausfällen unterscheidet man zwischen

  • inselförmigen Skotomen (griech.: skòtos = Schatten): hiervon gibt es absolute “blinde Flecke“ (auch einen physiologischen an der Stelle des Sehnerveneintritts ins Auge) mit fehlendem Sehvermögen und relative mit lediglich reduziertem Sehvermögen (Seheindruck: graue, verwaschene Bereiche)
  • Metamorphopsien (Verzerrungen)
  • einer Quadrantenanopsie (Quadrantenausfall): ein Viertel des Gesichtsfelds ist erblindet
  • einer Hemianopsie (Halbseitenausfall): die Hälfte des Gesichtsfelds ist erblindet

Zweck einer Perimetrie

Das Vermessen der Größe eines Gesichtsfelds dient in erster Linie der möglichst frühzeitigen Erkennung sowie Verlaufskontrolle einiger Erkrankungen, die das Sehvermögen beeinträchtigen können wie

  • unklare Seh-, Orientierungs-, Lesestörungen, Helligkeitsverluste, Nyktalopie (Nachtblindheit).
  • das Glaukom (grüner Star): ein erhöhter Augeninnendruck führt zu Nervenfaserschädigungen und damit im fortgeschrittenen Stadium zu Skotomen.
  • die Ablatio retinae (Netzhautablösung): typisch sind sektorale Gesichtsfeldausfälle.
  • die Makuladegeneration: Erkrankung der Makula lutea (“gelber Fleck“: Stelle des schärfsten Sehens in der Netzhaut) mit allmählichem Funktionsverlust des dortigen Gewebes und zentralen Gesichtsfeldausfällen.
  • die Retinopathia pigmentosa (Retinitis pigmentosa): meist erblich bedingte Netzhauterkrankung, die in einen Untergang der Sehrezeptoren mündet und mit einem konzentrisch eingeengten Gesichtsfeld einhergeht.
  • Läsionen der Sehbahn durch einen Hirntumor, Schlaganfall, ein Hirngefäßaneurysma (stellenweise Wandverdünnung und Ausweitung) oder Trauma, die je nach Lokalisation der Schädigung zu verschiedenen Arten von Gesichtsfeldausfällen führen (z.B. Quadranten- oder Hemianopsie bei Schlaganfall.

Außerdem kommt die Perimetrie im Rahmen von Eignungsbeurteilungen (z.B. bezüglich Flugtauglichkeit von Piloten, Fahrtauglichkeit) und der Erstellung von Gutachten zum Einsatz, indem das binokulare Gesichtsfeld (Gesichtsfelder beider Augen) bewertet wird.

Statische Perimetrie

Die am häufigsten gebrauchte Methode zur Gesichtsfeldmessung ist die computergesteuerte, automatisiert ablaufende statische Perimetrie (Computerperimetrie, Schwellenperimetrie), bei der der Patient, dessen Kopf auf einer Kinn- und Stirnstütze des Perimeters ruht, in einem ruhigen, dunklen Raum vor dem halbrunden Testbildschirm des Gerätes sitzt und mit einem Auge ein Licht in der Mitte dieses Bildschirms fixiert, während das andere Auge abgedeckt ist. An verschiedenen Stellen des Bildschirms erscheinen unbewegte Lichtmarken in zufälliger Reihenfolge an vorher festgelegten Punkten eines Rasters. Jedes Mal, wenn der Getestete eine solche Marke aufleuchten sieht, gibt er ein Signal, indem er einen Druckknopf in der Hand betätigt und der Computer protokolliert die Daten (Reizort und Reizstärke = Helligkeit). Bleibt die Reaktion auf einen erfolgten Lichtreiz aus, registriert auch das der Computer und wiederholt das Lichtsignal später an derselben Position mit einer höheren Lichtintensität. Erfolgt auch dann keine Meldung, wertet der Rechner das als Gesichtsfeldausfall und bietet einen neuen Lichtreiz an anderer Stelle an.

Nach einigen Minuten ist der Vorgang abgeschlossen. Dann erfolgt dieselbe Prozedur mit dem anderen Auge. Abschließend wird das Ergebnis ausgewertet (Erstellung einer Karte des Gesichtsfeldes bzw. eines Ausdrucks mit Graustufen oder Zahlenwerten) und mit altersentsprechenden Normwerten verglichen, wobei eine kleine Anzahl von “ falschen“ Antworten (gedrückt ohne Lichtsignal, nicht gedrückt trotz Signal) toleriert wird. Das Verfahren erlaubt auch einen guten Vergleich der aktuellen Messdaten mit eventuellen Vorbefunden. Auch Gesichtsfeldmessungen für Farben sind möglich, indem farbige Lichtpunkte projiziert werden (z.B. Blau-Gelb-Perimetrie), um zentrale Ausfälle und Sehnervendefekte besser zu erkennen.

