Kurzsichtigkeit: bei Kindern besser rechtzeitig behandeln

Kurzsichtige nehmen entfernte Gegenstände nur verschwommen wahr. Besser sehen gelingt in jedem Alter mit Brille, Kontaktlinsen oder operativ. Einhalt gebieten lässt sich der Kurzsichtigkeit (Myopie) aber am besten in jungen Jahren.
Kurzsichtige können nahe Objekte scharf sehen, haben jedoch Probleme damit, entfernte Gegenstände deutlich zu erkennen. Tragen sie keinen Sehbehelf, kneifen sie beim Blick in die Ferne die Augenlider zusammen, um die Bildschärfe zu verbessern. Dieser “Blinzelei“ verdankt die Kurzsichtigkeit ihre medizinische Bezeichnung Myopie (griech.: myops = Blinzelgesicht). Sie gehört neben der Weit- (Hyperopie) und Stabsichtigkeit (Astigmatismus) zu den häufigsten Fehlsichtigkeiten und ist in vielen Fällen erblich bedingt. Rund ein Viertel der Bevölkerung ist kurzsichtig. Bei Kindern macht sich das spätestens im Schulalter – wenn z.B. die Sicht auf die Tafel beeinträchtigt ist – bemerkbar.
Ursachen der Myopie
Kurzsichtigkeit hat im Wesentlichen zwei Ursachen: Der Augapfel ist zu lang (normales Auge: rund 24 mm, myopes Auge: oft 25-28 mm). Dann liegt eine sogenannte Achsenmyopie, die häufigste Ursache für eine Myopie, vor. Oder die Brechkraft von Linse oder Hornhaut ist zu groß wie z.B. bei einer zu starken Hornhautkrümmung (Keratokonus) oder Veränderungen der Linse (z.B. grauer Star). Dann spricht man von einer Brechungsmyopie. Unabhängig von der Ursache kommt es jedenfalls dazu, dass der Brennpunkt (Ort, an dem aus parallel einfallenden Strahlen ein scharfes Bild entsteht) nicht wie normal auf, sondern vor der Netzhaut liegt. Folge: Auf der Netzhaut und damit auch im Gehirn entsteht ein unscharfes Bild.
Gemessen wird die Brechkraft (Stärke, mit der Lichtstrahlen beim Eintritt in das Auge gebündelt werden) des Auges in Dioptrien (dpt). Sie liegt beim normalsichtigen Auge bei 65 Dioptrien. Bei Fehlsichtigkeiten ergeben sich davon abweichende Werte. Eine Faustregel besagt, dass eine Verlängerung des Augapfels um einen Millimeter die Refraktion (Brechkraft) des Auges um drei Dioptrien verändert. Die Stärke dieser Abweichung wird bei der Kurzsichtigkeit mit einem Minus (z.B. -2,5 dpt) angegeben. -2,5 dpt heißt, Gegenstände in 40 cm (Berechnung: 1/2,5 dpt = 0,4 m) werden noch scharf gesehen, nähere bei jungen Menschen durch Akkommodation (Anpassung durch Linsenkrümmung) auch, weiter entfernte aber undeutlich.
Form bestimmt Prognose
Zu unterscheiden sind die:
- einfache Myopie (Myopia simplex, benigne Myopie, Schulmyopie): Sie beginnt im Schulalter (10 – 12 Jahre) und nimmt in der Regel ab dem Alter von 25 Jahren nicht mehr weiter zu. Manchmal aber schreitet sie bis zum 30. Lebensjahr fort und erreicht dann oft einen Wert von -6 bis -8 Dioptrien.
- maligne Myopie (Myopia magna, Myopia progressiva): Sie führt zu einer fortschreitenden Dehnung des Augapfels mit zunehmender Ausdünnung der Netz- und Aderhaut. Einblutungen mit nachfolgender pigmentierter Narbe (“Fuchs-Fleck“) im Bereich der Macula lutea (gelber Fleck, Stelle des schärfsten Sehens) können folgen. Die Sehkraft nimmt stark (-8 Dioptrien und mehr) ab. Es droht eine Netzhautablösung (Ablatio retinae) bis hin zur Erblindung.
Wie diagnostiziert der Augenarzt eine Kurzsichtigkeit?
Eine Myopie erkennt der Augenarzt, indem er die Brechkraft des Auges misst, um die notwendigen Werte für die Brille oder Kontaktlinsen zu ermitteln. Bei der objektiven Refraktionsbestimmung schaut der Patient auf ein Bild in einem Refraktometer (Gerät mit vorschaltbaren Linsen), das er so einstellt, bis es ihm scharf vorkommt. Die Werte, bei denen ihm das Bild scharf erscheint, dienen als Basis für die subjektive Refraktionsbestimmung: Der Augenarzt prüft anhand von Sehprobentafeln zunächst ohne (Visus sine correctione; sc), dann zum Abgleich mit vorgesetzten Gläsern unterschiedlicher Dioptrien den Fernvisus (Sehkraft) bis die optimale Sehschärfe (Sehkraft mit Brille bzw. Kontaktlinse; Visus cum correctione; cc) erreicht ist.
Bei Kleinkindern erfolgt die Refraktionsprüfung mit der Skiaskopie (Schattenprobe): Der lichtdurchlässige Spiegel des Gerätes beleuchtet die Pupille. Durch Bewegungen des Lichtstriches wird die Schattenwanderung in der Pupille beobachtet.
Kurzsichtigkeit beheben
Es gibt drei Möglichkeiten, das Sehvermögen zu verbessern: Brillen, Kontaktlinsen und chirurgische Eingriffe. Brillen und Kontaktlinsen für Kurzsichtige bestehen aus Zerstreuungslinsen (Konkavlinsen), die Lichtstrahlen von weit entfernten Gegenständen auf der Netzhaut vereinigen. Augenoperationen zur Beseitigung einer Myopie nehmen vor allem Menschen in Anspruch, die keine Brillen und Kontaktlinse tragen möchten oder können.
Hier die gängigsten Methoden:
• LASIK (Laser-Assistierte In Situ Keratomileusis): Bei dieser häufigsten Operation zur Myopiekorrektur löst der Arzt mit einem computergesteuerten feinen Schneidewerkzeug eine hauchdünne Lamelle der Hornhaut (Flap) ab, klappt sie wie einen Deckel um und trägt dann die Hornhaut darunter mit Laser ab. Zuletzt wird der Flap wieder zurückgeklappt.
• PRK (Photorefaktive Keratektomie): Dabei wird das Hornhautepithel (oberste Schicht der Hornhaut) entfernt. Dann folgt die Laserbehandlung. Das Epithel heilt – geschützt durch eine Kontaktlinse – von selbst in zwei bis drei Tagen wieder zu.
• LASEK (Laser Epitheliale Keratomileusis) ähnelt der PRK-Methode, wobei aber das Epithel als Ganzes weg- und nach der Laserbehandlung wieder zurückgeschoben wird.
• ICL (Intraokulare Contakt-Linse): Sie kommt bei höhergradiger Kurzsichtigkeit und ungenügender Hornhautdicke zum Einsatz. Dabei wird eine künstliche Linse in die Augenhinterkammer (hinter der Regenbogenhaut, vor der eigenen Linse) eingepflanzt.
Fast alle Verfahren erfordern eine ausreichende Hornhautdicke (mindestens ein halber Millimeter) und eine in den der Operation vorangegangenen Monaten im Wesentlichen gleich gebliebene Sehstärke. Nicht jedes eignet sich für jeden Kurzsichtigen. Alle bergen auch Operationsrisiken in sich wie z.B. Infektionen, eine Über- oder Unterkorrektur der Sehschwäche (Weitsichtigkeit oder verbleibende geringere Kurzsichtigkeit nach dem Eingriff) oder eine erhöhte Blendempfindlichkeit.
Frühe Behandlung rettet Augenlicht
Kindliche Kurzsichtigkeit sollte möglichst früh erkannt und behandelt werden, da sie sonst fortschreitet und zu Komplikationen (Netzhautschäden, Schulprobleme etc.) führen kann, denn Myopie ist immer mit einem erhöhten Risiko für eine Netzhautablösung verbunden. Wichtig sind regelmäßige augenärztliche Kontrollen, um die bestmögliche Therapie zu gewährleisten.
In den meisten Fällen wird die Myopie durch eine individuell angepasste Brille korrigiert. Ab einem Alter von zehn Jahren sind vor allem für sportlich aktive Kinder Kontaktlinsen eine Alternative. Besteht eine hochgradige Kurzsichtigkeit, kann eine LASIK ratsam sein.
Datum: 16. Juli 2013
Kategorien: Augen, Kindergesundheit