Kinetische Perimetrie

Eine ältere, heute seltener angewendete Variante der Gesichtsfelduntersuchung ist die manuelle, also durch einen Untersucher gesteuerte kinetische Perimetrie (Goldmann-Perimetrie, Konturperimetrie), bei der der Patient vor einer gleichmäßig ausgeleuchteten Halbkugel oder einem schwarzen Schirm (Kampimetrie) sitzt und mit einem Auge das Zentrum dieser Halbkugel/des Schirms fixiert, während das andere Auge abgedeckt ist. Der Untersucher bewegt Lichtpunkte mit konstanter Helligkeit und Größe langsam von außen auf die Mitte des Bildschirms hin und der Patient gibt eine Meldung ab, sobald er einen Lichtpunkt in sein Gesichtsfeld wandern sieht. Dieser Vorgang wiederholt sich aus verschiedenen Richtungen so oft, bis sich die zwecks Veranschaulichung auf einem Blatt Papier eingezeichneten Punkte, an denen die Lichtmarke erkannt wurde, zu einem Isopter (Linie mit überall gleicher Netzhautempfindlichkeit) verbinden lassen. Anschließend werden nach Reduktion der Intensität und Größe der Lichtmarken auch die Isoptere für schwächere Lichtsignale bestimmt.

Vorteil der kinetischen Methode gegenüber der statischen ist, weiter außen liegende Gesichtsfeldausfälle einfacher feststellen zu können, während die statische Perimetrie kleine Skotome genauer darstellt.

Einfache Gesichtsfeldmessungen

Zur groben Abschätzung der Gesichtsfeldgröße genügt die einfach und ohne Gerät durchzuführende Fingerperimetrie (Konfrontationsperimetrie, auch eine Form von Konturperimetrie): Arzt und Patient sitzen sich im Abstand von rund einem Meter gegenüber. Während der Patient mit jeweils einem Auge die Nasenspitze des Untersuchers fixiert, breitet der Arzt seine Arme in entgegengesetzte Richtungen aus und bewegt von außen, dann auch von innen, oben und unten Finger einer Hand in Richtung des Gesichtsfelds des Patienten. Der lässt jedes Mal erkennen, wenn und wo er einen ärztlichen Finger wahrnimmt.

Genauso einfach und zudem sehr schnell geht der sogenannte Parallelversuch vonstatten: Arzt (mit normalem Gesichtsfeld) und Patient sitzen sich gegenüber, verdecken beide je ein Auge und fixieren mit dem geöffneten Auge das jeweils gegenüberliegende Partnerauge. Der Arzt bringt mit der freien Hand einen Gegenstand aus allen Richtungen ins Gesichtsfeld und vergleicht seine Wahrnehmung mit der des Patienten.

Dann gibt es noch das sogenannte Amsler-Netz, das Auskunft gibt über den zentralen Bereich des Gesichtsfelds sowie allfällige Metamorphopsien. Dabei blickt der Patient mit jeweils einem Auge auf einen mittigen Punkt des Gitternetzes und kann anhand der geraden Linien feststellen, ob und wo sein Sehsinn ausgefallen, abgeschwächt oder verzerrt ist, d.h. ob das Gitter Lücken (bei Skotomen) oder Verzerrungen der Linien (bei Verzerrungen) aufweist, und zeichnet sie ggf. ein.

Bei allen Methoden der Gesichtsfeldmessung wird das gerade nicht getestete Auge deshalb blickdicht (mit Augenklappe) abgedeckt, damit es nicht vielleicht Defizite des geprüften Auges ausgleicht und es so zu einer Verfälschung des Untersuchungsergebnisses kommt.

Die Perimetrie ist mit keinerlei gesundheitlichen Risiken verbunden, kann aber manchmal infolge der erforderlichen hohen Konzentration Kopfschmerzen und Augenbrennen nach sich ziehen. Allerdings birgt sie den Nachteil, dass das Untersuchungsergebnis stark von der Mitarbeit des Patienten abhängt. Ist dieser müde oder unkonzentriert oder kann den Anweisungen nicht folgen, liefert er unter Umständen falsch positive (Lichtpunkte, die das Gerät nicht gesetzt hat, werden gemeldet) oder falsch negative (keine Reaktion auf gesetzte Lichtpunkte) Resultate und macht damit womöglich das Ergebnis unbrauchbar. Willentlichen Verfälschungen, etwa in Form bewusst unterlassener Meldungen auf Lichtreize setzt die automatisierte statische Perimetrie “Fangfragen“ entgegen.

Übrigens: Außer dem Gesichtsfeld gibt es auch ein – viel größeres – Blickfeld. Darunter versteht man den Bezirk, den man mit maximalen Augenbewegungen (“Augenrollen“ in alle Richtungen), aber ruhiggestelltem Kopf erfassen kann. Eine Bestimmung des Blickfelds interessiert beispielsweise bei Augenmuskellähmungen.